Chapter 86.

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Jungkook

"Wovon redest du, Vampir" Meine Worte klangen fast schon wie ein Befehl und kaum mehr wie eine Frage. Das schien den Vampir nur wenig zu beeindrucken, denn dieser setzte sich bloß zufrieden, indem er sich einen Stuhl holte, der in diesem Raum herum stand, ihn mit der Lehne in meine Richtung drehte und es sich dann darauf bequem machte. So konnte er seine Arme auf der Lehne des Stuhls stützen und mich dennoch weiterhin ansehen.

Während ich an dem Rand des großen Bettes saß und gespannt auf eine Antwort wartete. Eine Erklärung seiner sehr offenen Worte, in die man alles mögliche hinein interpretieren konnte. Zudem wollte ich schnell zu einem weiteren Punkt kommen. Denn es muss einen Grund geben wieso ich hier war, wenn er nicht vorhatte, mich zu verletzen. Und Taehyung damit in irgendeiner Art und Weise erpresste.

Außerdem wunderte es mich auch, weshalb er mir förmlich das Gefühl gab, dass er mir traute. Die Tür, welche zuvor abgeschlossen blieb, stand nun weit offen. So könnte ich innerhalb von Sekunden aus dieser verschwinden, noch bevor Seokjin etwas davon ahnte.

"Mein Bruder... Ist wie du weißt schon sehr lange ein Vampir. Er gehört zu den ersten paar Untoten, die es auf dieser Welt gab. Irgendwann wird das Leben eintönig. Also findet man Dinge, um dies zu ändern." Verständlicherweise. Mir fielen viele Dinge ein, die man mit einem unsterblichen Leben anfangen könnte. Damit angefangen, jeden kleinsten Fleck der Welt zu bereisen, an den schönsten Orten so lange zu bleiben, wie einem gefiel und dessen Schönheit vollkommen in sich aufsaugte. Bis man das Bedürfnis bekam, sich weiter umzusehen. Und danach, wenn nicht sogar dabei, könnte man das ein oder andere Opfer hinterlassen. Als Vampir fiel es einem so leicht, dass man keine Spuren hinterließ.

Tja und irgendwann gewann man sicher ein paar Rivalen, mit denen es leicht wäre, sich die Zeit weiter zu vertreiben. Trainierte, immer besser und schlauer wurde, bis kein Mensch und nicht einmal ein Vampir einen mehr austricksen und töten konnte.

Wie ich das Leben eines Urvampir beendete, blieb mir weiterhin unklar. Was natürlich auch Sinn ergab. Wieso sollten diese beiden Urvampire irgendjemandem davon erzählen und so viel Macht geben.

Ein Gedanke, über den ich mir ein anderes Mal den Kopf zerbrechen könnte. Gerade interessierten mich die Worte des Mannes vor mir viel eher.

"Einige fangen an Serienmörder zu werden, oder sich eine kleine, eigene Armee zu schaffen, damit man sich mit anderen, stärkeren Vampiren bekämpfen kann. Und wiederum andere suchen sich nette, menschliche Spielzeuge, die sie eine Weile an ihrer Seite behalten. Bis sie es leid sind." Genau mein Gedankengang. Vielleicht schmunzelte Seokjin deswegen nach seinen Worten so breit. Die ganze Zeit behielt er ein überlegenes Grinsen auf diesem einladenden Lippenpaar, doch das Schmunzeln gerade war etwas anders.

Weswegen ich dieses einfach erwiderte und versuchte, den Vampir zu durchschauen. Dinge zu finden, die mir Macht über ihn gaben, obwohl er sicher alles tat, mich weiter im Dunklen zu behalten. Seine Macken erinnerten einen an die von seinem Bruder. Die beiden schienen sich also ähnlicher zu sein, als erwartet. Sicher auch ähnlicher, als ihnen beiden passte.

"Hört sich so an, als wären dies Dinge, die du gerne tust" lachte ich, der Vampir erwiderte, indem er das Gleiche tat.

"Womöglich. Aber kannst du es mir verübeln, wenn es auf dieser Welt so hübsche Kreaturen wie dich gibt?" Keineswegs. Sähen meine Vorlieben anders aus, dann hätten Taehyung und ich noch weitere Ähnlichkeiten. Denn wenn ich könnte, würde ich mich selbst ficken. Also, wenn ich nicht ich selbst wäre.

"In dem Part sind Taehyung und ich uns wohl einig. Wir wollen eine Herausforderung. Nicht nur einen netten Jungen mit nichts im Kopf. Und du warst die perfekte Herausforderung für ihn." Versuchte er mich zu überzeugen, doch ich seufzte unbeeindruckt. Wahrscheinlich stellte dies hier sein Plan dar. Mir irgendwelche Märchen zu erzählen, in der Hoffnung ich glaubte sie. Als ob ich darauf reinfiel und die Drecksarbeit für ihn erledigte, indem ich an seinem Spielchen teilnahm. Wenn er seinem Bruder etwas antun wollte, sollte er das selbst tun.

"Du hast keine Ahnung von unserer Beziehung. Und ich werde dir sicher auch nichts davon erzählen, wenn du das glaubst." Anscheinend erwartete der Vampir meine Antwort, denn er nickte nur. Gab jedoch auch nicht auf.

Obwohl er in meinen Gedanken sicher erkennen konnte, wie wenig ich ihm glaubte. Wieso auch. Ich hatte kaum einen Grund dazu. Seine Absichten waren zu klar. Er besaß Hass auf seinen eigenen Bruder und suchte Rache. Und wie könnte er besser Rache nehmen, als mich zu benutzen.

"Oh das musst du auch nicht, denn ich weiß mehr als du denkst. Ich weiß von Taehyungs Verlangen nach dir. Wie kann man dich nicht wollen. Einen so wunderschönen Jungen, ein kleiner, schlauer Serienmörder, der es sogar geschafft hat, einen Urvampir umzulegen. Wenn auch nur für eine Weile"

Ich rollte mit den Augen.

"Wenn ich anscheinend so schlau bin, solltest du mich nicht unterschätzen."
Das tat sein Bruder schon. Anfangs. Und zahlte dafür offensichtlich den Preis, sodass er nicht einmal mehr daran dachte, mich ein weiteres Mal zu unterschätzen.

"Das tue ich nicht. Mir gefallen deine Fähigkeiten. Du... Gefällst mir." fing er an, schien jedoch noch nicht ganz fertig mit seinen Absichten zu sein. "Und deswegen will ich dir eine Chance geben, Rache zu nehmen."

Nett. Dafür kam er aber etwas spät, denn ich besaß kein Verlangen mehr danach, Taehyung zu töten. Naja, zumindest nur auf gewisse Weise. Mir gefiel sein schmerzerfülltes Gesicht, wenn ich ihn ein wenig quälte und gerne würde ich sein geschockten Ausdruck erneut sehen, wie damals, als ich ihn nach unserem ersten Mal tötete.

Den Urvampir entgültig tot zu sehen, stand nicht mehr auf meiner To-Do Liste.

"Ich will Taehyung nicht mehr töten. Wenn du willst, dass jemand die drecksarbeit für dich erledigt, solltest du dir offensichtlich jemand anderen suchen" seufzte ich und wollte gerade den Raum verlassen und hier raus spazieren. Seokjin jedoch hielt mich einen kurzen Moment zurück, packte nach meinem Handgelenk und drehte meinen Körper in seine Richtung.

Somit konnte ich tief in ein dunkles Augenpaar sehen, welches kein Gefühl ans Licht brachte. Er versteckte alles. Genau so wie sein Bruder.

"Das wirst du wollen, ihn töten, wenn du erst einmal weißt, wieso er dich garnicht liebt, Jungkook. Ich habe keinen Grund, dich anzulügen. Wenn ich meinen Bruder tot sehen will, kann ich das alleine in ein paar Sekunden. Jedoch will ich dir eine Chance für Rache geben. Denn deine Fähigkeiten gefallen mir. Du gefällst mir" hauchte er und klang dabei unglaublich dunkel und eindringlich.

Der Mann gab mir eigentlich keinen Grund ihm zu misstrauen. Ich konnte nicht leugnen, selbst ein wenig skeptisch zu sein, was Taehyungs wirkliche Absichten mit mir anging. Wieso sollte er mich lieben, auf eine Art, die er so noch nie empfunden hatte. Für einen Menschen, den er anfangs abgrundtief hasste und seine Machtspielchen an diesem ausübte. Nichts lieber wollte, als Besitz über diesen und seinen Körper klar zu machen.

Egal was ich empfand, bei dem anderen Urvampir besaß ich meine gerechten Zweifel.

Vielleicht war ich deswegen so beeinflussbar für den Vampir vor mir. Vielleicht schaffte er es deswegen, dass ich ihm viel zu schnell vertraute. Weil er einen Hass in mir schürte, der Taehyung galt. Dem, was er mich empfinden ließ und ich kaum glauben konnte, dass er dies erwiderte.

Zudem bemerkte ich eine weitere List des Mannes vor mir nicht, die dafür sorgte, dass ich seinen Worten folgte und nicht einfach hier hinaus stürmte.

Er manipulierte mich.

"Also setze dich und höre mir zu. Ob du es am Ende glaubst oder nicht, ist vollkommen dir überlassen. Aber glaube mir wenn ich dir sage... Dass ich meinen Bruder viel zu gut kenne"

~

Böser böser Urvampir

Bloodred Lips // 𝑇𝑎𝑒𝑘𝑜𝑜𝑘 ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt