FÜNF

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Als eine Zeit lang alle Acht ihren wohl täglichen Arbeiten auf dem Schiff nachgingen, fing ich an mich auf diesem das erste Mal so richtig umzusehen. Naja, so gut es mir eben gelang, denn ich konnte schließlich nicht genau sehen, was hinter mir lag. Dennoch konnte ich erkennen, dass die Treasure gewaltig und voller Kraft war. 

Sie thronte schwer und massiv über dem Wasser und trotzte jeder noch so großen Welle. Das Schiff war meiner Meinung nach viel zu groß für eine achtköpfige Besatzung, dennoch schienen sie es problemlos in Stand halten zu können. Mein Blick schweifte über das dunkle Holz, welches sich abwechselnd in schwarzen und braunen Farbtönen über das gesamte Deck erstreckte. Es sah edel und hochwertig aus, als wäre es noch nie betreten worden oder hätte noch nie einen Kampf erlebt. 

Ich vermutete, dass das Schiff drei Masten hatte, da ich relativ mittig vom Schiff am Hauptmast saß und auf den Achtermast, der etwas kleiner war, blickte. Da ich nicht in Fahrtrichtung saß, konnte ich genau auf das Achterdeck schauen, welches am Heck des Schiffes auf einer erhöhten Plattform lag. Zwei große leicht geschwungene dunkle Holztreppen führten mit aufwendig dekorierten Geländern und Handläufen zu je beiden Seiten hinauf und deuteten erneut daraufhin, dass dieses Schiff mehr als nur wertvoll war. 

Ein Schiff dieser Größe oder Schönheit hatte ich noch nie gesehen, wenn gleich ich schon viele hochwertige Schiffe und deren wichtigen Besuch im Hafen von Seraphil gemeinsam mit dem König empfangen hatte. Und jetzt wunderte ich mich sehr, wie ein Schiff dieser Größe und Machart unbemerkt in Seraphil anlegen konnte. Auch wenn sie nicht am Hafen angelegt hatten, da ich mit Dreamcatcher am Tag der Entführung einige Kilometer weiter Richtung Norden an der Küste unterwegs war, so hätte es mindestens einem der Soldaten auf den gut verteilten Aussichtstürmen im Land auffallen müssen. Wie konnte das möglich sein? 

Ich schaute erneut auf das Achterdeck und sah, dass sich dort das große Steuerrad der Treasure befand, welches gerade von dem Mann bedient wurde, der auf meiner Abschussliste direkt hinter Mingi stand. Der Schwarzhaarige, der mich gestern mühelos an den Mast gepinnt hat. Bei dem Gedanken funkelte ich ihn wütend an, doch er war zu weit entfernt und würdigte mich sowieso keines Blickes, um das mitbekommen zu können, denn sein Blick war konzentriert auf das Meer gerichtet. 

Aus dem Augenwinkel erkannte ich Hongjoong die Treppe hinaufkommen, die Mingi eben unter Deck herabgegangen war. Er trat an Seonghwa heran und als Seonghwa ihn erblickte, lächelte er ihm sanft zu. Sie schienen eine enge Bindung zu haben, das konnte ich sehen. Hongjoong sagte etwas, was ich nicht hören konnte und deutete dann auf den Abgang, der unter Deck führte. Seonghwa seufzte und sah relativ wenig begeistert aus, als er nickte und sich auf den Weg machte, den Mingi noch vor einigen Minuten hinabgestiegen war. 

Hongjoong blickte ihm dankend hinterher. Vielleicht sollte er mit Mingi reden? Seonghwa schien mir zumindest nach den letzten Vorkommnissen besser geeignet in einer friedvollen Gesprächsführung als der Captain. Der Blick des Captains ruhte noch immer auf Seonghwa, dessen blonder Haarschopf gerade unter Deck verschwand. Ich konnte mir gut vorstellen, dass Hongjoong ihn sehr zu schätzen wusste. Seonghwa wirkte wie jemand, den jeder Captain an Bord gut gebrauchen könnte.

Meine Gedanken wurden durch ein schreckliches Ziehen in meiner Magengegend unterbrochen und ich blickte auf die nach wie vor unangerührte Schüssel neben mir, deren Inhalt köstlich aussah. Allerdings verspürte ich einen solchen Hunger, dass selbst eine Schale trockenes Mehl verlockend ausgesehen hätte. Hongjoong warf mir einen flüchtigen Blick zu und ging dann die Rechte der beiden Treppen hinauf Richtung Steuer, um es selbst übernehmen zu können. 

Der Andere machte ihm wortlos Platz. Hongjoong sprach auch mit ihm und sah dann mich an, woraufhin der Schwarzhaarige nach kurzer Zeit emotionslos von dem Achterdeck zu mir herunterschaute und langsam aber gezielt die Treppen herunterstieg und auf mich zu kam. Keiner von ihnen trug mehr die schwarze mysteriöse Kleidung von gestern. Er war nun komplett in weiß gekleidet. Die Farbe der Unschuld. Ist klar. Innerlich lachte ich ironisch auf. 

Aurora - You are my light (Ateez x reader)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt