Kapitel 103) Jetzt...?

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Leons Sicht...

Bei Lucas Abschlussworten hatte ich Gänsehaut und Tränen in den Augen. Ich glaube zwar nicht, dass es etwas bringt, aber es bedeutet mir sehr viel, dass er es versucht hat. Hoffentlich bekomme ich gleich noch die Chance, ihm das auch zu sagen.

Nach seiner Aussage haben der Staatsanwalt und mein Anwalt noch ihr Schluss Plädoyer gehalten. Mein Anwalt hat natürlich auch versucht die Dinge für mich in eine gute Richtung zu lenken. Und selbst der Staatsanwalt war nicht mehr ganz so hart. Ihn haben Lucas Worte auch berührt, aber trotzdem ist er ganz klar dafür, dass ich bestraft werden muss.

Gerade erheben wir uns alle, da der Richter wieder in den Saal kommt.

„Sehr geehrte Damen und Herren, im Fall von Leon Walter sind wir zu einem Urteil gekommen. Der Angeklagte Leon Walter ist schuldig der schweren Körperverletzung mit Tötungsabsicht. Er wird daher zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Diese Strafe wird allerdings zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem wird der Angeklagte eine gemeinnützige Arbeit in einer Jugendeinrichtung absolvieren, wo sich ausschließlich Jugendliche befinden, die in ihrem Leben Opfer von Mobbing wurden. Diese Arbeit wird er für ein Jahr verrichten. Bitte setzen Sie sich."

Es dauert etwas, bis die Worte des Richters bei mir ankommen und ich verstehe sie noch nicht so ganz. Deshalb beuge ich mich zu meinem Anwalt. „Was bedeutet dieses Urteil jetzt?" „Das bedeutet, dass du nicht ins Gefängnis musst." Ich muss nicht ins Gefängnis? Aber wie? Es sah doch nicht gut aus. Mein Blick geht zu Luca, welcher mich glücklich anlächelt. Das bedeutet also, dass er es im Gegensatz zu mir direkt verstanden hat.

„Ich möchte das Urteil erklären. Was Leon getan hat, ist eine schwere Straftat und eigentlich müsste er dafür ins Gefängnis. Allerdings haben uns Lucas abschließende Worte dazu gebracht, dass wir nochmal genauer nachdenken. Und Luca hat Recht, das deutsche Rechtssystem ist immer darum bemüht, Jugendlichen eine Chance zu bieten, statt ihnen ihre Zukunft zu verbauen. Leons Tat war brutal, aber er hat nicht nur heute hier im Gericht große Reue gezeigt, sondern auch in der ganzen Zeit, die er seit der Tat mit Luca zusammenwohnt. Jemand, der so große Reue zeigt und für uns nicht weiter als Gefahr wahrgenommen wird, sollte die Gelegenheit bekommen, sein Leben in den Griff zu bekommen. Eine Haftstrafe würde ihm diesen Schritt nur unnötig erschweren. Leon, ich hoffe wirklich, dass du aus deinen Fehlern gelernt hast und du diese Chance nutzt. Die Verhandlung ist geschlossen."

Ich erhebe mich von meinem Platz und noch bevor ich überhaupt einen Schritt machen kann, werde ich schon von Luca stürmisch umarmt. „Du hast es geschafft. Leon, du musst nicht ins Gefängnis. Ich bin so froh."

„Nicht ich habe es geschafft, Luca. Das warst allein du. Du hast mich gerettet." „Meinst du das ernst?" Er wird rot und wendet direkt verlegen den Blick ab. „Natürlich, ohne deine abschließenden Worte würde ich jetzt ins Gefängnis gehen müssen. Nur dir habe ich es zu verdanken, dass ich nach Hause gehen kann. Danke Luca, ich danke dir so sehr."

Wären wir jetzt alleine, würde ich ihn sofort küssen, aber das spare ich mir für später auf. „Herzlichen Glückwunsch, Junge. Ich bin froh, dass es gut ausgegangen ist." „Ja ich auch. Lasst uns jetzt nach Hause gehen."

...

Am nächsten Tag abends...

Nach dem Urteil haben mich alle erleichtert beglückwünscht und alle zusammen sind wir nach Hause gefahren, um dort das Urteil zu feiern. Jetzt ist schon der Abend des nächsten Tages. Monica und Papa sind ausgegangen. Also sind Luca und ich allein. Wir sitzen in meinem Zimmer auf dem Bett und kuscheln.

„Ich bin so froh, dass sie dich nicht eingesperrt haben." „Ja, das bin ich auch. Aber ich weiß auch, dass ich es verdient hätte." Luca lag gerade noch mit seinem Kopf auf meinem Schoß, als ich die Worte sagte. Das nahm er zum Anlass, um sich zu erheben und mich streng anzuschauen. „Hör auf das zu sagen. Du hast eine zweite Chance verdient, das habe ich dir jetzt schon ein paar Mal gesagt. Also fang bitte endlich an mir zu glauben." „Schon gut, du hast ja Recht. Ich sag das nicht mehr."

Living with my Enemy....!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt