ZWEIUNDVIERZIG

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San lag still auf dem Tisch, seine Brust hob und senkte sich langsam, als wäre jede Bewegung eine Last. Ich hielt den Atem an, als ich sah, wie seine Finger leicht zuckten. Die Spannung im Raum war greifbar, und alle Augen waren auf ihn gerichtet. Dann, nach einer endlos erscheinenden Stille, öffneten sich seine Augen. Es war nur ein schmaler Spalt, aber ich konnte sehen, wie Bewusstsein langsam in seinen Blick zurückkehrte. Ein schwaches Stöhnen verließ seine Lippen.

„Sannie?" flüsterte Wooyoung, der sich keinen Zentimeter von seiner Seite gerührt hatte. Seine Stimme war leise, als hätte er Angst, San zu erschrecken. „Kannst du mich hören?"

San blinzelte schwerfällig, als ob die Welt um ihn herum nur langsam in den Fokus rückte. Sein Blick war noch glasig, aber schließlich fand er Wooyoungs Augen. „Woo..." Seine Stimme war brüchig und kaum mehr als ein Flüstern, aber er sprach. Und in diesem Moment atmete ich zum ersten Mal seit gefühlten Stunden wieder richtig aus.

Wooyoungs Gesicht hellte sich auf, Tränen glitzerten in seinen Augen, und er griff Sans Hand. „Du bist wieder bei uns." Er lachte vor Erleichterung, doch seine Schultern bebten leicht.

Ich sah zu, wie San mühsam seinen Kopf drehte und sich umsah. Nach und nach erkannte er die anderen im Raum und rang sich ein gequältes Lächeln ab. „Hi Leute." Seine Stimme war rau und belegt. Jetzt stahl sich auch auf die restlichen Gesichter der Crew ein Lächeln, das schnell in überschwängliches Lachen überging, und sie fielen nacheinander San um den Hals. Ich könnte schwören, Seonghwas und Yeosangs Augen verdächtig glitzern zu sehen. Wooyoung hingegen versuchte gar nicht erst, seine Tränen zu verstecken, denn er heulte und lachte gleichzeitig, während er San immer wieder im Gesicht abknutschte.

Ich stand mit ein wenig Abstand hinter ihnen und saugte die gesamte Szenerie auf. Dieser Moment war so voller purer Erleichterung und Freude, dass auch mir ein kurzes Schluchzen entfuhr und einige Tränen heiß meine Wangen hinunterliefen. All die angestaute Anspannung und Angst löste sich aus jedem einzelnen von ihnen, und erst jetzt fiel mir auf, wie viel Last jeder von ihnen in den letzten Tagen mit sich herumgeschleppt hatte. Im Gegensatz zu mir hatten sie ihre Gefühle mit einer Stärke verborgen, die ich bewunderte, doch jetzt brach es auch bei ihnen hervor, rohes, unkontrolliertes Glück und Erleichterung.

Nach einiger Zeit der Euphorie kehrte langsam wieder Ruhe ein. „Was... was ist passiert?" San versuchte, sich aufzurichten, aber sein Körper war noch viel zu schwach. Bevor er weiterkämpfen konnte, drückte Wooyoung ihn sanft zurück auf den Tisch.

„Ruh dich aus", sagte Wooyoung leise und sanft, während er Sans Hand hielt. „Der Dämon... wir haben ihn vertrieben. Du bist in Sicherheit."

San schloss für einen Moment die Augen, als ob er die Worte erst verdauen musste. „Der Dämon... ich erinnere mich." Sein Gesicht verzog sich bei der Erinnerung an die Dunkelheit, die ihn so lange umklammert hatte.

Mingi trat näher und verschränkte die Arme vor der Brust. „Er hat versucht uns zu bekämpfen, aber wir waren schneller."

San ließ seinen Kopf erschöpft zurücksinken und atmete tief durch. „Er wollte Aurora," stieß er leise aus und sein Blick wanderte wieder nervös durch den Raum, bis Yeosang einen Schritt zur Seite machte und mich neben den Tisch zog, sodass Sans Blick mich fand. Unsere Augen trafen sich das erste Mal, und ich spürte, wie mir ein kalter Schauer den Rücken hinunterlief. „Du lebst," flüsterte er schwach und etwas ungläubig.

Meine Kehle schnürte sich zu. Der Moment, in dem der Dämon direkt auf mich zugestürzt war, war noch so lebendig in meiner Erinnerung, dass ich den kalten Hauch des Schattens auf meiner Haut förmlich spüren konnte und Sans Wesen erinnerte mich schmerzlich daran.

Aurora - You are my light (Ateez x reader)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt