Love in the countryside

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Hyunjin POV.

Pünktlich um sieben Uhr klingelte mein Wecker und ich schaltete ihn grummelnd aus. Ich setzte mich auf und gähnte einmal kräftig. Vielleicht hätte ich gestern nicht so lange wachbleiben sollen. Das hatte ich jetzt davon. Langsam stand ich auf und ging ins Bad. Nach einer kurzen Dusche zog ich mich an und ging hinunter in die Küche. Dort saßen bereits die anderen Mitarbeiter wie Jihyo oder Seonghwa. Ich setzte mich zu ihnen und Jihyo schob mir eine Tasse Kaffee zu. "Du siehst aus, als könntest du es brauchen", sagte sie mit einem belustigten Lächeln. "Danke", nuschelte ich und nahm einen großen Schluck. Die bittere Flüssigkeit machte mich etwas munterer und nach dem Frühstück gingen wir hinaus auf den Hof. Die Sonne schien warm auf uns herab. Im Stall angekommen strömte uns der Geruch von Heu und Pferden entgegen. Jetzt verflog auch der letzte Rest der Müdigkeit. Hier war ich einfach zu gerne. Am Ende der Stallgasse entdeckte ich Jeongin. Seinen Eltern gehörte dieses alte Gestüt und ich arbeitete den Sommer über hier. Als er uns bemerkte begrüßte er uns und wir begannen die Pferde auf die Koppel zu bringen. So einen schönen Tag sollten sie nicht im Stall verbringen. Nur kurze Zeit später galoppierte die Herde über die Wiese. Während sie draußen waren misteten wir den Stall aus und füllten Wasser-und Futterbehälter wieder auf. Die Stunden verflogen regelrecht und nach dem Mittagessen machten Jeongin und ich ein paar Pferde für den Reitunterricht der Kinder fertig, die hier mit ihren Familien Urlaub machten. Unterrichten durfte ich nicht, aber Jeongin schon und ich liebte es zu sehen, wie er so lieb und fürsorglich mit den Kindern und den Pferden umging. Heute war er aber nicht dran. Als wir fertig waren brachten wir die Pferde zu Jeongins Mutter und seinem älteren Bruder auf den Reitplatz. "Sehen wir uns nachher?", fragte er und ich nickte. Ich mochte es gerne mit ihm Zeit zu verbringen. Eigentlich hatte ich in der Zeit, in welcher ich hier schon arbeitete, Gefühle für ihn entwickelt, welche über Freundschaft hinausreichten. Jeongin und ich waren auf derselben Wellenlänge und uns verband meiner Meinung nach weit mehr als die Liebe zu Pferden.

Da er nun seinem Vater, der Tierarzt war, bei der Untersuchung eines verletzten Pferdes helfen musste, ging ich auf die Koppel. Dort begrüßte ich Lady, eine trächtige Hannoveranerstute. Ihr Bauch war bereits kugelrund. Es konnte also nicht mehr lange dauern bis ihr Kleines zu uns stoßen würde. Sanft strich ich ihr über den Hals. Entspannt schnaubte sie und rieb ihren Kopf an meine Schulter. "Na meine Schöne? Freust du dich schon auf dein Fohlen?" Ein fröhliches Wiehern entkam ihr. Sie hatte eine sehr sanftmütige Natur und würde eine tolle Mutter werden. Und obwohl ich wusste, dass sie mir nicht antworten konnte, erzählte ich ihr oft von meinen Gefühlen für Jeongin. Irgendjemand, bei dem nicht die Gefahr bestand, dass er es aus Versehen weiterplapperte, musste es wissen. Da war Lady doch die perfekte Wahl.

Plötzlich stupste mich ein anderes Pferd an der Schulter an und als ich mich umdrehte erblickte ich Sturmwind, einen Mustang mit nachtschwarzem Fell. Ich ritt ihn, seit ich hier angefangen hatte und er war zwar ziemlich temperamentvoll und wild, aber ich kam wunderbar mit ihm zurecht. Auch er musste sich nicht selten meine Schwärmei für Jeongin anhören. Ich streichelte ihn und kletterte auf seinem Rücken. Es war zwar eigentlich ziemlich gefährlich einfach ohne Sattel, Trense und Helm auf ein Pferd zu steigen, aber ich vertraute Sturmwind. Er hatte mir nie einen Grund gegeben das nicht zu tun. "Bevor du kamst hätte er jeden abgeworfen, der versucht hätte ihn zu reiten." Mein Herz begann etwas schneller zu schlagen und ich drehte mich um. Jeongin lehnte am Gatter der Koppel und sah wie immer einfach umwerfend aus. Ich lenkte Sturmwind in seine Richtung, bis wir vor ihm standen. Lady folgte uns. "Hey das ist unfair. Ich muss so schon zu dir hochgucken, weil du größer bist als ich. Mach es doch nicht noch schwerer", jammerte er theatralisch. Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht und ich stieg von Sturmwinds Rücken. "Besser?", fragte ich und Jeongin nickte entschlossen. "Viel besser." Seine dunklen Augen musterten mich und erst jetzt wurde mir bewusst, wie nahe wir voreinander standen. Ich konnte seinen Atem schon spüren. Allerdings hätte ich nichts dagegen einzuwenden gehabt, wenn wir uns noch ein bisschen näher gekommen wären. "Ich wollte dich fragen, ob du vielleicht Lust hättest einen Ausritt zu machen." Oh Gott, wenn er wüsste, dass es gerade nichts auf der Welt gab, was ich lieber tun würde, würde er mich vermutlich für verrückt halten. "Ja natürlich." Irgendwie schaffte ich es sogar, dass meine Stimme fest und nicht piepsig klang. Ein strahlendes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. "Klasse. Das wird super." Schnell holten wir Halfter und Stricke, um Sturmwind und Scarlett, Jeongins Stute, in den Stall zu bringen. Dort putzten und sattelten wir sie. Kurze Zeit später stiegen wir auf und ritten los. Kaum, dass wir das Grundstück verlassen hatten, trieben wir unsere Pferde zum Galopp an. Sturmwinds Name kam nicht von ungefähr und er rannte mit einer unfassbaren Geschwindigkeit los. Da ich es jedoch gewöhnt war, konnte ich mich im Sattel halten und genoss den Moment. Scarlett hielt allerdings scheinbar mühelos Schritt und so lieferten wir uns ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Schon bald ritten wir in den Wald. Keiner von uns hielt viel davon auf den Wegen zu bleiben und so ritten wir querfeldein weiter. Plötzlich sah ich einen eingekeilten Baumstamm, doch ehe ich reagieren konnte, hatte Sturmwind schon zum Sprung angesetzt. Auf der anderen Seite landete er sicher und Scarlett und Jeongin folgten uns. In halsbrecherischem Tempo ging es weiter durchs Unterholz, bis ich Sturmwind irgendwann auf einer Lichtung durchparierte und zum Stehen brachte. Nur ein paar Sekunden später kam Scarlett neben Sturmwind zum Stehen. Jeongin und ich stiegen ab und ließen die beiden grasen. Während die Pferde beschäftigt waren setzten wir uns auf einen umgekippten, mit Moos bewachsenen Baumstamm. Dieser lag vor einem kleinen Teich, auf welchem weiße Seerosen wuchsen. Das Wasser war klar und die Sonne schien warm vom Himmel. Einige Libellen flogen durch die Luft. Tief atmete ich ein. Eigentlich wohnte ich in Seoul. In dieser lauten und geschäftigen Stadt hetzte man nur herum, aber seit ich auf dem Gestüt arbeitete hatte ich gesehen, was die Natur alles zu bieten hatte. Jeongin hatte mir alle möglichen schönen Orte gezeigt, allerdings mochte ich diesen hier am liebsten. "Weißt du Hyunjin, als ich dich das erste Mal gesehen habe, habe ich dich überhaupt nicht so eingeschätzt, dass du auf dem Gestüt mitanpacken kannst. Ich hätte dich eher auf einen Laufsteg für Nachwuchsmodel in Paris gestellt", unterbrach Jeongin nun völlig unvermittelt meine Gedanken. Ein lautes Lachen entfuhr mir. Tatsächlich hatte ich das schon öfter zu hören bekommen. "Willst du wissen, was ich mir gedacht habe, als ich dich das erste Mal gesehen habe?" "Auf jeden Fall." Wow, er ist wunderschön. Nein, das konnte ich jetzt nicht sagen. "Ich dachte, dass du aussiehst, als hätte jemand versucht, sich einen Wüstenfuchs als Mensch vorzustellen." Das war immerhin mein zweiter Gedanke gewesen. Nun musste auch Jeongin lachen. "Ist das was gutes oder schlechtes?", fragte er. "Etwas gutes. Wüstenfüchse sind unfassbar süße Tiere." Erst, als die Wörter meinen Mund verlassen hatten, merkte ich überhaupt, was ich gerade gesagt hatte. Ich hatte Jeongin indirekt als süß bezeichnet. Ich wurde rot, aber er lachte nur noch mehr. "Nun, das beruhigt mich." Erleichtert atmete ich aus. Zum Glück hielt er mich jetzt nicht für merkwürdig. Wir redeten noch weiter über alles mögliche, doch als es langsam anfing zu dämmern ritten wir zurück.

Hyunin Oneshots || Stray KidsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt