Kapitel 28

29 4 15
                                    

Jisung

Felix und ich saßen auf dem Boden des Trainingsraumes. Changbin war losgegangen, um uns Essen zu holen. Wir hatten ihm angeboten mitzugehen, doch aus irgendeinem Grund hatte er darauf bestanden, dass Felix heute nicht so viel herumlief, worauf dieser nur mit rollenden Augen reagiert hatte.

„Auf jeden Fall sollte das Wasser eigentlich viel flacher an dieser Stelle sein, aber es hat so viel geregnet vorher, dass der Wasserspiegel angestiegen ist. Ein Erwachsener hätte an der Stelle problemlos stehen können, aber ich war halt noch ein Kind, weißt du? Mir stand das Wasser bis zum Kinn"
Felix lauschte meiner Erzählung mit leicht nach oben gekräuselten Lippen.
„Und was ist dann passiert?"

„Die Strömung war so stark und nicht weit entfernt gab es einen Wasserfall..." Felix' Lächeln erfror und wich einem geschockten Gesichtsausdruck. „Bitte sag mir nicht,..."
„Lass mich zu Ende erzählen, ich bin noch gar nicht beim Krokodil angekommen"
Felix' Mund klappte auf und er sah mich entsetzt an. „Wasserfall? Krokodil?! Bitte sag mir, dass du dir das alles nur ausgedacht hast, um mich zu verarschen..."

„Schön wärs...", nuschelte ich und spielte mit dem Saum meines Pullis herum.
„Wieso gerätst du immer in solche Situationen, Han? Ganz im Ernst? Es hätte mich eher gewundert, wenn kein Krokodil aufgetaucht wäre!"
Felix' Aussage war so wahr, dass ich in schallendes Gelächter über die Absurdität meines Lebens ausbrach. Ich schlug die Hände vors Gesicht und vergrub den Kopf in seiner Schulter. Mein ganzer Körper zitterte vor Lachen und auch Felix konnte sich nicht mehr zurückhalten. Wann immer wir uns zu beruhigen versuchten, fing wieder einer von uns das Kichern an und wir mussten wieder lauthals lachen.

Irgendwann lagen wir beide ausgestreckt am Boden und hielten uns die schmerzenden Bäuche, während ich mir Tränen aus den Augenwinkeln wischte.
„Wurdest du eigentlich gerettet?", fragte Felix irgendwann.
Ich hob den Kopf und sah ihn eindringlich an. „Ähm, ganz offensichtlich oder? Sonst wäre ich ja nicht da"

Das führte wieder dazu, dass Felix losprustete. „Bitte aufhören, ich kann nicht mehr!", flehte ich ihn an und begann meine Handflächen aneinander zu reiben. „Bitte Felix, ich halte das nicht mehr aus"
„Hättest du das Krokodil auch angefleht, dich nicht zu fressen?" Allein die Vorstellung war so absurd, dass ich wieder anfing zu lachen und es sofort bereute, weil mein Zwerchfell schon so schmerzte.

Da öffnete sich die Tür zum Studio und ich drehte mich in die Richtung, um Changbin zu begrüßen.
„Jetzt hast du die spannende Geschichte verpasst, wie ich beinahe von einem Krokodil gefressen wur..."
Doch es stand nicht Changbin in der Tür, sondern Lee Minho.

Ich fühlte mich, als hätte mir jemand einen Eimer Eiswasser über den Kopf gekippt. Mir verging augenblicklich das Lachen.
„Oh Hyung, ich dachte heute ist kein Training", beeilte sich Felix, Minhos Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Doch dieser wandte den Blick nicht von mir ab.

Minho und ich starrten uns an. Keiner war in der Lage den Blick abzuwenden. Ich war mir nicht sicher, was ich in seinem Gesicht lesen konnte, doch in meinem mussten Schmerz und Kränkung zu sehen sein. Und noch etwas anderes. Es war noch ganz klein, doch ich spürte, wie das Gefühl in meinem Magen heranwuchs und sich langsam, aber sicher einen Weg in mein Herz bahnte. Wut.

Ich war wütend auf Minho. Auf seine Abweisung. Auf sein Verhalten. Er hatte mich gedemütigt und verletzt. Ich wollte mich rächen. Er sollte genauso leiden wie ich. Also rutschte ich näher an Felix heran und legte die Arme von hinten um ihn, während ich meinen Kopf auf seinen Schulter legte.

„Han, was...?", zischte Felix, so dass ich es nur hören konnte. Ich wusste sofort, dass es falsch war, zu versuchen Minho mit Felix eifersüchtig zu machen. Zum einen, weil ich außer Freundschaft nichts für Felix empfand, und zum anderen, weil er gerade sehr glücklich mit Changbin war. Und trotzdem hoffte ich, dass der Anblick Minho zumindest ein Bruchteil des Schmerzes empfinden ließ, den er mir zugefügt hatte.

„Hier ist also schon besetzt", stieß Minho hervor und verließ dann so plötzlich den Raum, wie er ihn betreten hatte.
„Warum hast du das gemacht?", fragte Felix, als er sich aus meiner Umarmung wand.
„Ich weiß auch nicht...", versuchte ich abzulenken.

„Ich glaube das hat Lee Know ganz schön verletzt..."
„Das will ich doch hoffen...", raunte ich und band mir die Schuhe neu.
„Han... ich weiß, dass das zwischen euch unschön auseinander gegangen ist, aber das war wirklich unreif von dir. Solange du noch solche negativen Gefühle für ihn hegst, kannst du nicht über ihn hinwegkommen."

Ich starrte Felix an. „Wann hast du einen Doktor in Psychologie gemacht?" Ein schwaches Lächeln huschte über sein Gesicht. „Du lenkst schon wieder ab. Du bist anscheinend auch noch nicht bereit für dieses Gespräch"

„Minho hat mich sehr verletzt und du verlangst, dass ich so tue als wäre nichts gewesen? Dass ich ihn freundlich anlächle und frage wie sein Tag war? Das kannst du vergessen!"
„Han", begann Felix und strich mir beruhigend über den Rücken. „So habe ich das doch gar nicht gemeint. Ich wollte damit sagen, dass Minho mehr Raum in deinen Gedanken und mehr Energie von dir erhält, als ihm zusteht. Du solltest herausfinden, was du tun kannst, um dich von ihm zu lösen und Rache ist auf keinen Fall der richtige Weg. Es wird dir nicht besser gehen, wenn du dich an ihm „gerächt" hast"

Ich wusste nicht wie Felix, der einen ganzen Tag jünger war als ich, so viel reifer und weiser sein konnte.

„Sorry, dass es so lange gedauert hat, aber die haben meine Hähnchenspieße irgendwie vergessen und mussten die erst noch zubereiten als ich schon da war... hey, alles ok bei euch?"
Als Changbin zurückgekommen war, hatte er uns in einer Umarmung vorgefunden. Ich löste mich von Felix und drückte seine Hände. Ich kannte ihn zwar noch nicht lange, aber er hatte mir schon in zahlreichen Situationen zur Seite gestanden und mir geholfen. Ich war wirklich dankbar dafür, dass Changbin so einen netten Typen wie ihn kennengelernt hatte. Ich nickte Changbin zu. „Jetzt zwar noch nicht, aber bestimmt irgendwann..."

————————————————————

Ahhh, was habe ich Minsung nur angetan? Ich leide mit den beiden. Das mit den beiden muss sich wirklich schnell klären.

Heute mal ein kurzes Kapitel aus Jisungs Sicht, das nächste wird wieder aus Changbins Perspektive sein.

Ich bin gerade viel am Prokrastinieren, von daher habe ich jetzt reichlich Zeit zum schreiben und ich hoffe, dass ich in Zukunft alle paar Tage etwas hochladen kann, sofern mich die Muse nicht verlässt und ich keine Schreibblockade bekomme 🙈

Ich freue mich wie immer auf die Kommentare und was du so von dem Kapitel gehalten hast.

Kannst du eigentlich an meinem Schreibstil meinen Bias herausfinden? Würde mich voll interessieren 🤔

Liebe Grüße und bis demnächst 🫰🏻

StreetlightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt