Kapitel 4

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Changbin

„Entschuldigung, Noona, hast du einen Freund?"
Chan kriegte sich kaum ein vor Lachen. Ich schmunzelte. Die beiden waren solche Idioten. Keiner von denen hatte je eine Freundin gehabt und trotzdem wollten sie gerade einen Track darüber schreiben, wie sie ein Mädchen anbaggern würden.

„Der Refrain sollte lauten „Wow, she is sexy"", rief Jisung aufgeregt.
„Ich weiß ja nicht...", warf ich ein. Irgendwie war ich nicht so angetan von der Vorstellung einen Song über eine imaginäre Frau zu schreiben, die ich abschleppen wollte.

Ich verstand auch gar nicht, warum die anderen beiden unbedingt einen Song über dieses Thema schreiben wollten. Bang Chan datete niemanden, weil er ein unverbesserlicher Workaholic war und Jisung... das war vermutlich ein anderes Thema.

Ich hatte das Gefühl, dass er in letzter Zeit ein Auge auf einen anderen Trainee geworfen hatte, doch er hatte nie etwas dazu gesagt und ich wollte ihn nicht drängen. Tja und ich? Ich fühlte mich einfach nicht wohl dabei. Beim Brainstormen für die Lyrics hatten die beiden anderen Wörter wie „Kurven", „langes Haar" und „gut aussehend" eingeworfen, doch ich wusste nicht, wie man auf eine schöne Frau reagierte. Ich hatte mich noch nie nach jemandem umgedreht oder das Verlangen gehabt nach einer Handynummer zu fragen.

„Wie wäre es mit „Wow, she is hot"?", schlug ich vor.
Chan nickte sofort begeistert.
„Das ist viel besser, lass es uns so machen. Han?"
„Ja finde ich auch"

So lief das noch eine Weile und ich merkte wie ich immer müder wurde, während die anderen beiden immer aufgedrehter wurden und sich gegenseitig hochpeitschten.

„Yooh, ich glaube ich geh mir einen Kaffee holen, wollt ihr auch einen?"
Die beiden reagierten nicht, also verließ ich den Raum und ging zur Kantine. Hier im Gebäude verkauften sie ganz passablen Kaffee und der Iced Americano war wirklich nicht schlecht.

Auf dem Weg zur Kantine dachte ich über unser derzeitiges Projekt nach. Wir drei versuchten die Wünsche der anderen zu respektieren und auch bei Themen, die uns selbst nicht so am
Herzen lagen, trotzdem 100% zu geben, doch mich catchte der Song bisher noch gar nicht.

Ich mochte den Beat und auch Rap-technisch war ich bisher sehr zu frieden mit unseren Ideen, doch die Lyrics waren überhaupt nicht meins.
Viele Menschen sahen mich an und dachten, dass solche Texte am ehesten von mir kommen mussten. Ich wirkte nach außen durch und durch maskulin, sodass es teilweise manchmal toxisch rüberkommen musste, doch in meinem
Inneren sah es ganz anders aus.

Ich machte mir über viele Dinge Gedanken und verarbeitete sie in meinen Texten. Schöne Wörter für schlimme Themen zu finden, war eine Art der Therapie für mich. Zusätzlich zu meiner normalen Therapie.

An der Kantine angekommen, stellte mich in die Schlange, um einen Kaffee zu bestellen.
„Seo Changbin?", fragte auf einmal eine Stimme, die ich überall wieder erkennen würde. Sie war so tief und dunkel, dass sie dem Teufel gehören musste, doch als ich mich umdrehte, blickte ich in das Gesicht eines Engels.

Ich sagte nichts. Ich sah ihn bloß an. Diesen wunderschönen Mann, der lächelnd auf mich herab sah.
„Holst du dir einen Kaffee?", fragte Felix und sein Lächeln wurde unsicher.
Ich nickte bloß. Ich wusste nicht, was ich mit ihm reden sollte.
„Iced Americano...", fügte ich nach ein paar Sekunden hinzu und Felix nickte, während sein Lächeln immer weiter abnahm. Er bereute sicher gerade, dass er mich angesprochen hatte.
„Cola", meinte er und deutete auf das Schild über dem Verkaufstisch. „Ich trinke keinen Kaffee"

„Ich lade dich ein", entfuhr es mir, bevor ich es stoppen konnte.
Felix Augen wurden groß.
„Nein, das geht nicht"
„Doch, ich bestehe darauf. Sieh es als Entschuldigung für das Umrennen vor ein paar Tagen. Ich hoffe du hast dich dabei nicht verletzt"
Felix lächelte mich an und in seinen Augen begann es zu funkeln.
„Nein, ich habe mich nicht verletzt. Es ist alles gut, nichts passiert"

Ich bestellte mir den Iced Americano und eine Dose Cola für Felix und wir warteten darauf, dass der Barista unsere Bestellung fertig machte.
„Trainierst du gerade?", unterbrach Felix die unangenehme Stille, die sich wieder zwischen uns ausbreitete.
„Nein, wir schreiben gerade einen Song"
„Wir... 3Racha?", hakte er nach.
Ich nickte nur.
„Wieso heißt ihr eigentlich 3Racha?"
„Weil wir drei heiße Typen sind"
Ich biss mir auf die Zunge. Das ist wirklich der Nachteil davon ein Rapper zu sein. Manchmal war der Mund schneller als das Gehirn.

Felix lachte laut auf. Sein Lachen war genauso tief und melodisch wie seine Stimme und sie jagte Schauer über meinen Rücken. Einer meiner Mundwinkel zuckte nach oben. Irgendwie war es schön, wenn Felix lachte. Es führte dazu, dass sich ein warmes Gefühl in meinen Adern ausbreitete.

„Iced Americano und Cola?"
Felix lächelte mich noch einmal kurz an, dann griff er nach den beiden Getränken.
„Danke, für das Getränk. Ich werde dich mal zum Essen einladen"
Ich nickte nur.
„Ich muss dann jetzt wieder hoch...", antwortete ich widerwillig.
„Um Songs zu schreiben? Das muss so cool sein. Ich würde euch so gerne mal live in action sehen..."
Mein Mund hatte sich mal wieder selbstständig gemacht, als ich mich sagen hörte: „Willst du mitkommen?"

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Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich auch jede freie Minute mit Felix verbringen. Binnie, du Glückspilz. 🙈

Ich hoffe dir gefällt das vierte Kapitel zu Streetlight.

Kleiner Spoiler vorab: Im nächsten Kapitel wird es aussie, aussie, aussie

Stay tuned...

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