Kapitel 18

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Der Sonntagmorgen begann kühl und klar, als ich langsam die Augen öffnete. Das erste Licht des Tages drang sanft durch die Vorhänge und tauchte mein Zimmer in ein weiches, goldenes Glühen. Noch einen Moment verweilte ich im Bett, genoss die Stille und ließ die Erlebnisse der letzten Tage in Gedanken Revue passieren. Seit meiner Ankunft in den USA hatte ich mich oft fremd und ein wenig verloren gefühlt, aber allmählich veränderte sich etwas – ich begann, mich wirklich einzuleben.

Mit einem tiefen Atemzug streckte ich mich und ließ meinen Blick durch das Zimmer gleiten. Es war immer noch ungewohnt, jeden Morgen in diesem Raum aufzuwachen, der sich so sehr von meinem alten Zimmer in Deutschland unterschied. Die hellen Wände, die großen Fenster und das großzügige Bett vermittelten ein Gefühl von Weite und Freiheit, das in meiner engen Berliner Wohnung selten zu spüren war. Nach und nach hatte ich begonnen, das Zimmer nach meinen Vorstellungen zu gestalten: Ein paar Fotos meiner Familie und Freunde zierten die Kommode, einige Bilder und Poster die Wände. Doch es war noch ein laufender Prozess, bis sich dieses Zimmer wirklich wie mein Zuhause anfühlen würde.

Im angrenzenden Badezimmer nahm ich mir einen Moment Zeit, um die liebevoll gestalteten Details zu bewundern. Der Raum war großzügig bemessen, fast luxuriös, mit hellen Fliesen und einer riesigen Dusche, die ich besonders liebte. Es war ein ungewohnter Luxus, so viel Platz für all meine Sachen zu haben, etwas, das mir in Berlin oft gefehlt hatte. Das kalte Wasser, mit dem ich mein Gesicht wusch, weckte mich sofort auf, und während ich meine Zähne putzte, dachte ich an den gestrigen Tag zurück. Das Fußballspiel von Ethan, die Gespräche mit Nathon – es war ein guter Tag gewesen. Ich hatte das Gefühl, dass sich etwas zwischen uns veränderte, dass wir uns näherkamen.

Nach meiner morgendlichen Routine ging ich in mein Ankleidezimmer, das fast so groß war wie mein altes Schlafzimmer. Vor dem Schrank stehend, ließ ich meinen Blick über die Kleidung wandern, die ich aus Deutschland mitgebracht hatte. Heute fiel die Entscheidung leicht: Es war ein kühler Morgen, und ich fühlte mich nach etwas Bequemem. Ich wählte einen grauen Pullover, der sich weich und vertraut anfühlte, und kombinierte ihn mit einer schlichten schwarzen Jeans. Dazu griff ich zu meinen Lieblingssneakern, die mich schon durch viele Abenteuer in Berlin begleitet hatten.

Ein letzter Blick in den Spiegel bestätigte, dass ich zufrieden war mit meinem Aussehen. Meine blonden Haare fielen locker über meine Schultern, und obwohl ich mich nicht großartig herausgeputzt hatte, fühlte ich mich wohl in meiner Haut. Es war einer dieser Tage, an denen alles möglich schien, als läge ein ganzer Tag voller Potenzial vor mir.

Die Treppe hinuntergehend, wurde ich in der Küche vom Duft frisch gebrühten Kaffees begrüßt. Nathon war bereits wach und saß am Küchentisch, vertieft in ein Buch. Als ich den Raum betrat, sah er auf und schenkte mir ein freundliches Lächeln.

„Guten Morgen, Lena,“ sagte er und stellte seine Tasse ab. „Gut geschlafen?“

„Guten Morgen,“ antwortete ich und griff nach einer Tasse, um mir auch einen Kaffee einzuschenken. „Ja, ich habe wirklich gut geschlafen. Der gestrige Tag war wohl ziemlich anstrengend.“ Ich ließ mich ihm gegenüber auf den Stuhl sinken und nahm einen Schluck des heißen Getränks. Es war stark und genau das, was ich brauchte, um richtig wach zu werden.

Nathon nickte. „Ja, das Spiel hat uns alle ausgepowert. Aber es war auch schön, nicht wahr? Ethan hat sich so gefreut, dass wir da waren.“

„Ja, das hat er wirklich,“ stimmte ich zu. „Er scheint ziemlich gut im Fußball zu sein. Er hat diese Entschlossenheit, die auf dem Spielfeld wirklich beeindruckend ist.“

„Das ist er,“ sagte Nathon mit einem stolzen Lächeln. „Er nimmt den Sport sehr ernst. Es tut ihm gut, etwas zu haben, auf das er sich konzentrieren kann.“

Wir sprachen eine Weile über das Spiel und die Dynamik in seiner Familie, bevor Nathon das Gespräch in eine persönlichere Richtung lenkte.

„Sag mal, Lena,“ begann er nach einer kurzen Pause, „fällt es dir schwer, den ganzen Tag Englisch zu sprechen? Ich meine, am Anfang war das bestimmt eine Herausforderung, oder?“

Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück und überlegte kurz. „Ja, am Anfang war es wirklich nicht einfach,“ gab ich zu. „Alles fühlte sich so fremd an, und ich musste mich ständig darauf konzentrieren, jedes Wort zu verstehen. Aber inzwischen… inzwischen ist es anders. Es fühlt sich natürlicher an, fast wie eine zweite Natur. Ich denke, das liegt auch daran, dass ich viel mit euch rede und immer tiefer in die Sprache eintauche.“

Nathon lächelte anerkennend. „Das ist beeindruckend. Ich kann mir vorstellen, dass es nicht leicht war, sich so schnell umzustellen. Aber es ist gut zu hören, dass es dir jetzt leichter fällt.“

„Ja, es ist wirklich schön,“ stimmte ich zu. „Vor allem, weil ich jetzt mehr Energie habe, um mich auf die Dinge hier zu konzentrieren, ohne ständig über die Sprache nachdenken zu müssen. Es fühlt sich an, als würde ich endlich richtig ankommen.“

„Das freut mich zu hören,“ sagte Nathon, und in seinen Augen lag ein Ausdruck echter Anerkennung. „Ich weiß, dass es nicht jeder so gut schafft, sich in einer neuen Umgebung zurechtzufinden. Aber du machst das wirklich gut.“

Seine Worte gaben mir ein Gefühl von Stolz, und es tat gut, so etwas von ihm zu hören. Nathon und ich hatten in den letzten Wochen eine starke Freundschaft aufgebaut, und es bedeutete mir viel, dass er meine Bemühungen erkannte.

Nach dem Frühstück räumten wir gemeinsam die Küche auf, bevor wir beschlossen, einen Spaziergang durch die Nachbarschaft zu machen. Es war ein schöner Tag – die Sonne schien, und die Luft war kühl und frisch. Wir schlenderten durch die Straßen und unterhielten uns über unsere Lieblingsfilme und -bücher. Es überraschte mich, wie viel wir gemeinsam hatten, und ich genoss die Zeit, die wir zusammen verbrachten.

Während unseres Spaziergangs erzählte mir Nathon von seiner Schule und den Herausforderungen, die er dort erlebte. Er sprach auch von seinen Träumen und Ambitionen, und ich war beeindruckt von seiner Entschlossenheit und seinem Ehrgeiz. Es war faszinierend, ihn besser kennenzulernen und zu verstehen, was ihn motivierte.

Als wir schließlich zurückkamen, entschieden wir uns, einen Film anzusehen – der perfekte Abschluss eines entspannenden Vormittags. Wir wählten einen Klassiker, den wir beide mochten, und ließen uns auf dem Sofa nieder. Während der Film lief, lehnte ich mich zurück und ließ die Eindrücke des Tages auf mich wirken.

Es war ein weiterer Schritt in meinem neuen Leben hier, ein weiterer Tag, an dem ich mich ein bisschen mehr zuhause fühlte. Die Veränderung kam nicht über Nacht, aber sie war da – spürbar in den kleinen Momenten, in den Gesprächen, in der Art, wie ich mich in dieser neuen Umgebung bewegte. Während der Film weiterlief, fühlte ich mich ruhig und zufrieden.

Heartstrings in the U.SWo Geschichten leben. Entdecke jetzt