Der Morgen verlief ruhig, fast zu ruhig. Die Sonne strahlte warm durch die Küchenfenster, und die Luft war erfüllt vom Duft frischen Kaffees und gebratenem Speck. Laurie war in der Küche beschäftigt, während Jack im Wohnzimmer die Zeitung las. Die Stille im Haus war trügerisch, ein dünner Schleier, der das brodelnde Chaos darunter verbarg.
Ich hatte mich noch nicht vollständig von dem Vorfall in der Nacht erholt, als Nathon mir seine Gefühle gestand. Der Kuss, den wir uns gegeben hatten, war intensiv und bedeutungsvoll gewesen. Doch inmitten der süßen Verwirrung war auch die Angst gewachsen, was passieren würde, wenn Laurie und Jack davon erfuhren.
Nathon und ich hatten beschlossen, erst einmal nichts zu sagen. Wir wollten einen ruhigen Moment abwarten, um es ihnen behutsam zu erklären. Doch das Schicksal hatte andere Pläne.
Während Laurie in der Küche das Frühstück vorbereitete, stand ich am Tresen und schnitt Obst für einen Obstsalat. Nathon war nur wenige Schritte entfernt, lehnte sich lässig an die Theke und beobachtete mich mit einem Lächeln. Unsere Blicke trafen sich immer wieder, und jedes Mal fühlte ich ein warmes Kribbeln in meinem Bauch.
„Komm her“, sagte er leise, fast wie ein Flüstern, das nur für mich bestimmt war.
„Nathon“, murmelte ich, warf ihm einen warnenden Blick zu, doch mein Herz schlug schneller, als er sich zu mir herüberbeugte. Ich wusste, dass es gefährlich war, aber die Versuchung war zu groß.
„Nur einen Moment“, sagte er und kam näher. „Ich kann nicht anders.“
Bevor ich reagieren konnte, zog er mich sanft an sich, seine Hände umschlangen meine Taille. Seine Lippen fanden meine, und für einen Augenblick war alles andere vergessen. Es war ein sanfter, aber leidenschaftlicher Kuss, der alles ausdrückte, was Worte nicht vermochten. Mein Körper reagierte auf seine Nähe, und ich erwiderte den Kuss, versunken in dem Moment.
Doch das leise Räuspern, das plötzlich die Luft durchschnitt, ließ mich wie erstarrt stehen. Schnell riss ich mich von Nathon los und drehte mich um. Laurie stand da, die Augen weit aufgerissen, ihr Gesicht war blass vor Schock und Wut.
„Was… was macht ihr da?“, stieß sie hervor, ihre Stimme klang ungläubig und zitterte leicht.
„Laurie, ich…“, begann Nathon, aber Laurie schnitt ihm das Wort ab, ihre Stimme wurde schärfer.
„Das kann nicht euer Ernst sein!“, schrie sie, ihre Hände zitterten vor Wut. „Ihr beide… in meinem Haus… Wie lange geht das schon?“
„Laurie, bitte, lass uns das erklären“, versuchte Nathon ruhig zu bleiben, doch Laurie war bereits außer sich.
„Erklären? Was gibt es da zu erklären?“, ihre Stimme erhob sich, und ich konnte die Panik in ihren Augen sehen. „Ihr habt uns belogen, hintergangen! Wie könnt ihr nur…?“
„Es war nie unsere Absicht, euch zu verletzen“, sagte ich, meine Stimme zitterte, während ich verzweifelt versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. „Wir wollten es euch sagen, aber…“
„Aber was?“, unterbrach Laurie mich scharf. „Ihr wolltet uns hintergehen? Was soll das? Ihr seid wie Geschwister aufgewachsen! Das ist… widerlich!“
Die Worte trafen mich wie ein Schlag, und ich spürte, wie mir die Tränen in die Augen schossen. Nathon legte beschützend einen Arm um mich, doch Laurie wich einen Schritt zurück, als ob sie uns nicht mehr ertragen konnte.
„Laurie, wir sind keine Geschwister“, sagte Nathon mit einer Ruhe, die ich bewunderte. „Wir sind erwachsen, und was wir füreinander fühlen, ist echt. Es ist nichts Falsches daran.“
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Heartstrings in the U.S
عاطفيةDie 17-jährige Lena beginnt ihr Austauschjahr in einem beschaulichen amerikanischen Städtchen, wo sie von der Familie Collins aufgenommen wird. Zwischen den alltäglichen Abenteuern und dem neuen Leben entwickelt sie eine unerwartete Verbindung zu Na...