21. geben und nehmen

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„Bist du der Freund von dem die Ärztin gesprochen hat?" fragte ich und schaute ihn herausfordernd an. „Naja..." setzte Ezra an und wich meinem Blick aus.

„Ich dachte dann könntest du früher entlassen werden." „Lüg mich nicht an!" Ezra seufzte und kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

„Ich dachte es wäre gut, wenn ich mich um dich kümmern würde, wenn du entlassen wirst." erklärte er mir und griff vorsichtig nach meiner Hand. „Und warum dachtest du, dass das eine gute Idee ist? Soll ich bei dir wohnen oder was?" fragte ich ihn. Wie stellte er sich das bitte vor?

Ezra fing an meine Hand bis in die Fingerspitzen zu massieren, sein Blick wiederum festigte sich. „Ich werde nicht zulassen, dass dich nochmal jemand verletzt." sagte er, daraufhin entspannte sich sein Gesicht wieder.

„Du machst mir Angst." „Tut mir Leid, ich hab mir nur so Sorgen um dich gemacht. Ich will dich nicht nochmal so sehen. Bitte lass mich, mich um dich kümmern." er fuhr mit seinen Lippen vorsichtig über meine Hand, ehe er kleine Küsse auf ihr verteilte.

„Du denkst du kannst mich so leicht überzeugen?" fragte ich, damit er nicht merkte wie sehr es mir eigentlich gefiel. „Bitte." schnurrte er und ließ plötzlich seine Zunge über meine Hand fahren.

„Okay, okay, ist ja schon gut, jetzt hör endlich auf." preschte ich hervor, das wurde mir viel zu unangenehm. „Danke... ich komm sofort wieder." sagte Ezra und verließ den Raum.

Was sollte das gerade? Ich wollte Ezra zeigen, dass ich stark war und stattdessen ließ ich mich innerhalb weniger Sekunden überreden, dass er sich um mich kümmern dürfe. Warum war er eigentlich der, der darum bettelte? Ich wischte seinen Speichel von meiner Hand, warum hatte mir das nochmal gefallen?

Die Tür ging auf und Ezra kam wieder herein. „Magst du was spazieren gehen? Die Pflegerin meinte es sei okay. Solang du vorsichtig bist und mir Bescheid sagst, wenn es zu viel wird." fragte er mich und lächelte zufrieden. Wahrscheinlich war er immer noch stolz über seinen Triumph.

Ich willigte ein und stand langsam auf. Gerade jetzt könnte ich ihm zeigen, dass ich auf seine Hilfe garnicht angewiesen war und er mich nicht immer bemuttern musste.

„Soll ich dich stützen?" fragte er, aber ich lehnte ab. Wir gingen raus in den kleinen Park, welchen ich vom Fenster aus bereits gesehen hatte. Wobei ich wirklich langsam war und Ezra ständig auf mich warten musste.

Irgendwie tat es mehr weh als gedacht. Diese vielen Bewegungen fühlten sich nicht gut an und irgendwie bereitete es mir Sorgen.

Trotzdem wollte ich nicht aufhören, ich schob diese Gedanken beiseite und konzentrierte mich auf das Laufen. Ezra beobachtete mich genauestens dabei und fragte mich ständig, ob ich irgendwelche Schmerzen hatte.

Irgendwann war ich an einem Punkt, ab dem ich die Schmerzen nicht mehr ignorieren konnte. Mit jedem Schritt wurden sie mehr und ich wurde immer langsamer.

„Sollen wir wieder zurück?" fragte Ezra mich und wollte mir zu Hilfe kommen. „Nein, ich schaff das!" meinte ich und hielt ihn davon auf, mir näher zu kommen.

Als ich den nächsten Schritt vorwärts ging, schoss der Schmerz einmal durch meinen ganzen Bauch, mir wurde schwarz vor Augen und ich sackte zusammen.

Ezra hob mich stumm auf und ging zurück zu meiner Station. War er sauer? Bestimmt, wer wäre es nicht? Warum musste gerade ich es drauf ankommen lassen? Ich ließ mich von Ezra einfach tragen, viel zu groß war die Angst etwas falsches zu sagen. Aber auch die Schmerzen waren nicht gerade angenehm und ich hatte total Kopfschmerzen bekommen.

Auf der Station sagte er einer Krankenpflegerin Bescheid und brachte mich in der Zeit auf mein Zimmer. Er zog mein Tshirt aus und man sah, dass Blut durch den Verband an meiner Taille geweicht war.

Direkt kam eine Krankenpflegerin und fragte, wie das überhaupt passieren konnte. Ezra zuckte mit den Schultern und fixierte lieber mein Gesicht und ließ mich unwohl fühlen. Hatte ich übertrieben?

Sie wechselte schnell meinen Verband, erklärte uns aber, dass es nicht weiter schlimm seie und ich nächstes Mal besser aufpassen müsste. Ich bedankte mich bei ihr und sie verschwand wieder.

„Was sollte das?" fragte Ezra mich und schaute mich böse an. Es bildete sich ein Klos in meinem Hals, ich hatte Angst vor ihm. Er kümmerte sich so sehr um mich und ich hatte nichts besseres zutun als meinen Heilungsprozess in die Länge zu ziehen.

Ezra schaute mich ungeduldig an, während ich immer noch nach einer Antwort suchte. „Ich möchte nicht, dass du die ganze Zeit denkst das ich schwach bin." flüsterte ich und Ezras Blick verwandelte sich in einen deutlich verwirrten.

„Wie kommst du darauf?" fragte er vorsichtig. „Erst hilfst du mir mit meiner Sucht und jetzt im Krankenhaus. Ich fühl mich wie ein Kleinkind, was nichts hinbekommt." ich musste aufpassen, dass ich nicht anfing zu weinen.

„Du weißt, dass das nicht wahr ist, Marlon! Ich bin nicht hergekommen damit du dich schlecht fühlst. Ich kann mich bei dir manchmal einfach nicht im Zaun halten. Du bist sehr stark, ich weiß nur nicht, wie ich dir das vermitteln soll. Was soll ich deiner Meinung nach tun?" überlegte Ezra und versuchte seine Aussage so vorsichtig wie möglich zu formulieren.

Auch ich überlegte eine Zeit lang, was ich wollte. „Treff keine Entschuldigung für mich, red wenigstens vorher mit mir." Ezra nickte.

„Ich wollte dich damit wirklich nicht verletzen." seufzte Ezra und schien sich immer mehr unwohl zu fühlen, weshalb ich vorsichtig nach seiner Hand griff. „Erzähl mir was über deine Arbeit." wechselte ich das Thema und Ezra nickte geschlagen.

Er wusste, dass er meinen Fragen nicht mehr ausweichen sollte und wahrscheinlich fühlte er sich immer noch schlecht, wegen gerade.

„Es ist ein bisschen kompliziert zu erklären... Diese Organisation in der ich arbeite kümmert sich um sehr viele verschiedene Sachen. Anfangs hab ich eher reichen Leuten das Geld aus der Tasche gezogen, hab bei diversen Übergaben geholfen und allem. Mittlerweile bin ich der, der die Menschen quasi rumkommandiert. Ich treffe also die Entscheidungen, aktuell übernehme ich häufig den Part, dass ich darauf achte, dass bei verschiedenen Aktionen nicht die Polizei ins Spiel kommt, wenn wir sie nicht brauchen." erklärte er. Ezra wählte seine Worte mit sehr viel Bedacht, um möglichst wenig zu verraten.

„Ist was bequemer, weißt du?" ich nickte. Ich wusste garnicht wie ich reagieren sollte. „Also hattest du auch dafür gesorgt, dass die Polizei damals zur Fabrik gerufen wurde? Oder auf euch aufmerksam gemacht?" irgendwie fand ich es spannender, als ich wahrscheinlich sollte.

Ezra nickte „Aber wir haben uns nur durch Zufall getroffen, oder?" fragte ich weiter. „Das sowieso." „Und warum hattest du dann direkt Interesse an mir?" wenn er mich doch erst da kannte, warum wollte er dann direkt Kontakt zu mir?

Ein Leben ohne Gesetze (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt