Leons Sicht...
Am nächsten Morgen wache ich völlig erschlagen auf, denn tatsächlich habe ich nicht wirklich viel geschlafen. Ich habe die ganze Nacht nachgedacht. Warum habe ich Monica gesagt, dass ich auf Luca aufpassen würde? Ehrlich gesagt weiß ich es nicht wirklich. Seien wir mal ehrlich, ich muss ihn natürlich nicht beschützen. Schließlich kann ich ihn nicht vor mir selbst beschützen.
Die anderen Schüler meiden oder lachen über ihn. Nur meine Jungs und ich sind regelmäßig auf ihn losgegangen. Die Anderen haben immer nur zugeschaut. Also hat er von denen gar nichts zu befürchten. Okay, da ist zwar noch Markus, die Flachzange. Er geht ebenfalls in unsere Klasse und er ist auch schon mal auf Luca losgegangen, aber nicht so krass wie ich. Ich mag Markus nicht, denn er ist ein aufgeblasener Spinner. Er hält sich insgeheim für den King der Schule, was er natürlich nicht ist, denn ich bin der King der Schule. Das ist jedem Bekannt.
Auf jeden Fall denke ich nicht, dass Markus für Luca eine große Bedrohung ist. Und ich? Was ist mit mir? Da sind wir wieder beim Thema nachdenken. Denn ich denke in den letzten Tagen extrem viel nach. Seit Monica uns alles über die tragische Familiengeschichte erzählt hat, bin ich im Zwiespalt. Ich hasse ihn immer noch, aber will ich ihm weiter das Leben zur Hölle machen? Er ist eigentlich nur noch ein Häufchen Elend in meiner Gegenwart und ich weiß, dass er panische Angst vor mir hat. Reicht es so langsam?
Irgendwie gibt mir der Gedanke, ihm wehzutun nichts mehr. Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, dass ich aufhöre. Selbst ich erkenne mittlerweile, dass er eindeutig genug durchmachen musste.
Es ist beschlossen! Ab sofort lasse ich ihn in Ruhe! Und da er am Montag wieder in die Schule kommt, habe ich beschlossen heute ein paar Dinge für ihn zu klären.
...
„Guten Morgen Bro, du siehst ziemlich müde aus. Ist alles okay bei dir?" „Ja alles gut, habe nur nicht so gut geschlafen." Ich achte gar nicht mehr weiter auf Tim, sondern beschließe jetzt mein Vorhaben in die Tat umzusetzen. In ein paar Minuten beginnt die erste Stunde. Die Klasse ist bereits vollzählig, aber der Lehrer ist noch nicht da. Das ist meine Gelegenheit.
„Leute, hört mir bitte kurz zu. Ich habe die Information bekommen, dass Luca Montag wieder in die Schule kommt." „Luca? Er hat überlebt?" „Ja hat er Sabrina. Und Montag kommt er halt wieder. Ich möchte euch nur kurz mitteilen, dass ich niemanden mehr verurteile, oder angreife, der sich mit ihm beschäftigen, oder anfreunden möchte. Wir alle wissen, was ihm passiert ist und das ist echt schrecklich. Ich denke, dass er es gebrauchen könnte, wenn er hier endlich mal etwas Anschluss findet. Bitte gebt diese Info an so viele Schüler wie möglich weiter, damit Luca am Montag einen entspannten Start hat."
Der Schülerfunk hier an der Schule funktionierte immer schon sehr gut und daher denke ich, dass am Ende des Tages die ganze Schule bescheid weiß.
Nach meinen Worten geht das wilde Getuschel los, was ich aber auch erwartet habe. Ich schätze mal, dass niemand mit solchen Worten von mir gerechnet hat. Vor ein paar Monaten hätte ich selbst nicht erwartet, dass ich sowas mal sagen würde. Aber Dinge ändern sich halt.
Als mein Blick zu Tim und Marc geht, kann ich in ihren Gesichtern auch starke Verwunderung erkennen und ich bin mir sicher, dass das gleich in der Pause noch für Gesprächsbedarf sorgen wird.
...
„Leon, erklärst du uns mal bitte den Grund für deine Ansprache von vorhin?" Wie ich gesagt habe, haben Tim und Marc nur bis zur Pause gewartet, um mich auf meine Worte anzusprechen.
„Was soll ich denn da groß erklären?" „Vielleicht einfach mal, woher dein Sinneswandel kommt?" „Man Jungs ich weiß nicht, aber ich denke einfach, dass es reicht. Jetzt wo ich mit Luca zusammen wohne, und viel mitbekomme, bin ich ins Grübeln gekommen. Er hat immer noch mit den Folgen meiner Prügelattacke zu kämpfen. Seine Gesundheit ist noch immer nicht ganz wieder hergestellt. Seine Mama leidet auch sehr unter der ganzen Situation. Und, ich kann es euch nicht genau sagen, weil es mir eindeutig nicht zusteht. Aber es gibt ein paar Dinge, die ich über ihn erfahren habe, welche echt heftig sind. Und ich denke einfach, dass er genug hat."
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Living with my Enemy....!
JugendliteraturLuca führt jeden Tag einen Kampf. Ort des Geschehens ist seine Schule. Dort hat er es alles andere als leicht, denn er hat nicht nur keine Freunde dort, sondern sein Mitschüler Leon und dessen Freunde machen ihm jeden Tag das Leben zur Hölle. Nachd...