28: Rettung schützt vor Strafe nicht

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Die Spionin war eine Mücke! Ich musste Mr. Blackheart warnen! Doch dann fiel mir ein, dass er es höchstwahrscheinlich schon wusste.
Sorg einfach dafür, dass er morgen gegen halb acht – wenn alle mit dem Frühstück abgelenkt sind – unten im Materiallager ist!, hallte es in meinem Kopf nach. Das waren Klatschs Worte gewesen. Mir war klar, dass sie irgendetwas mit unserem Schulleiter vorhatten. Und ich durfte auf keinen Fall zulassen, dass er dort hinging! Aber wie sollte ich es verhindern? Wenn ich ihm sagte, was ich gehört hatte, würden Jump und Klatsch es sicher mitkriegen. Und dann war da noch dieser Brand, den ich gar nicht erst kennenlernen wollte.
Aber ich musste handeln. Und zwar schnell. Es war mittlerweile schon zwei Uhr in der Nacht. Ich hatte noch sechs Stunden. In dieser Zeit würde ich mir einen Plan ausdenken, Schlafen, rechtzeitig aufstehen und alles vorbereiten müssen. Moment... Vorbereiten?
Vor meinem inneren Auge tauchte eine Szene von mir und Nele auf, als wir uns mal früh Morgens an Deck geschlichen hatten. Mir wurde ganz schwer ums Herz, als ich sah, wie nah wir uns gestanden hatten. Doch der entscheidende Punkt war, dass ich nun endlich wusste, was ich machen könnte.

Und so stand ich um Punkt 7:56Uhr vor der großen Treppe in der Aula. Jeden Moment würde Mr. Blackheart aus seinem Büro kommen, um zum Frühstück zu gehen. Dann würden ihn die Erpresser irgendwie in den Keller umleiten. Ich hatte von dort unten noch keine Anzeichen für Eindringlinge wahrgenommen, trotzdem musste das hier funktionieren. Es musste einfach. Die Minuten fühlten sich an wie Stunden. Ich schwitzte vor Aufregung.
Endlich hörte ich das Geräusch einer aufgehenden Tür. Ich schloss die Augen, nahm all meinen Mut zusammen. Noch konnte ich aufgeben. Schritte ertönten. Es war die mieseste Idee, die ich jeh gehabt hatte. Und dennoch stemmte ich mich mit all meiner Kraft gegen einen der großen Blumenkübel neben dem Haupteingang. Jetzt gab es kein Zurück mehr, ich fühlte mich wie ferngesteuert. Es kam mir vor, als wäre alles ganz weit weg. Erst bewegte sich der Kübel nicht, doch dann fing er an zu kippen. Immer weiter und weiter – und dann krachte es. Der massive Tonkübel zersprang in große Scherben. Die Schritte beschleunigten sich. Ich schnappte mir die größte Scherbe, die ich finden konnte. Dann stürmte Mr. Blackheart um die Ecke. Ich sah ihn an, wie er wie erstarrt stehen blieb und die Trümmer und Erde um mich herum anstarrte. Dann hob ich die Hand und warf ihm das Stück entgegen. Natürlich hatte ich nicht fest genug geworfen, um ihn nicht wirklich zu treffen. Doch als die Scherbe auf dem Boden aufkam, wusste ich, dass es hier gleich gewaltigen Ärger für mich geben würde. Also stürzte ich zur Bühne, bloß weg von den Treppen.
„BLEIB SOFORT STEHEN!!!", donnerte Mr. Blackheart. Ich hörte, wie eine Jacke zu Boden rauschte, und war mir sicher, dass er sich verwandelt hatte. Ich riss die Hintertür der Bühne auf und sprintete nach draußen. Ab in den Wald! Ich hörte ein Knurren hinter mir, so unfassbar nahe. Meine Instinkte übernahmen die Kontrolle und ich warf mich zur Seite. Mr. Blackheart sprang an mir vorbei. Ich wartete nicht, bis er sich wieder umdrehte, sondern raste in die andere Richtung weiter. Mein inneres Zeitgefühl sagte mir, dass es inzwischen schon nach acht war. Aber am besten, ich hielt den Schulleiter so lange auf, wie ich konnte, mindestens noch eine Viertelstunde.
»Bleib sofort stehen – es würde deine Strafe extrem mildern, wenn du zu einer Erklärung bereit wärst!«, grollte er hinter mir. Es klang verlockend. Und ich spürte langsam, wie mir die Energie ausging. Doch ich durfte nicht aufgeben. Es war viel zu gefährlich, jetzt in die Aula zurückzukehren. Die Erpresser waren inzwischen sicher hochgekommen, um zu sehen, wo ihr Opfer blieb. Wir konnten jetzt nicht zurück. Also schlug ich einen Haken und wechselte abermals die Richtung. Mr Blackheart schimpfte in Gedanken auf mich ein, doch ich blendete es so gut ich konnte aus. Ich wusste, wo ich hinmusste. Und als ich wenige Schritte später auf den kalten Felsboden der Klippen trat, schien Mr. Blackheart sofort anzuhalten.
»Sky! Bleib stehen!«, gellte seine Stimme durch meinen Kopf, so erschrocken und voller Angst, dass ich tatsächlich gehorchte. Langsam drehte ich mich um und starrte den großen schwarzen Wolf an, der am Waldrand stand und sich keinen Millimeter mehr rührte. Seine Augen waren schreckgeweitet und beinahe fing ich an zu kichern, weil er offensichtlich vergessen hatte, was ich in zweiter Gestalt war. Ich konnte ich problemlos von der Klippe stürzen – aber dann würde Mr. Blackheart wahrscheinlich einen Nervenzusammenbruch kriegen. War das sein Ziel? Das ich mich schuldig fühlte, in so erschreckt zu haben? Egal.
»Sky, bitte. Sag mir einfach, was da los war!«, bat mich seine tiefe Stimme. Ich antwortete ebenfalls in Gedanken.
»Ich... hab nur...« Kurz dachte darüber nach, ihm die Wahrheit zu sagen, doch dann verkündete ich laut: „Das ist nichts Schlimmes! War doch lustig!" Mr. Blackheart entfuhr ein Knurren.
»Ihr Windwalker glaubt, ihr könntet machen, was ihr wollt!«, rief er. Das sah definitiv nach Ärger aus. Zeit, meine Klippen-Karte auszuspielen!
„Können wir das etwa nicht?", fragte ich um trat demonstrativ einen Schritt zurück – auf die Klippe zu.
»Oh nein, du bleibst schön hier!«, befahl mir der Schulleiter. Ich grinste.
„Wo ich bestraft, zum Einhalten irgendwelcher Regeln gezwungen und als Windwalker beleidigt werde?!", fragte ich und wollte noch einen Schritt rückwärts gehen. Doch unter meinem Fuß war nichts mehr. Ich trat in die Luft, japste erschrocken auf und ruderte mit den Armen. Im selben Moment wurde mir klar, dass ich als Adler in meinem dicken Pullover stecken bleiben würde. Doch ich konnte das Gleichgewicht nicht mehr halten und kippte nach hinten.
Doch irgendwas hielt mich auf und riss mich zurück auf festen Boden. Ich stolperte und stürzte. Als ich aufblickte, schwebte ein großer, schwarzer Wolfskopf über mir.
»Das war das Dümmste, was du hättest tun können.«, schimpfte er mich. Ich schluckte.
„Danke", murmelte ich, rappelte mich hoch... und merkte, dass er sich in mein T-Shirt verbissen hatte.
»Wir gehen jetzt zurück zur Schule!«, beschloss er in einem Ton, der keinen Wiederspruch duldete. Und da ich wusste, dass es mittlerweile mindestens 8:15Uhr war willigte ich ein. Um die Zeit liefen die Lehrer im Schulhaus herum, die Erpresser mussten also schon wieder weg sein, wenn sie nicht entdeckt werden wollten. Ich hatte eh keine Chance, so, wie der große schwarze Wolf mein Shirt festhielt. Auch, wenn er gerade ein Tier war, fühlte ich mich, als würde ich von der Polizei abgeführt werden. Erst recht, als wir wieder an der Schule ankamen und Mr. Blackheart einen Fernruf ausstieß.
»Mrs. Shygirl? Entschuldigen sie Sky für die erste Schulstunde und sorgen sie bitte dafür, mich in meinem Büro niemand stört!« Dieser Fernruf war so laut gewesen, sicherlich hatten ihn auch einige Schüler gehört. Ich spürte, wie ich rot anlief, als er mich durch den Haupteingang in die Aula zerrte. Ich ließ mir eine Sekunde Zeit, um nachzusehen, ob irgendwer außer uns hier war. Doch ich sah niemanden. Mr. Blackheart wusste natürlich nichts von den Spionen und zog mich zu seinem Büro.
»Mach mir bitte die Tür auf.«, bat er mich und da ich keinen Sinn mehr darin sah, mich zu wehren, gehorchte ich. Mr. Blackheart ließ mich los und stieß mich mehr oder weniger ins Zimmer.
»Setz dich. Ich bin gleich wieder da. Und glaub ja nicht, du könntest wieder abhauen.« Sein Knurren reichte, um mich einzuschüchtern. Aber das hatte ich ja eh eingeplant. Ich würde wahrscheinlich eine Verwarnung bekommen, zusammen mit einem wirklich unangenehmen Vortrag. Aber das hatte ich riskieren müssen. Ich hoffte nur, dass der Schulleiter nicht zu sauer auf mich war.
Aber als er als Mensch das Büro betrat, wusste ich, dass jede Hoffnung vergebens war. Es hätte mich nicht sonderlich überraschen sollen – immerhin hatte ich einen Blumenkübel zerstört und ihn mit Scherben beworfen!
„Also. Was sollte das? Und sag ja nicht, du wüsstest nicht, wovon ich spreche!", meinte er. Ich atmete tief durch und stellte mich mental darauf ein, mein Bestes Es-tut-mir-so-leid-Gesicht aufzusetzen.
„Ich weiß auch nicht... Das mit diesem Blumenkübel tut mir wirklich...", setzte ich an.
„Es geht nicht um den Blumenkübel! Du hast versucht, mich aus irgendeinem Grund wegzulocken. Und die Tatsache, dass du offensichtlich eine gute Entschuldigung vorbereitet hast, zeigt, dass du wusstest, dass du Ärger bekommen würdest. Also? Was ist hier los?", wollte er wissen und sah mich so eindringlich an, dass ich schon das Gefühl hatte, er wolle meine Gedanken lesen. Ich schwieg und erwiderte seinen Blick, in der Hoffnung, er würde es tatsächlich tun und ich müsste nichts mehr erklären. Doch dann lies er sich erschöpft auf seinen Stuhl zurücksinken.
„Ich...", setzte mich an, doch ich hatte keine Ahnung, wie ich den Satz zu Ende bringen sollte. Also verstummte ich wieder. Doch ich musste es unserem Schulleiter irgendwie sagen. Also ließ ich mir ein paar Federn an den Armen wachsen, in dem Wissen, dass sie von meinem Shirt bedeckt werden würden.
»Kann man Gedankensprache belauschen?«, hauchte ich dem Schulleiter zu. Mr. Blackheart fixierte mich.
»Nicht, wenn wir leise genug flüstern. So schlimm?«, wollte er wissen.
»Naja. Ich... hab gestern gehört, dass irgendwer sie in den Keller lotsen wollte. Also dachte ich mir, ich locke sie weg, damit es nicht so weit kommt.«, versuchte ich, mich zu erklären. Das klang dämlich, als würde ich nur einer Strafe entgehen wollen. Als würde ich einen schlechten Film zusammenfassen. Wahrscheinlich konnte ich mich schon mal auf ein „was für dämliche Ausreden" oder „klar, das ich nicht lache" einstellen. Doch Mr. Blackheart sagte nichts dergleichen.
»Nun. Wenn das so ist... hast du mir einiges zu erzählen.«, stellte er fest. Ich sah ihm nicht in die Augen.
»Nein. Das kann ich nicht. Ich weiß nicht mal, vom wem ich das gehört habe.«, murmelte ich. Ich wusste, dass es die schlechteste Antwort war, die ich hätte geben können. Doch ich... vertraute ihm nicht. Zumindest nicht genug, um ihm das alles zu erzählen.
„Nun gut. Wenn du schweigen willst, kannst du das ebenso gut die nächsten drei Tage beim Nachsitzen tun.", eröffnete mir der Schulleiter, nun wieder mit seiner normalen Stimme.
Und nicht nur, um möglichen Feinden dieses Gespräch zu verschweigen., fügte er in Gedanken hinzu.
„Außerdem", fuhr er wieder mit seiner normalen Stimme fort, „solltest du jetzt lieber schnellstmöglich in den Unterricht gehen. Bevor ich mir noch was anderes überlege!" Ich nickte nur, stand auf und verschwand, so schnell es ging. In Musik brauchte ich gar nicht mehr aufzutauchen, also beschloss ich, die letzten zehn Minuten bis zur nächsten Stunde zu warten. Als nächstes hatten wir Physik, was echt kein Spaß war. In Kampf und Überleben war ich einfach nur froh, dass Mr. Blackheart das Ganze den anderen gegenüber nicht erwähnte.
Doch nach der letzten Stunde – Spanisch bei Mr. Jolly, der Horror! – konnte ich nicht mit den anderen zum Mittagessen. Ich fühlte mich, als würde mir eine dunkle Regenwolke überall hin folgen, als ich zum Klassenzimmer 1 trottete. Ich hielt den Blick gesenkt, daher wusste ich nicht, ob mich jemand beobachtete oder so. War ja eh egal. Wahrscheinlich wusste ohnehin die ganze Schule, dass ich in Mr. Blackhearts Büro gewesen war.
Das Nachsitzen war sogar noch schlimmer als ich gedacht hatte. Hauptsächlich weil auch Victor da war. Er hatte sich hinter mich gesetzt und trat die ganze Zeit nach meinem Stuhl. Das war nicht das größte Problem, aber ich wusste, dass er Avery erzählen würde, dass ich auch da gewesen war. Und dann würden die Spekulationen losgehen und die Windwalker mich noch mehr hassen. Vielleicht konnten sie es so hinstellen, als wäre ich eine Gefahr, und Mr. Blackheart davon überzeugen, mich der Schule zu verweisen? Nein, er wusste, was los war. Zumindest ungefähr.

Als das Nachsitzen endlich beendet war, war ich der erste, der aus dem Klassenzimmer rannte, die Treppe hochschoss und mich in der Mensa aufs Buffet stürzte. Zum Glück ließ Mrs. Twenty das Essen immer noch ein paar Stunden lang stehen, falls noch jemand Hunger hatte. Meiner Meinung nach war das genug Aufregung für heute gewesen. Doch kaum war ich wieder ein Stockwerk weiter unten, hörte ich ein Rumpeln und ein Japsen. Wie erstarrt blieb ich stehen. Das kam aus einem der Klassenzimmer! Waren das diese Insekten-Leute?! Ich schlich vorsichtig näher... und erstarrte, als ich die schneidend scharfe, eiskalte Stimme hörte, die durch die Luft schnitt.
„Du bist es nicht wert, eine Windwalkerin zu sein!", keifte Avery. Ein Poltern ertönte und jemand stieß ein erschrockenes Japsen aus. Mir lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. War das...? Ohne nachzudenken sprang ich um die Ecke und erfasste mit einem Blick, was da drinnen los war.
Avery stand mitten im Zimmer, die Arme verschränkt. Sie wandte mir den Rücken zu, neben ihr standen noch Nicola, Vera, Leni und Shiva. Außerdem verdeckten Victor und Vincent den Blick auf jemanden, der scheinbar zwischen zwei umgefallenen Stühlen saß. Als sie zur Seite traten, spürte ich, wie riesige Hände meine Brust zusammenquetschten. Dort saß Yuna, sie war offensichtlich geschubst worden. Sie rappelte sich langsam wieder auf und versuchte, ein paar Schritte zurückzutreten. Doch Vincent rückte sofort nach und packte sie am Arm.
„Denkst du echt, du kommst für diesen Verrat so leicht davon?", fauchte Avery. Yuna biss sich auf die Lippe und versuchte, sich loszureißen, doch ohne Erfolg.
„Du wirst dich dafür entschuldigen müssen. Erst die Sache beim Essen und dann erzählt mir jemand, du hättest offensichtlich mit Sky rumgeschmust. Das ist das Widerlichste, was ich jeh gehört habe!", schrie Avery.
Victor holte aus, um Yuna eine Ohrfeige zu verpassen. Plötzlich sah ich rot. Ich sprang ins Zimmer, rammte Avery zur Seite - woraufhin sie erfreulich schrill quiekte - und riss Victor nach hinten.
„Lass sie gefälligst in Ruhe!", brüllte ich und stellte mich neben Yuna. Eine Sekunde lang war alles still. Dann stürzte sich Victor auf mich. Ich bekam einen Faustschlag in den Magen und gleichzeitig einen Hieb dann die Stirn, der mich Sternchen sehen ließ. Mit einem „Uff" taumelte ich rückwärts. Doch dann sah ich, wie Victors flache Hand auf Yunas Wange knallte. Sie kiekste auf und ihre Hände schossen zu der Stelle. Da ging die Wut mit mir durch. Ich sprang nach vorn und rammte Victor die Faust gegen die Brust. Vincent sprang zurück und schien nicht ganz zu wissen, was er tun sollte.
„Du hast sie geschlagen!!!", schrie ich und hieb blindlings auf Victor ein. Ich trat um mich, wurde von seinen Schlägen getroffen, wieder und wieder. Ins Gesicht, in den Magen, an der Schulter, doch ich achtete nicht darauf. Irgendwann merkte ich, wie Victor sich aufrappelte. Auch ich sprang auf die Füße und verpasste ihm noch den ein oder andern Schlag, bevor er sich schließlich ganz außer Atem zurückzog. Doch meine Wut war noch nicht verebbt.
„DU!", keifte ich und spürte, wie meine Spucke Tröpfchen durch die Luft flogen. Mit einem Schritt stand ich so dicht vor Avery, dass ich ihren Atem in meinem Gesicht spürte. Ich baute mich zu meiner vollen Größe auf.
„Du bist schrecklich! Sieh dir an, was du getan hast! Hast du keine Seele?!", schrie ich sie an. Avery folgte meiner Armbewegung und warf einen raschen Blick auf Yuna, die sich noch immer die Wange hielt und kurz davor war, in Tränen auszubrechen. Kurz meinte ich, Schuldgefühle in Averys Augen aufsteigen zu sehen, doch dann schluckte sie sie scheinbar wieder runter.
„Ich tue, was ich tun muss, um meinen Leuten die Regeln zu erklären. Ist es nicht so, Yuna?" Ihre letzten Worte hatten etwas Bedrohliches. Yuna sagte nichts dazu.
„Du bist ein Monster!", brüllte ich und meine Hand schnellte nach vorne. Avery stieß einen erstickten laut aus und starrte mich mit aufgerissenen Augen und offenem Mund an. Langsam fuhr ihre Hand zu der Stelle, an der ich sie geschlagen hatte, genau wie bei Yuna. Sie schien sprachlos zu sein und sah mich nur noch entsetzt an.
„Komm. Wir gehen.", wandte ich mich an Yuna, nahm ihre Hand und zog sie mit mir nach draußen. Ich schloss die Tür hinter uns.
„Warum kann ich mich nie selbst gegen sie wehren?", murmelte das Falken-Mädchen.
„Aber du...", ich wollte ihr antworten, doch dann fiel mir etwas auf.
„Halt mal - Nie? Ist das schon öfter passiert?" Yuna riss sich von mir los und vergrub das Gesicht in den Händen.
„Bitte - lass mich damit ihn Ruhe!", klang es dumpf zu mir heraus.
„Okay. Aber..., wenn du darüber reden willst... ich bin immer für dich da, ja?", murmelte ich, als ich sie in die Arme schloss. Sie umarmte mich zurück und nickte.
„Danke, Sky.", murmelte sie.
„Natürlich. Wenn sie sowas nochmal machen, ruf nach mir", bot ich an und auch drauf antwortete sie mit einem Nicken.
Danach verschwand sie in Richtung Hütten. Als ich ebenfalls in meinem Zimmer saß, wurde mir plötzlich klar, dass ich gerade AVERY geschlagen hatte. Was würde sie jetzt wohl tun? Ich konnte mir sicher sein, dass sie sich rächen würde - sie hasste mich mit jedem dieser Vorfälle mehr. Und doch hatte ich keine Angst mehr davor. Klar, das alles hatte unser Verhältnis definitiv nicht verbessert. Aber ich hatte mich allein gegen Victor behauptet - den schlimmsten Schläger der klasse. Und ich hatte das Richtige getan.
Und mit diesem Gedanken hockte ich mich an den Schreibtisch, um mir die jüngsten Ereignissen zu notieren und zu überlegen, was ich als nächstes tun würde.
Denn eins war mir heute klar geworden: Ich WOLLTE mich wehren. Genauso gegen Avery wie gegen diese Erpresser. Und das würde ich auch tun. Bald. Sehr bald.

Windwalkers - Der Ruf des MeeresWo Geschichten leben. Entdecke jetzt