24. Fragen kostet nichts

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Hat er mir gerade seine Liebe gestanden!? Wollte er etwa schon die ganze Zeit was von mir!? Wie konnte ich das nicht bemerken und warum hatte er das nicht vorher gesagt?

Ich schwieg für ganze 15 Minuten, wobei ich überrascht war, dass wir noch nicht angekommen waren. Ich hatte mich oft gefragt, was Ezra von uns wollte, doch jetzt eine direkte Antwort zu bekommen überforderte mich.

„Ist das dein Ernst?" fragte ich nach einer Weile, woraufhin er nur nickte. Kurz darauf fuhren wir eine kleine Einfahrt hoch und wir stiegen aus. Ezra nahm meine Tasche und zusammen gingen wir auf ein Haus zu.

Wir waren etwas abseits der Stadt, aber auch das Haus sah nicht sonderlich auffällig aus, bis auf die Überwachungskameras vielleicht. „Du wohnst hier?" fragte ich aufgeregt und schaute mich weiter um. Von außen sah es aus, wie ein Haus einer Kleinfamilie mit viel Geld, dennoch Mittelklasse.

„Es tut mir Leid, falls ich deine Erwartungen nicht ganz erfüllt habe, aber ich persönlich brauche keine Villa." sein ironischer Unterton war nicht zu überhören. „Ich hab es mir nur geheimnisvoller und versteckter vorgestellt." „Ich habe auch lange versteckt gewohnt, aber so ist es doch besser." ich nickte aufgeregt und wir gingen ins Haus.

Die Inneneinrichtung wirkte auf den ersten Blick sehr altmodisch. Trotzdem hatte es seinen eigenen Charm und ich konnte verstehen, dass man hier leben wollen würde.

Ezra führte mich ziemlich schnell in ein Gästezimmer, da er anscheinend gleich los zur Arbeit musste. „Ich habe einige deiner Sachen schon hierher gebracht, ich hoffe das ist okay für dich. Falls du noch was vermisst, dann können wir heute Abend zu dir fahren." „Wow, danke." meinte ich und schaute mich weiter begeistert um.

Vielleicht war es die Sehnsucht nach meinem Alltag, welche mich von diesem Haus so begeistert sein ließ. „Bitte mach niemandem die Tür auf und verlass auch erstmal nicht das Haus, okay? Es gibt gewisse Menschen, die sollten nicht sehen, dass jemand bei mir wohnt." erklärte er mir plötzlich, was bei mir ein mulmiges Gefühl hinterließ.

„Was? Wieso das denn? Sowas musst du mir doch vorher sagen!" meinte ich aufgebracht. „Dich wird schon niemand sehen. Ich hab für die nächste Zeit jemanden organisiert, der wird schon auf dich aufpassen." ein Babysitter oder was?

„Gibst du mir noch einen Kuss, dann bin ich weg?" fragte Ezra und kam völlig einsatzbereit auf mich zu. „Niemals! Du hast mir gerade total Angst gemacht! So leicht geht das nicht..." beschwerte ich mich, woraufhin er schmunzelte.

„Was muss ich denn für einen Kuss tun?" „Was weiß ich, so geht's auf jeden Fall nicht. Den musst du dir schon verdienen." quasselte ich aufgeregt weiter. „Vielleicht hab ich mir ja nach der Arbeit einen verdient." seufzte er und verließ wenig später das Haus.

Jetzt war ich alleine und total aufgeregt. Ich saß auf ‚meinem' Bett und wusste garnicht wohin mit mir. Ich entschied mich dafür das Haus zu durchforsten, Ezra hatte schließlich nicht gesagt, dass ich das nicht tun dürfte.

Ich musste allerdings echt aufpassen, dass ich mich nicht überlastete. Die Taille war aber auch eine lästige Stelle um angeschossen zu werden.

Zum Glück gab es keine zweite Etage, sonst müsste ich auch noch Treppen laufen, obwohl einen Dachboden sollte es schon geben oder? Sicherheitshalber wartete ich dafür lieber mal auf Ezra.

Der wollte mir sowieso schon wieder nicht aus dem Kopf gehen, weil er einen Kuss von mir wollte. Allein bei diesem Gedanken kam das Kribbeln von vor einigen Stunden zurück. Konnte sich mein Körper nicht unter Kontrolle halten?

Das Wohnzimmer war wirklich beeindruckend, die Couch war riesig und total bequem, weshalb ich mich eine Zeit lang drauf gelegt habe. Dabei musste ich feststellen, dass Ezra einen überdimensional großen Fernseher hat, den würde ich auf jeden Fall ausprobieren.

Der nächste Raum war mit großer Wahrscheinlichkeit Ezras Schlafzimmer, weshalb ich die Tür relativ schnell wieder schloss. Es war ein relativ dunkel Raum und beinhaltete nicht sonderlich viel Deko oder auch sonstige Möbel.

Ich brannte zwar förmlich vor Neugier, aber ich wusste nicht, ob Ezra auch innerhalb des Hauses Kameras hatte und ich sollte ihm auch seine Privatsphäre lassen.

Wie undankbar wäre es denn auch? Er lässt mich bei sich wohnen und ich wühle in seinen Sachen rum, so tief sollte ich nicht sinken. Ich ging wieder zurück und betrat das Esszimmer, durch einen offenen Durchgang war der Raum wahrscheinlich mit der Küche verbunden.

Das Esszimmer war nicht besonders auffällig eingerichtet. Im allgemeinen wirkte das Haus nicht allzu belebt, ganz im Gegenteil Ezra musste wohl ziemlich einsam hier sein.

Bevor ich in die Küche ging, setzte ich mich auf einen Stuhl, um eine Pause zu machen. Irgendwie hatte ich Mitleid mit Ezra, trotz der schönen Einrichtung spürte ich eine unangenehme Atmosphäre. Aber vielleicht lag das auch nur daran, dass ich hier fremd war.

Irgendwie verlor ich mich wieder in Gedanken über Ezra. Immer noch verspürte ich eine gewisse Aufregung gegenüber seiner Rückkehr.

Ich musste feststellen, dass ich jetzt an dem Punkt angekommen war, ab dem ich mir meinen Gefühlen im Klaren sein sollte. Es wäre leichtsinnig mich jetzt noch weiterhin treiben zu lassen, wenn ich wusste dass er etwas von mir wollte und ich auch noch bei ihm wohnte.

Ich sollte anerkennen, dass ich mich freute, wenn er wieder da sein würde und ich es sogar in Erwägung zog, ihn zu küssen. Aber gerade das ließ mich total unruhig werden.

Die ganze Zeit bekam ich ein schlechtes Gewissen wegen meiner Arbeit. Das machte mich wirklich sauer, ich wollte mich einfach auf Ezra konzentrieren, aber das Gefühl meine Kollegen zu hintergehen ließ mich nicht los.

Ich müsste endlich kündigen, selbst der Geheimdienst meldet sich seit meines
Unfalls nicht mehr bei mir. Gerade er gab mir das Gefühl nichts wert zu sein.

Bei Ezra war das einfach anders. Gerade der Gedanke, dass Ezra so einen weiten Weg gegangen ist, weil er Interesse an mir hat, ist unbeschreiblich. Es ist das genau Gegenteil zur meiner Arbeit.

Ich nahm mir vor Ezra heute zu küssen, wenn er wiederkommen würde, dann könnte ich für mich selber klarstellen, was alle meine Gefühle zu bedeuten hatten. Ich wollte ihn auch nicht enttäuschen, ich hoffte er würde auf mich warten.

Ich bekam immer mehr Stress und entschied mich in die Küche zu gehen, da ich sowieso Hunger hatte. Die Küche sah wirklich teuer aus, aber ich verschwendete kaum noch Gedanken daran.

Ich fing an die Schränke und Schubladen zu durchwühlen, mein Kopf schien so fokussiert darauf zu sein etwas ganz bestimmtes zu finden, dass ich kaum noch einen klaren Gedanken fassen konnte.

Irgendwann fand ich, was ich anscheinend gesucht hatte. Ich zog eine Flasche Wein aus einem der Schränke. Nichts stärkeres? Na gut, besser als nichts. Es waren die letzten Gedanken die ich fasste bevor ich die Flasche öffnete.

Warum hatte ich mich plötzlich nicht mehr unter Kontrolle? Es war, als wäre das alles hier garnicht real und ich hatte den Ausweg gefunden.

Ein Leben ohne Gesetze (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt