Rhana stand vor dem Spiegel und strich das elegante, bordeauxrot Kleid immer wieder glatt. Es fiel in sanften Falten über ihren Körper und umspielte ihre Silhouette verführerisch. Jedoch war das Dekolleté so ausgeschnitten, dass es Rhanas Oberweite zwar betonte, doch nicht zu viel zeigte. Immerhin ging es hier um einen Besuch im Palast der Königin ihres Landes.
Das Oberteil des Kleides war mit aufwendigen Stickereien und edlen Perlen verziert, sodass dieses im Glanz der Abendsonne leicht funkelte.
Die Ärmel waren weit geschnitten und flossen elegant über Rhanas Arme.
Der Rock des Kleides war lang und aus mehreren Lagen einer Stoffe, die alle von Rhanas Ziehvater in die Stadt gebracht worden waren. Bei jedem Schritt, den sie tat, wirkte es, als würden die Stoffe zusammen tanzen und dabei ihre Beine umspielen.
Am Saum des Kleides hatte ein hiesiger Künstler sich ausgelebt. Die Bordüre war kunstvoll gearbeitet und mit vielen goldenen Fäden verziert, sodass ihr Kleid etwas sehr Erhabenes mitbrachte.
Zusätzlich zu diesem Traum aus Stoffen hatte Rhana ihre dunklen, fast schwarzen Haare mit vielen silbernen Nadeln und Perlen gebändigt, sodass sie ihr nur noch in einzelnen Strähnen in die Augen fielen.
»Denkst du nicht, das ist zu viel?«, fragte sie und drehte sich zu Ruonir um, der sie schon die ganze Zeit durch den Spiegel hindurch beobachtete.
»Du siehst wundervoll aus«, versicherte er mit einer Spur Sehnsucht.
Rhana lächelte schief. Das hier eines der teuersten Kleider, die sie hatte. Es war ihr auf den Leib geschneidert und nur für wirklich besondere Anlässe. Damals hatte sie sich vorgestellt, vielleicht einmal darin zu heiraten, doch jetzt fragte sie sich, um das Kleid nicht sogar zu viel für den Besuch am Hofe war. Sie wollte immerhin nicht wirken, als wüsste sie nicht, wo ihr Stand war.
»Ich fühlte mich nicht wirklich wohl«, gestand Rhana, denn sie hatte das Gefühl, verkleidet zu sein. Als wäre sie nicht wirklich sie selbst.
»Du siehst aus wie eine Prinzessin«, bemerkte Ruonir mit einem neckenden Grinsen, was Rhana dazu veranlasste, ihn leicht auf den Oberarm zu schlafen.
»Ärger mich doch nicht«, tadelte Rhana ihn gespielt böse, musste aber im gleichen Atemzug lächeln.
Eines, das ihr jedoch verging, als die Glocke durch das Haus läutete und ankündigte, dass jemand am Haupteingang war.
Das musste Lewin sein, der sie abholte.
Rhana schloss die Augen und atmete tief durch. Vielleicht hätte sie sein Angebot auf ein Kleid doch annehmen sollen. Dann hätte sie zumindest die Garantie, dass es zu den Kreisen passte, in die sie sich begeben würde. Lewin war immerhin adlig und wusste sicher, was sich gehörte.
Nervös verließ Rhana ihr Zimmer und schritt den Flur entlang.
Ruonir folgte ihr und beobachtete sie die ganze Zeit neugierig. Sie war einfach wunderschön und so elegant wie noch nie in diesem Kleid. Es fiel ihm sehr schwer, seine Augen von ihr zu wenden. In Momenten wie diesen wünschte er sich, er wäre nicht ihr Adoptivbruder, sondern ihr Verlobter, doch würde er diese Worte nie aussprechen. Dazu war Rhana ihm zu wichtig.
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Die Akademie der Drachen - Das Mal des Todes (Band 1)
FantasyBand 1 der geplanten Dilogie. Rhana ist bald 18 und erbt die Handelsgesellschaft ihres verstorbenen Vaters. Allerdings läuft nicht alles so, wie sie es sich gewünscht hatte. Stattdessen bekommt sie eine Einladung der Königin von Savrana, die sie mit...