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Lilli war hin und her gerissen, ob sie Ace darum bitten sollte, sich bei Sam zu entschuldigen. Denn anders als ihr Verlobter fand sie, dass er maßlos übertrieb. Ihr hatte der Abend gut gefallen, es war witzig, unterhaltsam und größtenteils haben sich alle ihr zuliebe gut benommen. Dass sie auf Aces Provokation eingegangen war, war ganz allein ihre Entscheidung gewesen. Und das Sam sich so dafür geschämt hatte, war sein Problem. Wieder einmal stand sie auf dem Balkon, der von ihrem Zimmer abging. Sie war die Einzige, die in den Genuss solch einer Aussicht kam. Denn die Zimmer der 5 Jungs waren kleiner und ohne Zugang nach draußen.

Immer noch in Gedanken, lehnte sie ihre Ellbogen auf dem Geländer ab, bevor sie ihren Kopf auf den Händen abstützte. Der Mond war bereits hell am Himmel erschienen und doch durch ein paar Wolken verdeckt. Weiter in der Ferne, konnte sie einen Hund bellen hören, und das Rascheln der Blätter, wenn der Wind durchzog, aber ansonsten war es absolut still. Nicht einmal ihre Nachbarin Dadan, schien heute mit ihren Kumpels eine der ständigen Saufeskapaden, bei denen sie lauthals mitsangen oder rumbrüllten, abzuhalten. Lilli sog die frische Luft tief ein und seufzte laut, als ihre Gedanken zu einem gewissen Abend vor knapp einem Jahr wanderten, an dem sie genau hier stand. Und an dem sich ihr Leben um hundertachtzig Grad gedreht hatte. Wenn man hier so stand, dann war die Verlockung aber auch einfach zu groß, mit dieser wunderbaren und romantischen Aussicht. Verdammter Balkon!, fluchte sie innerlich als sie kurz darauf panisch zusammenfuhr.

„Du solltest deine Tür lieber abschließen, wenn du nicht gestört werden willst."

Hastig drehte sie sich um. Ace stand mit verschränkten Armen im Türrahmen und grinste, während sein weißes Tshirt, das seinen trainierten Körper bedeckte, durch das helle Mondlicht angeleuchtet wurde. Genau wie auch beim letzten Mal stand er ganz plötzlich hier, bei ihr und wie beim letzten Mal roch er unverschämt gut.

„Was möchtest du?", fragte sie dann um sich endlich auf andere Gedanken zu bringen.

Ace antwortete erst, als er neben ihr am Geländer stand.

„Ich wollte mich bei dir entschuldigen. Ich weiß, dass ich mich nicht besonders erwachsen verhalten habe, heute. Aber ich hab andauernd das Gefühl, ich müsste mich bei dem Typen für irgendwas revanchieren."

„Du redest es dir nur ein."

„Vermutlich", sagte er und starrte dabei auf seine Hände, die neben ihren immer noch auf dem Geländer lagen.

„Aber ich danke dir", sagte Lilli nach einer kurzen Pause. „Auch wenn ich den Abend äußerst unterhaltsam fand."

„Ich hätte nicht gedacht, dass du dich wirklich auf diesen Stuhl stellst", grinste er und sah sie nun das Erste Mal an.

„Ich auch nicht", kicherte sie. Dabei kräuselte sich ihre Nase wieder so niedlich und hin und wieder entfuhr ihr eine Art Grunzen, dass dem eines kleinen Ferkels zum Verwechseln ähnlich klang. Ace liebte dieses Geräusch. Es war wie Musik in seinen Ohren und sofort ging es ihm gut.

Er bemerkte erst, dass er sie beobachtet haben musste, als Lilli sich schnell von ihm wegdrehte.

„Dieser Balkon weckt Erinnerungen", flüsterte sie. Seinen Blick, der immer noch auf ihr lag, spürte sie dabei ganz genau. Sie wollte eigentlich nicht mit diesem Thema anfangen, am liebsten hätte sie es einfach begraben und in Frieden ruhen lassen, doch diese Atmosphäre ließ sie ungeplante Dinge tun. Verdammter Balkon!, fluchte sie erneut.

„Das kannst du wohl laut sagen...", antwortete er mindestens genauso leise, bevor auch Ace seinen Kopf wieder abwandte.

„Weißt du, ich bin froh, dass wir es endlich daraus geschafft haben! Das es uns gut geht und das wir endlich glücklich sein können." Doch aus einem ihm unbekannten Grund, kaufte er seiner Stiefschwester das aufgesetzte Lächeln nicht ab.

Familiensache (Ace X OC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt