Beim aussteigen kontrollierte ich mindestens dreimal, ob ich das Auto auch wirklich abgeschlossen hatte. Ehe ich in das wohlbekannte Mehrfamilienhaus eintrat. Viele Erinnerungen kamen hoch gute, sowie schlechte.Als ich damals neu eingezogen war, hatte ich manchmal mit Freunden bei mir gefeiert. Es waren schöne Wiedersehen und es war immer schön Menschen in meiner Wohnung zu haben.
Erst als meine Sucht anfing, brach mehr und mehr der Kontakt mit ihnen ab. Ich nahm es ihnen nicht übel. Ich war einfach immer unzuverlässiger geworden und ich schien alles um mich herum zu zerstören.
Selbst als ich Urlaub hatte bin ich nie wirklich weggefahren, sondern habe mich die Zeit einfach nur vollgesoffen. Wie konnte ich so leben? Wie konnte ich so leben, ohne zu merken, wie ich mir und meinem Umfeld damit schadete?
Warum hatte ich keine Hilfe angenommen? Warum hatte ich nicht auf meine Freunde gehört, als sie noch da waren? Warum hatte ich sie nie ernst genommen? Es war nicht verwunderlich, warum ich diese Wohnung hasste.
Ich entschied mich erstmal hoch zu meiner Wohnung zu gehen, bevor ich mir die Ladung Post angucken würde. Die könnte ich dann in Ruhe bei Ezra durchgehen.
Ich öffnete die Tür und schaute mich um. Es sah alles so aus, wie als ich es verlassen hatte. Ich schmiss mich auf mein Sofa und dachte ein bisschen an die letzten Jahre. Wie es wohl gewesen wäre, wenn ich nie mit dem Trinken angefangen hätte?
Ein Wunschdenken, ich konnte es nicht mehr rückgängig machen, so sehr ich es auch wollte. Ich hasste diese Wohnung, ich hasste einfach alles an ihr. Es war ein schrecklicher Ort. Am liebsten würde ich alles in ihr zerstören. Aber auch das würde nichts mehr ändern. Eine Träne lief mir über die Wange.
Irgendwann würde ein anderer Mensch hier wohnen, andere Erfahrungen machen und mein Leben wäre hier nicht mehr auffindbar, als sei ich nie hier gewesen. Es wäre alles weg und es könnte der schönste Ort für einen neuen Menschen werden. Wie komisch das Leben manchmal doch sein konnte.
Ich ging durch all meine Zimmer und sammelte noch ein paar Sachen, die ich mitnehmen wollte. Viel hatte ich nie gehabt, das Geld ging immer für Alkohol drauf. Vielleicht könnte ich einige Sachen noch weiterverkaufen oder spenden. Das würde ich allerdings ein ander Mal machen, ich wollte hier weg.
Ich brachte eine Tüte mit meinen Sachen runter in Ezras Auto und öffnete meinen Briefkasten. Tatsache, er war komplett überfüllt. Ich versuchte alles aufeinander zu stapeln und balancierte die gesamte Post auch ins Auto.
Ich setzte mich wieder und dachte noch ein wenig nach. Die Gegend war nicht die schlimmste. Wie wohl meine Nachbarn waren? Ich hatte mir nie die Zeit genommen sie kennenzulernen und ich glaubte, dass sie mir ab einer gewissen Zeit einfach aus dem Weg gegangen waren.
Ich startete den Motor und fuhr zurück zu Ezra. Das ganze lag in der Vergangenheit, ändern könnte ich jetzt auch nichts mehr. Es war ein Schmerz mit dem ich lernen musste umzugehen.
Ob ich den Weg zurück noch finden würde? Vielleicht hatte Ezra ja die Adresse gespeichert? An der nächsten roten Ampel durchforstete ich sein Navi, nichts. Ich musste also auf meine Intuition vertrauen, na toll.
Ich glaube ich hatte mich insgesamt fünfmal verfahren, aber jetzt stand ich endlich wieder vor diesem komischen Haus. Hoffentlich würde ich noch sein Büro wiederfinden. Ich sammelte meine ganze Post und machte mich auf den Weg.
Ich trat ein und ging in den Aufzug, gerade als sich die Tür schloss trat ein Fuß in die Tür. Dieser gehörte zu einem Mann, dessen Gesicht ich noch gut in Erinnerung hatte.
Es war der Mann der mir das letzte Mal den Cocktail gemacht hatte. Mein Magen drehte sich mindestens einmal um 180 Grad. Ich fing an zu schwitzen, warum hatte ich nicht die Treppen genommen...
„Ach, so sieht man sich also wieder!" lachte er fröhlich. Er war nicht Schuld an meinem Rückfall, keine Frage, aber seine aufdringliche Art und die Erinnerung an unser letztes Treffen ließen meine Knie schwach werden.
„Ja." lachte ich nervös. „Dachte schon man sieht dich nicht mehr wieder nach dem letzten Mal, aber Ezra scheint dich verschont zu haben. Glück gehabt!" sagte er und zwinkerte mir zu.
Ein wenig verwirrt guckte ich zurück. „Auch Ezra hat anscheinend einen weichen Kern, ich dachte eine Zeit lang er sei ein Roboter. Aber er ist hier aufgewachsen, er kennt es nicht anders." Ich nickte ein wenig verwirrt. Ezra ein Roboter? Ein Roboter wäre wohl das letzte was ich mit ihm gleichgesetzt hätte.
„So, ich bin auch schon da. Man sieht sich bestimmt nochmal." sagte ich und stolperte aus dem Aufzug. Der Mann winkte mir zum Abschied nur. Ich balancierte meine Post den Gang runter, bis ich die große Eichentür wieder fand und klopfte.
„Hallo, Ezra? Ich bin's! Kannst du mir aufmachen?" rief ich und wartete. Kurz darauf öffnete Ezra auch die Tür und grinste mich an. „Überlebt?" fragte er mich und nahm mir die Post ab.
Ich nickte hastig „Danke nochmal, das hat echt Spaß gemacht." gab ich zu. „Das dachte ich mir schon." lächelte der Größere. „Und wie ich sehe hast du deine ganze Post mitgebracht." sagte er und stellte sie aufs Sofa.
„Ja, da hat sich wohl ein wenig was angesammelt. Ich dachte ich geh das mal alles durch, während du noch arbeitest." erklärte ich und Ezra nickte zufrieden.
Wie so häufig nahm er mich fest in den Arm und roch zufrieden an meinen Haaren. „Ich hab dich vermisst." murmelte er. „Ich war doch nicht lange weg." sagte ich, aber das schien Ezra egal zu sein.
„Lang genug, sonst hätte ich dich nicht vermisst. Aber ich muss hier echt langsam fertig werden, sonst hab ich ein Problem." sagte er und ließ mich wieder los. Er setzte sich wieder an seinen Schreibtisch und war nach wenigen Sekunden wieder in seine Zettel vertieft.
Ein wenig belächelte ich ihn, bis ich mich meinen eigenen Papierstapel zuwendete. Das konnte ja heiter werden. Ich fing an alle Umschläge zu öffnen und sie ihrer Wichtigkeit nach zu ordnen. So könnte ich mir zumindest einen besseren Überblick verschaffen.
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Bitte nicht an die regelmäßigen Updates gewöhnen, ich hab sehr viel zutun in der letzten Zeit, hoffe ich kann es bald zu Ende bringen :)
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Ein Leben ohne Gesetze (BoyxBoy)
Short StoryMarlon ist Polizist und gerät eines Tages zufällig in eine Geiselübergabe. Dort trifft er auf einen gesuchten Schwerverbrecher, welcher ein gewisses Interesse an ihm pflegt. Gleichzeitig ist er einer der wenigen Menschen, die ihn selber nicht nur al...