33. Guten Morgen

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Am nächsten Morgen lag ich fest umschlossen in Ezras Arm. Als ich an gestern dachte, schoss mir die Hitze in den Kopf. Woher hatte ich bitte den Mut gesammelt so mit Ezra zu reden? Ich konnte ihm doch nicht einmal mehr in die Augen gucken...

Dann erinnerte ich mich allerdings an Vincent und die Aufregung verwandelte sich direkt in schlechte. Was wohl mit ihm passieren würde? Ob er wohl wieder aufgewacht war?

Da ich auf die Toilette musste, versuchte ich mich langsam aus Ezras Armen zu lösen, woraufhin er mich einfach näher an ihn ran zog. „Bleib hier." brummte er, „Ich muss auf die Toilette, danach komm ich doch wieder." erklärte ich ihm, daraufhin ließ er mich tatsächlich los.

Als ich auf der Toilette war, hörte ich immer noch keinen Mucks von Vincent, was mir ein wenig Sorgen bereitete. Sollte ich mal nachschauen gehen? Lieber nicht, das letzte Mal das er mich gesehen hatte, war nicht sonderlich angenehm gewesen.

Ich ging also zurück ins Schlafzimmer und da viel mir der Sonnenaufgang ins Auge, der mich umhaute. Ezra hatte nicht gelogen, als er meinte, dass die Aussicht besonders sei. „Kommst du?" hörte ich Ezra wieder brummen. Und ich dachte schon Ezra wäre ein Frühaufsteher, aber was soll's. Ich würde mich selber auch nicht als einen bezeichnen.

Als ich das Gesamtbild auf mich hatte wirken lassen, legte ich mich auch wieder zu Ezra, der sich zufrieden an mich ran kuschelte. Eine ganze Weile starrte ich noch aus dem Fenster, bis ich wieder eingeschlafen war.

Aufwachen taten sowohl ich, als auch Ezra durch ein lautes Scheppern. Wobei ich eher erschrocken und Ezra genervt war. „Ich schau eben nach." seufzte er und zog plötzlich aus seinem Nachttisch eine Maske und eine Waffe.

„Hast du die im ganzen Haus verteilt?" fragte ich ihn belustigt. Wäre ich nicht an den Anblick von Waffen gewöhnt, dann wäre ich wahrscheinlich komplett durchgedreht. So, war es allerdings eher nachvollziehbar für mich und ich wunderte mich auch nicht mehr.

„Natürlich." lachte Ezra, woraufhin ich nur mit dem Kopf schüttelte. Ich folgte Ezra zur Abstellkammer und als ich die Tür öffnete starrte uns ein verängstigter Vincent an. Seine Augen waren weit aufgerissen und er schaute sich panisch um.

„Guten Morgen." begrüßte Ezra ihn und kniete sich zu ihm runter. Er packte sein Gesicht und begutachtete für eine Weile seine Augen. „Scheint ausgenüchtert zu sein." stellte er fest und hob Vincent daraufhin hoch. Ezra musste wirklich stark sein, kein Wunder, dass Vincent gestern nach Ezras Schlag einfach umgefallen war.

Ezra brachte Vincent ins Wohnzimmer und legte ihn dort auf das Sofa, als wäre er ein kleines Kind. Danach verschwand er und ließ mich und Vincent alleine. „Was machst du hier? Arbeitest du für den!?" preschte Vincent direkt hervor.

Ich ließ mir die Frage eine Weile durch den Kopf gehen. Was machte ich hier? Ich konnte ihm darauf keine wirkliche Antwort geben. „Ich arbeite nicht für ihn." war das einzige was ich sagen konnte. „Dann hilf mir doch endlich!" Vincent schien die Situation nicht verstanden zu haben, aber das hätte ich wahrscheinlich auch nicht.

Was wohl passieren würde, wenn ich ihm helfen würde? Bringen würde es mir definitiv nichts. „Hättest du mich in Ruhe gelassen, dann wärst du jetzt nicht hier." sagte ich, wobei ich damit wahrscheinlich sogar recht hatte.

„Das- Das war doch nur ein Spaß! Marlon, du musst mir glauben! Bitte, hilf mir, dann lass ich dich auch in Ruhe, ja?" flehte er mich verzweifelt an. „Sei einfach ruhig und mach es nicht schlimmer, okay?" er sollte endlich die Klappe halten und mich nicht verwirren.

„Komm schon. Ich sag dem Geheimdienst, dass er dich gezwungen hat mit ihm zusammenzuarbeiten. Dann bist du aus der Sache raus, ja? Du musst einfach nur diese Fesseln lösen und dann können wir gehen." flennte er weiter. „Du gehst nirgendwo hin." lachte Ezra und packte Vincent wieder.

Es sah wirklich grob aus, wie er ihn packte, Vincent stöhnte sogar vor Schmerzen. „Kommst du bitte, Marlon." fragte Ezra mich und war plötzlich das genaue Gegenteil zu vor ein paar Sekunden. Zumindest bis er sich wieder zu Vincent wendete.

Draußen stand plötzlich ein Auto vor der Tür und Ezra schmiss Vincent einfach auf die Rückbank. Ich setzte mich auf den Beifahrerplatz und nachdem Ezra eingestiegen war, fuhr er direkt los.

War das wirklich richtig, was ich hier machte? Ich sah unsicher zu Ezra, der mir einen flüchtigen Blick zu warf. „Wohin fahren wir?" fragte ich vorsichtig. Er war deutlich gestresst und ich wollte ihn nicht noch weiter verärgern.

„Zu meinem Chef." knurrte er und legte seine Hand auf meinen Oberschenkel, aber statt sie sanft liegen zu lassen, knetete er gestresst auf ihm rum. „Wir haben schon wieder deine Pflaster nicht gewechselt." wechselte er plötzlich das Thema, vielleicht lenkte es ihn ja ab. „Durch gestern hab ich das total vergessen, tut mir leid." entschuldigte ich mich ziemlich schnell.

Auf Ezras Lippen bildete sich ein leichtes Grinsen, „Ist schon okay." sagte er. „Willst du mich verarschen!? Hast du mich etwa für ihn abserviert!?" rief Vincent plötzlich von hinten. Er wusste wohl wirklich nicht, wann Schluss war.

„Du bist doch verrückt! Ihr beide seid komplett durch!" brüllte er weiter, Ezra seufzte, versuchte ihn aber zu ignorieren. Mir fiel das allerdings viel schwerer und ich kämpfte mit dem Drang mich zu ihm umzudrehen.

„Marlon! Merkst du nicht, wie er mit dir macht was er will?!" warum hörte er nicht auf zu reden? In diesem Punkt hatte er nicht recht. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass es eher andersrum war. Aber das brauchte Vincent nicht zu wissen.

Ich hoffte, dass diese Fahrt bald ein Ende nehmen würde. Ich hatte Angst, dass ich anfangen würde zu glauben, was Vincent von sich gab. Hoffentlich würden wir bald da sein. Ich musste mich irgendwie beruhigen, nur wie?

„Man wird nach mir suchen, das wisst ihr oder?" kam es wieder von Vincent, seine Stimme wirkte viel verängstigter als vorher. Wahrscheinlich hatte er aufgegeben mich zu überzeugen. „Wer wird nach dir suchen? Wer wird dich vermissen?" fragte ich ihn und drehte mich endlich zu ihm um.

Ihm standen die Tränen in den Augen, keine Frage. „Dein Ex-Freund? Ganz sicher nicht. Soll ich dich daran erinnern, dass du arbeitslos bist? Also, sag mir, wer wird dich suchen kommen?" ich war so sauer, trotzdem blieb ich ruhig. Ich wollte keinen Gefühlsausbruch haben und Vincent sollte nicht sehen, dass er mich stresste.

Plötzlich spürte ich wie Ezras Hand höher gerutscht war. Ich drehte mich wieder zu ihm nach vorne. War das sein Ernst? Er fing wieder an meinen Oberschenkel zu massieren, nur befand er sich diesmal gefährlich nah an meinem Schritt.

Ein Leben ohne Gesetze (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt