9. mein Fahrer

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Tatsächlich hatte mein Chef mir am Sonntag Nachmittag mitgeteilt, dass mich am Montag der Geheimdienst wieder abholen wollen würde.

Den restlichen Sonntag war ich joggen und habe danach getrunken. Natürlich war ich nicht stolz darauf, aber ich wusste nicht was ich hätte machen sollen.

Ich hatte gerade eine Ibuprofen genommen und wartete darauf, dass ich abgeholt werden würde. Wäre es nicht mittlerweile leichter, wenn man mir einfach die Adresse sagen könnte?

Wenig später klingelte es und ich schnappte meine Sachen, um zu meinem Fahrer zu gehen. Ich begrüßte ihn und setzte mich dann zu ihm ins Auto. Er schaltete mal wieder das Radio ein, um seine Ruhe zu haben.

Ob ich heute nochmal über das letzte Treffen von mir und Ezra reden musste? Ich hoffe nicht. Ich könnte vielleicht sagen, dass es mir nicht gut ging und ich deshalb Nachhause gegangen bin.

Bin ich blöd? Wer sollte mir das denn glauben? Aber was sollte ich denn sagen? Ich hatte was Zuhause vergessen und hab danach vergessen zurück zu kommen? Krankheit schien mir doch die bessere Option zu sein.

Komisch das sich niemand wirklich Sorgen um mich gemacht hatte. Ich war doch schließlich einfach so verschwunden. Ich hätte verletzt sein können oder sogar tot. Ich sollte mir mal wirklich Gedanken darüber machen, wie lange ich das noch mit machen möchte.

Wieder einmal wurde ich in den Verhör gebracht und ich fragte mich warum man sich nicht wie normale Menschen unterhalten konnte? Dort drin wartete aber nicht wie erwartet Frau Becker, sondern ein Mann ungefähr in meinem Alter.

„Ah! Hallo, sind Sie Herr Eiden?" begrüßte er mich und lächelte mich freundlich an. „Hallo, ja der bin ich. Und Sie sind?" „Ich springe für Frau Becker ein, da sie krank ist und eine Zeit lang ausfallen wird. Ich bin Vincent Fröhlich." stellte der Mann sich vor und ich setzte mich gegenüber von ihm hin.

Er stellte mir ein paar Fragen, um Lücken in seinem Wissen zu füllen. Ziemlich schnell fing er allerdings an über meine Gefühle gegenüber Ezra zu sprechen. Er fragte mich, ob ich Angst hatte oder es mir schwer viel mit ihm zu reden. Dabei versuchte er unauffällig meine Hand zu nehmen und hielt sie mit seinen beiden fest.

Kurz war ich verwirrt, doch als er mit seinem Daumen anfing über meinen Handrücken zu streicheln, zog ich meine Hand langsam wieder weg. Vincent schaute mich eine Zeit lang stumm an und fing dann an weiter über ‚Max' zu reden.

Was sollte das?

Vincent erzählte mir wirklich das gleiche, was auch schon Claudia erzählt hatte. Wieder einmal wurde ich gebeten einen Anzug zu tragen. Kam diese Bitte von Ezra? Danach wurde ich für den Tag entlassen und sollte Zuhause warten, bis man mich abholen würde.

Gerade als ich gehen wollte stoppte Vincent mich nochmals. „Warte mal kurz, hast du die Woche über schon was vor?" „Ähm nein, wieso?" „Magst du vielleicht mal mit mir essen gehen?" fragte er mich und ich stockte kurz. War das sein Ernst? Wir kannten uns seit 2 Stunden.

„Tut mir Leid, aber ich würde diese Beziehung gerne beruflich halten. Haben Sie noch einen schönen Tag." und damit verabschiedete ich mich recht zügig bei ihm. Ich rannte schon förmlich zurück zu meinem Fahrer und erst als ich eingestiegen war und wir wieder fuhren konnte ich wieder ausatmen.

Wie unangenehm... was sollte dieser doofe Blick am Ende? Und mit dem sollte ich jetzt eine Zeit lang zusammen arbeiten? Das kann ja mal was werden.

Als ich wieder Zuhause war, schmiss ich mich erstmal erschöpft auf mein Bett. Wo Ezra wohl heute mit mir hinwollte? Eigentlich würde ich gerne wieder essen gehen, aber ich wollte mich ja überraschen lassen.

Ich ging duschen und zog danach meinen Anzug an. Nachdem ich Parfüm aufgetragen hatte guckte ich etwas ratlos in den Spiegel. Sollte ich was mit meinen Haaren machen? Ich könnte versuchen sie nach hinten zu gelen. Einen Versuch war es wert.

So schlecht sah es nicht aus oder? Irgendwie war es doof, dass ich mich Ezra so offen zeigen musste und er sich hinter seiner Maske verstecken konnte. Während ich so in Gedanken war, klingelte es an der Tür. Ich schnappte also meine Sachen und machte mich auf den Weg nach unten, zu meinem Fahrer.

Wieder einmal grüßte ich ihn und wieder einmal stellte er das Radio ein. Ich seufzte und drehte mich zum Fenster. Warum waren die Menschen so abweisend im Geheimdienst, bis auf Vincent. Was war mit einer gesunden Mitte?

Entgegen meiner Erwartungen drehte mein Fahrer nach 15 Minuten das Radio leise. „Sie geben sich wirklich viel Mühe, wenn sie sich mit ihm treffen." stellte er fest. Überrascht drehte ich mich zu ihm.

„Naja, letztes Mal war ich in einem so teuren Restaurant, da hab ich mich doch was unwohl gefühlt, wissen Sie? Ich hatte schon Angst das man mich als normal Sterblicher nicht einmal reinlassen würde." „Alle Menschen sterben einmal." meinte mein Fahrer und ich kratzte mich verlegen am Hinterkopf.

„Natürlich, aber sie sind so anders als ich. Ich will nicht, dass man sich über mich lustig macht." gab ich kleinlaut zu. Warum unterhielten wir uns überhaupt hierüber? Was hatten ihn schon meine Minderwertigkeitskomplexe zu interessieren?

„Lassen Sie sich von sowas nicht unterkriegen. Ich war eine Zeit lang Taxifahrer und hatte gelegentlich auch Fahrgäste, die eine höhere Summe an Geld besaßen, als ich jemals in meinem Leben verdienen könnte." fing der ältere Mann an zu erzählen.

Warum war er plötzlich so gesprächig? „Sie können übrigens ruhig du zu mir sagen." bot ich dem Mann höflichkeitshalber an und er nickte. „Ich heiße übrigens Richard. Was ich sagen wollte, unter diesen ganzen Arschlöchern gibt es auch wirklich nette Menschen. Den einen steigt das Geld zu Kopf und die anderen sind noch genauso bodenständig wie vorher auch. Aber im Endeffekt trägst du wahrscheinlich mehr für die Gesellschaft bei als die meisten anderen." versuchte er mich aufzumuntern.

Ich war überrascht darüber, dass er sich mir vorgestellt hat und sich anscheinend ein wenig für mich interessierte. Es war wirklich angenehm im zuzuhören. Allerdings fragte ich mich warum er plötzlich mit mir redete.

„Taxifahrer stell ich mir aber auch sehr stressig manchmal vor, oder?" „Bestimmt, aber ich hab in meiner Zeit auch sehr viele interessante Menschen kennengelernt, weißt du? Und da sind wir. Ich wünsche dir viel Glück." und damit beendete Richard das Gespräch und ließ mich aussteigen.

Ein Leben ohne Gesetze (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt