Kapitel 10

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Der Samstagmorgen begann still und friedlich. Die Sonne sickerte durch die Vorhänge, als ich langsam die Augen öffnete. Die Wärme ihrer Strahlen, die sanft auf meinem Gesicht tanzten, und die stille Ruhe des Hauses ließen mich für einen Moment in der Geborgenheit des Augenblicks verharren. Die Geschehnisse des gestrigen Abends durchzogen noch immer meine Gedanken – das mitreißende Footballspiel, Nathons herausragende Leistung und die jubelnde Menge, die jeden seiner präzisen Würfe feierte.

Nachdem ich mich entschloss, den Tag zu beginnen, blieb ich noch eine Weile im Bett und ließ den gestrigen Abend Revue passieren. Nathons beeindruckendes Spiel und die Energie, die das Stadion erfüllt hatte, hallten nach, wie ein Echo, das nicht nachlassen wollte.

Widerwillig verließ ich schließlich das warme Bett und trat an den Spiegel. Das Sonnenlicht spiegelte sich in meinen Augen, die noch immer einen Funken der Begeisterung von gestern Nacht in sich trugen. Lächelnd griff ich nach meinem Handy und entdeckte die Nachricht meiner Mutter, die mich erwartungsvoll anstrahlte:

„Das klingt wunderbar, Lena! Ich freue mich, dass du solche Erlebnisse hast. Genieße die Zeit dort, aber vergiss nicht, uns ab und zu mal zu schreiben. Wir vermissen dich auch. 💕“

Ein warmes Gefühl durchströmte mich. Es tat gut zu wissen, dass meine Familie in der Ferne an mich dachte, auch wenn ich mich hier zunehmend zu Hause fühlte. Nachdem ich das Handy weggelegt hatte, verließ ich mein Zimmer und ging die Treppe hinunter.

Das Erdgeschoss lag still und verlassen da, bis auf den Duft von frisch gebrühtem Kaffee, der in der Luft hing und darauf hindeutete, dass Mr. und Mrs. Collins bereits wach gewesen waren. Sie hatten wohl, wie jeden Samstag, den frühen Morgen genutzt, um auf den Markt zu gehen. Auf dem Küchentisch entdeckte ich eine liebevoll geschriebene Notiz von Mrs. Collins:

„Guten Morgen, Lena! Wir sind zum Markt, Ethan schläft noch und Nathon ist wahrscheinlich bei seinen Freunden. Frühstück ist im Kühlschrank. Wir sehen uns später!“

Ich bereitete mir ein einfaches Frühstück aus frischen Früchten und einem Bagel zu und setzte mich an den Küchentisch. Die Stille, die mich umgab, war beruhigend und ließ mich die Einsamkeit des Augenblicks genießen. Es war ein seltener Moment, in dem der Tag mir allein gehörte, ohne Verpflichtungen, ohne Pläne – ein Luxus, den ich voll auskostete.

Nach dem Frühstück kam mir der Gedanke, wieder einmal zur Kamera zu greifen. Die letzten Tage war sie vernachlässigt auf meinem Schreibtisch liegen geblieben, und es schien ein perfekter Morgen zu sein, um draußen ein paar Bilder einzufangen. Schnell zog ich mich an, schnappte mir die Kamera und trat hinaus in den Garten.

Die Welt schien in ein sanftes, goldenes Licht getaucht, als ich in den Garten trat. Der Tau glitzerte auf den Grashalmen, die Blumen entfalteten ihre Blüten im Morgenlicht, und die Vögel zwitscherten fröhlich in den Bäumen. Jeder Schritt, den ich machte, enthüllte neue Details, die darauf warteten, von meiner Kamera eingefangen zu werden.

Ich ließ mich von den kleinen Wundern um mich herum leiten – das zarte Rosa einer Blüte, die schimmernden Tropfen auf einem Spinnennetz, die sanften Wellen auf dem Teich. Während ich fotografierte, kehrte eine tiefe Zufriedenheit in mir ein. Es war, als würde die Kamera mir helfen, die Welt mit neuen Augen zu sehen, die Schönheit in den alltäglichen Dingen zu entdecken.

Als die Sonne höher stieg und das Licht härter wurde, entschied ich mich, ins Haus zurückzukehren. Kaum hatte ich die Tür hinter mir geschlossen, hörte ich Geräusche aus dem Wohnzimmer. Neugierig steckte ich den Kopf durch die Tür und entdeckte Nathon, der lässig auf dem Sofa lag und durch die Kanäle zappte. Seine Augen waren leicht gerötet, und sein entspanntes Auftreten verriet, dass der gestrige Abend wohl länger gedauert hatte.

„Guten Morgen“, begrüßte ich ihn mit einem Lächeln.

„Morgen“, murmelte er zurück, ohne die Augen vom Bildschirm zu nehmen. „Bist ja schon früh auf.“

„Ich habe ein paar Fotos gemacht“, antwortete ich, die Kamera in meiner Hand zeigend. „Das Licht war einfach zu schön, um es zu verpassen.“

„Cool“, erwiderte Nathon mit einem leichten Lächeln. „Fotografierst du oft?“

„Ja, wann immer ich kann. Es hilft mir, den Kopf frei zu bekommen“, erklärte ich, während ich mich in einen der Sessel setzte. „Und du? Was machst du, wenn du nicht gerade Football spielst?“

„Viel Zeit mit dem Team“, sagte er und zuckte mit den Schultern. „Aber ich spiele auch Gitarre, wenn ich mal Zeit für mich brauche.“

„Gitarre? Das ist beeindruckend“, sagte ich überrascht.

„Es ist nichts Besonderes“, meinte er, obwohl ein Hauch von Stolz in seiner Stimme mitschwang. „Es hilft mir, runterzukommen. Vor allem nach einem anstrengenden Spiel.“

„Das kann ich mir vorstellen“, erwiderte ich, fasziniert von dieser neuen Facette seines Charakters. „Vielleicht spielst du mir irgendwann mal etwas vor.“

Nathon grinste leicht und erwiderte nichts. Ein paar Augenblicke lang sahen wir uns nur an, bevor er sich wieder dem Fernseher zuwandte. Ich konnte sehen, wie seine Konzentration auf das Footballspiel, das dort gezeigt wurde, gerichtet war. Es war eine Wiederholung, aber es schien ihn völlig zu fesseln.

„Bist du zufrieden mit dem gestrigen Spiel?“, fragte ich nach einer Weile.

„Ja“, sagte er nachdenklich. „Wir haben gewonnen, also ja, es lief gut.“

„Du warst wirklich großartig da draußen“, sagte ich ehrlich. „Ich wusste gar nicht, dass Football so spannend sein kann.“

„Danke“, antwortete er bescheiden. „Aber wie gesagt, es ist ein Teamsport. Jeder hat seinen Teil beigetragen.“

Diese Demut beeindruckte mich immer wieder. Trotz seines Talents und der offensichtlichen Bewunderung, die ihm entgegengebracht wurde, blieb Nathon bodenständig und zurückhaltend. Es war diese Kombination aus Können und Bescheidenheit, die ihn so besonders machte.

Der Rest des Tages verging in ruhigen Bahnen. Nathon zog sich nach einer Weile wieder in sein Zimmer zurück, während ich mich in meinem eigenen Zimmer an die Nachbearbeitung der Fotos machte, die ich am Morgen geschossen hatte. Mit einem leichten Lächeln lud ich die besten Bilder auf meine sozialen Netzwerke hoch und freute mich über die positiven Rückmeldungen.

Am Nachmittag kehrten Mrs. Collins und Ethan zurück, beladen mit frischen Lebensmitteln und einem Hauch von Euphorie, die nur ein erfolgreicher Marktbesuch mit sich bringen konnte. Mrs. Collins hatte vor, ein großes Abendessen zu kochen, und ich bot sofort meine Hilfe an.

Die Zeit in der Küche war angenehm. Während wir gemeinsam das Gemüse schnitten und die Zutaten vorbereiteten, erzählte Mrs. Collins mir von den besten Märkten in der Umgebung, von kleinen Bauernständen und versteckten Juwelen, die es zu entdecken galt. Ihre Begeisterung war ansteckend, und ich fühlte mich einmal mehr als Teil dieser wunderbaren Familie.

Das Abendessen selbst war ein Festmahl, und das Gespräch am Tisch floss leicht. Es war ein friedlicher, unaufgeregter Abend, der in starkem Kontrast zu dem aufregenden Geschehen des vorherigen Tages stand, aber auf seine eigene Weise nicht weniger bedeutend war.

Als der Tag sich dem Ende neigte, zog ich mich in mein Zimmer zurück und griff nach meinem Handy, um meiner Mutter zu schreiben:

„Hi Mama, ich hatte heute einen wirklich entspannten Tag. Ich habe Fotos gemacht und mich ein wenig mit Nathon unterhalten. Wusstest du, dass er Gitarre spielt? Amerika fühlt sich immer mehr wie ein zweites Zuhause an, obwohl ich euch natürlich vermisse. Hoffe, bei euch ist alles gut. Kuss, Lena.“

Nachdem ich die Nachricht abgeschickt hatte, ließ ich den Tag in Gedanken ausklingen. Die Welt hier war so anders als zu Hause, aber genau diese Unterschiede waren es, die ich immer mehr zu schätzen lernte. Die Collins waren nicht nur Gastgeber, sondern ein Teil meiner neuen Welt geworden, und mit jedem Tag wuchs das Gefühl, dass diese Zeit mein Leben auf tiefgreifende Weise verändern würde.

Als ich schließlich das Licht ausmachte und mich in die Decke kuschelte, waren meine Gedanken erfüllt von all den kleinen und großen Momenten, die dieses Jahr bereits so besonders gemacht hatten. Es war nicht nur die Veränderung, die ich suchte, sondern auch die Entdeckung von neuen Facetten des Lebens – und von mir selbst.

Heartstrings in the U.SWo Geschichten leben. Entdecke jetzt