Kapitel 6

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Der Morgen nach Jimin's Albträumen war grau und neblig. Die Sonnenstrahlen, die durch die dichte Wolkendecke drangen, vermochten nicht viel Wärme zu spenden. Jimin fühlte sich erschöpft und leer, und die Schatten der vergangenen Nacht schienen ihn den ganzen Tag über zu verfolgen. Seine Schritte waren schwer und sein Blick verloren.

Als er sich zum Frühstück gesellte, war er auffallend still. Er nahm eine kleine Portion Essen und setzte sich an den Rand des Feuerkreises, wo er geduldig darauf wartete, dass die anderen Mitglieder des Rudels ihre Mahlzeiten einnahmen und ihre Gespräche führten. Die angespannte Stille um ihn herum war fast greifbar, und Jimin versuchte, sich so wenig wie möglich in den Mittelpunkt zu stellen.

Jungkook bemerkte Jimin's gedrückte Stimmung schnell. Der Alpha, der den Tag damit verbrachte, das Lager zu organisieren und mit seinen Leuten zu sprechen, warf immer wieder besorgte Blicke auf Jimin. Die merkliche Veränderung in Jimin's Verhalten war nicht zu übersehen. Er sprach kaum und wirkte in sich gekehrt, seine Antworten waren kurz und unbeholfen, wenn er angesprochen wurde.

„Guten Morgen, Jimin"

,sagte Jungkook freundlich, als er sich neben ihn setzte.

„Wie hast du geschlafen?"

Jimin zwang sich zu einem schwachen Lächeln und schüttelte den Kopf.

„Nicht gut"

,murmelte er.

„Ich bin einfach müde."

Jungkook nickte verständnisvoll, aber die Besorgnis in seinen Augen war unübersehbar.

„Gibt es etwas, worüber du reden möchtest? Vielleicht kann ich helfen."

„Es ist nichts"

,erwiderte Jimin knapp.

„Es wird schon wieder. Ich will niemanden belasten."

Jungkook's Augen verengten sich, als er Jimin's Verhalten beobachtete. Er wusste, dass es mehr hinter dieser Stille stecken musste, als es den Anschein hatte. Jimin wirkte oft in Gedanken versunken und meidet den Blickkontakt, was für Jungkook ein Zeichen von innerem Kampf und Unruhe war.

„Ich verstehe"

,sagte Jungkook schließlich, obwohl er sich nicht vollständig zufrieden gab.

„Aber wenn du bereit bist zu reden oder wenn es etwas gibt, das ich für dich tun kann, lass es mich wissen. Du bist hier, um dich zu erholen und sicher zu fühlen. Es gibt keinen Grund, dich alleine zu fühlen."

Jimin nickte, aber seine Antwort war kaum hörbar.

„Danke. Ich werde daran denken."

Im Laufe des Tages versuchte Jimin, sich in die Aktivitäten des Lagers einzubringen. Er half beim Holzsammeln und bei den täglichen Aufgaben, doch seine Bewegungen waren mechanisch, und sein Engagement wirkte oberflächlich. Er war nicht wirklich präsent, weder in seinen Gedanken noch in seinen Gesprächen. Die anderen Mitglieder des Rudels beobachteten ihn weiterhin skeptisch, was Jimin's Gefühl des Unbehagens nur verstärkte.

Jungkook beobachtete das Ganze aus der Ferne. Es war klar, dass Jimin mit inneren Dämonen kämpfte, und Jungkook wusste, dass es ein heikles Unterfangen war, ihn zu einer offenen Kommunikation zu bewegen. Er versuchte, in kleinen Gesten Unterstützung zu zeigen – ein aufmunterndes Lächeln hier, ein freundliches Wort dort. Doch Jimin's Mangel an Engagement machte es schwierig, eine tiefere Verbindung herzustellen.

Am Nachmittag, als sich das Lager in einer kurzen Ruhepause befand, trat Jungkook zu Jimin, der allein auf einem umgestürzten Baumstumpf saß.

„Jimin, hast du Lust auf einen Spaziergang?"

fragte er behutsam.

„Manchmal hilft es, frische Luft zu schnappen und den Kopf frei zu bekommen."

Jimin hob den Kopf und sah Jungkook an, seine Augen waren müde und leer.

„Ich bin nicht sicher, ob das eine gute Idee ist"

,antwortete er.

„Ich brauche nur etwas Ruhe."

Jungkook setzte sich neben ihn und wartete einen Moment, bevor er fortfuhr.

„Ich verstehe, dass du dich zurückziehen möchtest, aber ich will, dass du weißt, dass du nicht alleine bist. Wenn du dir den Raum geben musst, um deine Gedanken zu ordnen, dann tu das. Aber vergiss nicht, dass ich hier bin, wenn du bereit bist zu sprechen oder Hilfe brauchst."

Jimin schluckte schwer und nickte schließlich, ohne ein Wort zu sagen. Die Augen von Jungkook waren voller Mitgefühl, und trotz Jimin's Widerstand konnte er die aufrichtige Sorge spüren. Der Alpha war geduldig und zeigte durch seine ruhige Präsenz, dass er bereit war, ihm Zeit zu geben.

Als der Abend dämmerte, fühlte sich Jimin immer noch in einem emotionalen Tiefpunkt. Er wusste, dass er sich öffnen musste, um den Druck und die Schmerzen zu lindern, aber die Angst vor dem Unbekannten und die Angst vor weiteren Verletzungen hielten ihn zurück. Trotz der Unterstützung von Jungkook und dem Versuch, sich einzubringen, war es ein langer Weg, bis er sich wirklich sicher fühlen konnte.

Die Dunkelheit fiel über das Lager, und Jimin zog sich wieder in seinen Unterstand zurück. Er wusste, dass die Nacht ihn erneut mit seinen Albträumen konfrontieren würde, aber er versuchte, die Hoffnung auf eine bessere Zukunft und die Unterstützung durch Jungkook in seinen Gedanken zu bewahren. Der Weg zur Heilung war beschwerlich, doch die sanften Schritte, die er heute gemacht hatte, waren ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.

Broken shadows {jikook}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt