Erst denken dann reden

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„Kannst du dich nicht einfach selber einschalten?", fragte ich den Geschirrspüler, mit einem verzweifelten Blick auf die vielen Knöpfe. Technik war definitiv nicht mein Ding.
Inzwischen hatte ich meinen Quark gegessen und die Hoffnung auf einen entspannten Abend zu zweit aufgegeben.
„Glaubst du etwa, dass er dir antworten wird?" David griff an mir vorbei, stellte irgendetwas ein und schon begann die Maschine Wasser zu ziehen. Er versuchte ernst zu bleiben, aber ich sah, dass er versuchte sich das Lachen zu verkneifen.
„HAHAHA!", machte ich und sah ihn böse an. „Wirklich witzig. Wer von uns beiden ist hier bitte das Technikgenie? Ich bin schon froh, wenn ich den Fernseher zum Laufen bringe."
„Das ist alles gar nicht so dramatisch.", behauptete er, verschränkte die Arme und lehnte sich gegen die Küchenzeile. „Würdest du es wollen, könntest du es."
Da war er aber der Einzige, der das dachte! Oft war es gar nicht meine Schuld! Wirklich! Diese neumodische Technik hatte sich einfach gegen mich verschworen!
Nun ja. Zumindest amüsierte dieser Fakt einen von uns beiden.
„Offensichtlich will ich nicht und die Geräte wollen mich nicht, also: Alles wie immer.", erklärte ich und wedelte komisch mit den Händen in der Luft umher.
David schmunzelte, sagte aber nichts mehr.
„Alles geklärt?", wechselte ich das Thema und tippte auf das Handy in seiner Hand.
Er presste die Lippen zusammen und sah mich schuldbewusst an.
Ich stöhnte. Ich wusste genau, was dieser Blick bedeutete. „Was ist es dieses Mal? Nein, lass mich raten: Du musst los – angeblich ins 68 – und tischt mir wieder irgendeine flache Lüge auf." Das war seit Wochen nichts Neues mehr. Traurig, dass ich inzwischen schon an seinem Blick erkennen konnte, wann es wieder so weit war.
Oh wie satt ich das hatte! Immer wenn wir gemeinsam etwas unternehmen wollten, sagte er kurzfristig ab, vergas es komplett oder tauchte erst gar nicht auf.
Wenn das so weiterging, würde ich wohl nicht drumherum kommen über eine Trennung nachzudenken. Auch wenn es mir wehtuen würde.
„Was soll ich denn machen?" Hilfesuchend sah er mich an. „Cas ist plötzlich wie vom Erdboden verschluckt und irgendjemand muss ihn ja ersetzen."
Was sollte ich dazu noch sagen? „Ist okay. Geh einfach." Der Schmerz in meiner Stimme war nicht zu überhören.
Fassungslos wandte ich den Blick ab.
„Ich weiß, dass es nicht okay ist. Aber ich verspreche dir, ich werde es wieder gut machen."
Traurig lachte ich. „So wie die letzten Male auch?"
Unentschlossen sah er mich an. Gott, er verstand auch echt gar nichts!
„David! Es ist okay. Verschwinde einfach.", bat ich ihn.
Doch er blieb stehen und erwiderte meinen Blick stur.
Ratlos fuhr ich mir durch die Haare, drehte mich um und stützte mich mit den Armen am Esstisch ab.
„Liz.", drang seine Stimme gequält an mein Ohr.
„Bitte David!", wiederholte ich nachdrücklich.
Ich hielt die Luft an und wartete. Wenn er schlau war, würde er einfach gehen. Aber auch minutenspäter stand er noch immer an derselben Stelle. Sein Blick lag auf mir.
„Okay.", flüsterte er dann heiser. „Ich bin schon weg. Nur tu mir einen Gefallen, ja?"
Ich schnaubte und wäre ihm am liebsten an den Kragen gesprungen. Erst ließ er mich schon wieder hängen und jetzt besaß er auch noch die Frechheit mich um einen Gefallen zu bitten.
„Was?!", fuhr ich ihn an und musste mich ziemlich beherrschen.
„Bleib heute Abend im Haus und lass niemanden rein.", sagte er, kam zu mir und küsste mich auf den Scheitel.
Regungslos verharrte ich in meiner Position und starrte die Wand böse an.
„Du findest alleine raus." Mit diesen Worten ließ ich ihn stehen und verließ das Wohnzimmer.
In meinem Zimmer schloss ich schließlich die Tür und sackte mit dem Rücken dagegen.
„Verdammt!", schrie David und wenig später hörte ich die Haustüre ins Schloss fallen.
Seufzend tapste ich durch mein dunkles Zimmer zum Fenster und sah hinaus. Es dauerte nicht lange, bis ich die Scheinwerfer von seinem Wagen kurz aufblinken sah, ehe sie im Wald verschwanden.
Ich war allein.
„Ganz toll gemacht!", schimpfte ich mich selber und knallte meinen Kopf gegen das kalte Glas.
Der Nachmittag war dahin. Meine gute Laune auch.
Was nun? Etwas Ablenkung wäre nicht schlecht.
Kate war bereits auf ihrem Date. Rose war am anderen Ende der Welt und an David wollte ich erst gar nicht denken.
Außerdem wollte ich Ruhe.
Mit der Hand auf den Augen fiel ich vorneüber in mein Bett und blieb erstmal so liegen. Herrlich diese Ruhe. Fast könnte ich mich daran gewöhnen.
Irgendwann begann jedoch etwas spitzes sich in meine Seite zu bohren und so wälzte ich mich auf die andere Seite und begutachtete den Gegenstand.
Es war ein Buch. Natürlich war es ein Buch. Mein Zimmer war voll davon, um nicht zu sagen, mein Leben war überflutet von Literatur.
Wie sagte selbst Heinrich Heine einst: „Von allen Welten die er Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die Gewaltigste."
Und da musste ich ihm Recht geben.
Mühsam rappelte ich mich auf und begann in meinem Chaos nach den Büchern zu suchen, die ich mir vor ein paar Wochen aus der Bücherei geliehen hatte.
Damit war mein Nachmittag wohl doch nicht ganz verloren.
Nach einer ewigen Suche, hatte ich alle 8 Werke gefunden und in meinem Rucksack verstaut.
Als ich im Erdgeschoss vor der Tür stand, zögerte ich allerdings. Davids Warnung kam mir wieder in den Sinn und nach dem was heute alles passiert war, gingen mir seine Worte auch nicht aus dem Kopf. Vielleicht sollte ich die Bücher lieber morgen zurückgeben.
Ach so ein Unsinn! Das war immer noch mein Leben und somit auch meine Entscheidung. Ich würde also zur Bibliothek fahren und keiner würde mich daran hindern können. Nicht einmal der Sturm vor meiner Haustüre.
War nur die Frage wie ich am besten zu meinem Ziel kommen sollte. Bis zur nächsten Bushaltestelle musste ich wohl oder übel laufen. Keine gute Idee bei dem Wetter.
Grummelnd zog ich meinen langen grauen Mantel an. Dabei fiel mein Blick auf die Anrichte neben mir. Darauf lag ein Autoschlüssel.
Mit ihrem Jeep war Tante Rose bis zum Flughafen gefahren. Doch der alte Chevrolet C10 meiner Mutter stand noch in der Garage.
Der dunkelblaue Pick-Up war seit ihrem Tod angeblich keinen Zentimeter mehr bewegt worden, aber ihn zu verkaufen brachten wir auch nicht übers Herz.
Eigentlich bekam Roseann schon Anfälle, wenn ich nur daran dachte mich diesem Wagen zu nähern.
Aber es war ja niemand hier der von meinem kleinen Ausflug erfahren würde.
Außerdem würde ich ihn wieder genauso parken, wie ich ihn vorgefunden hatte. Keiner würde etwas merken. So einfach war das.
Autofahren war kein Problem. Den Führerschein hatte ich schon lange in der Tasche.
„Sie wird nichts davon erfahren.", redete ich mir selber Mut zu und griff vorsichtig nach dem Schlüssel. Eine Staubschicht bedeckte das Plastik.
Falls die ganze Sache doch aufflog, würde ich gewaltigen Ärger bekommen. Aber ich würde mich einfach nicht erwischen lassen und punkt!
Bevor ich es mir doch anders überlegen konnte, sprang ich in meine Schuhe und warf mir den Rucksack über die Schulter.
Dann verließ ich das Haus und rannte mit einem mulmigen Gefühl zur Scheune. Die Erinnerung an die Augen vor wenigen Stunden verdrängte ich so gut es ging.
Darauf bedacht möglichst wenig Spuren zu hinterlassen, schaltete ich das Licht ein und ging auf die großen Heuballen zu, die hier aufgestapelt waren. Mit aller Kraft schob ich zwei davon zur Seite und musste mich danach noch mit etwas Brennholz abmühen, doch als ich das geschafft hatte, zeigte mir eine weiße, verdreckte Plane, dass ich richtig war.
Mit spitzen Fingern und einem einzigen kräftigen Ruck flog die Abdeckung nach hinten.
Das dunkle Blau grinste mir entgegen und ich begann zu verstehen, warum meine Mutter dieses Auto so geliebt hatte. Seine großen Scheinwerfer ließen ihn auf eine ganz spezielle Art süß aussehen.
Ehrfürchtig strich ich über die Motorhaube, während ich zur Fahrertür ging.
„Ich bitte dich mir keine Schwierigkeiten zu machen.", flüsterte ich und wusste wie doof ich dabei klang. Tante Rose erzählte immer, dass meine Ma mit ihrem C10 gesprochen hatte. Man musste ihm wohl gut zureden, damit er ansprang.
Mit klopfendem Herzen drehte ich den Schlüssel herum und stieg ein. Langsam schloss ich die Augen und atmete tief ein.
Meine Mutter hatte gerochen wie eine Blumenweise im Mondschein. Nie hatte ich das geglaubt. Bis jetzt.
Es war wahr.
Ein paar Minuten saß ich einfach nur still hier und versuchte zu begreifen, was ich im Begriff war zu tun.
In meinem Hals hatte sich ein Knoten gebildet. All die Jahre hatte ich nach etwas gesucht, dass mich meiner Mutter näher brachte. Näher als Erzählungen oder das Foto hinter dem Stückchen Glas in meiner Kette.
Und jetzt, nach so vielen Jahren hatte ich dieses Etwas gefunden. Warum hatte ich meine Augen nicht schon viel früher geöffnet?
Ein lauter Donner riss mich aus meiner Träumerei.
Ich straffte meine Schultern, steckte den Schlüssel ins Zündschloss und drehte ihn herum.
Der Motor röchelte nur und erstarb danach wieder.
„Na komm mein Großer.", versuchte ich uns beide zu beruhigen und tätschelte ihm sanft das Lenkrad. „Wir beide schaffen das schon, meinst du nicht auch?"
Nochmal drehte ich mit zitternder Hand den Schlüssel herum. Dieses Mal erwachte der Motor polternd zum Leben.
„YES!", rief ich und grinste über beide Ohren, als ich den Pick-Up vor die Garage lenkte. Schnell sprang ich vor den Toren wieder hinaus und verriegelte die Scheune.
Lachend fuhr ich den Wagen auf die Straße und konnte mein Glück kaum fassen. Ich fuhr gerade mit dem Wagen meiner Mutter! Auf einer wirklichen Straße! Gott war das genial!
Am liebsten hätte ich vor Freude geschrien.
Die Straßen waren wie ausgestorben und mir war nicht ganz wohl, als ich auf den leeren Parkplatz bog.
Natürlich versuchte ich so nah wie möglich am Eingang der Bücherei zu parken, aber es war unmöglich trocken zu bleiben.
Seufzend stellte ich den Motor ab und ließ meinen Blick kurz über die Umgebung schweifen.
Irgendetwas war heute anders. Beunruhigend anders.
„Du fantasierst.", sagte ich mir selber und fischte mir den Rucksack vom Beifahrersitz.
Behutsam öffnete ich die Tür, sprang hinaus, schloss sie wieder, sperrte ab und rannte dann zu dem großen, grauen Gebäude, das lange vor meiner Zeit erbaut worden war.
Der Putz blätterte bereits von der Fassade und auch zahlreiche Attacken aus Eiern und Tomaten waren nicht spurlos daran vorbeigezogen.
Als ich an der gläsernen Eingangstüre zog, kam mir ein muffiger Geruch entgegen. Der Geruch von abertausenden von Büchern. Der Geruch, den ich liebte.
Ein Blick auf meine Uhr verriet mir, dass ich mich lieber beeilen sollte. Zügig durchquerte ich den Eingangsbereich und steuerte auf den Empfangstisch zu.
Dahinter saß jemand tief über seine Lektüre gebeugt.
Als ich meine Bücher auf den Tisch knallte, zuckte der junge Mann kurz zusammen, ehe er aufblickte.
„Was kann ich für Sie tun?", fragte er.
Er hatte braune Haare, die ihm vom Lesen zerzaust vom Kopf standen, hellbraune Augen und eine große Brille, die kaum verbergen konnte, wie markant sein Gesicht war. Seine Kleidung bestand aus einem offenen blau-rot karierten Hemd, darunter ein weißes T-Shirt mit V-Ausschnitt und eine enge blaue Jeans.
Ein attraktiver Kerl. Vielleicht ein wenig älter als ich.
„Hi.", entgegnete ich. „Ich wollte die Bücher hier zurückgeben." Auf dem Namensschild an seinem Hemd stand Nathan.
Besagter begutachtete mich unter seiner Brille hindurch. „Das machen die meisten hier.", erklärte er und gähnte.
Er wirkte hier irgendwie fehl am Platz. Jede seiner Bewegungen war so präzise, so genau und voller Spannung, dass er eher aussah wie ein Krieger. Nicht wie ein Bibliothekar.
Seine Haltung verriet ihn. Nur was war er dann?
Schnell schüttelte ich meine Bedenken ab. Ich urteilte wieder einmal zu schnell.
„Was?", wollte ich verwirrt wissen.
„Die meisten Leute kommen hier her um Bücher zurückzugeben.", erklärte er ausführlicher.
„Ähh ja. Klar." Ich konnte spüren, wie mir die Röte ins Gesicht schoss.
Er lächelte, während er nach meinen Büchern griff und ich könnte schwören mein Kopf wurde noch roter.
Langsam verglich er jedes einzelne Werk mit seinem Computer.
„Ich heiße übrigens Nathan.", stellte er sich vor.
„Ich weiß.", entgegnete ich und deutete auf seinen fragenden Blick hin, auf sein Namensschild.
„Achso.", schmunzelte er.
„Elizabell Evans.", wollte ich mich vorstellen und hielt ihm meine Hand hin.
„Oh mir ist bewusst, wer du bist.", grinste er und stand auf.
Ich schluckte. Mann, war er groß.
„Freut mich Elizabeth Isabell." Er griff meine Hand und drückte sie.
Verwirrt sah ich ihn an. „Ich heißte nicht Elizabeth Isabell."
„Aber dein Name ist doch eine Mischung daraus.", behauptete er selbstsicher und leider musste ich ihm da Recht geben. Erst jetzt fiel mir auf, dass er noch immer meine Hand festhielt und so löste ich mich schnell von ihm.
„Jaaaa...", antwortete ich nur langgezogen und schüttelte den Kopf. Irgendetwas störte mich an ihm. Nur was?
„Also Elizabeth Isabell warum liest du nur so traurige Literatur?", fragte er und hielt mir „Bevor ich sterbe" unter die Nase.
„Ich mag es einfach.", erklärte ich schulterzuckend. „Der Tod ist für den Menschen etwas Unfassbares. Wir wissen nicht was passiert, wenn wir tot sind. Jeder Autor hat eine andere Sichtweise. Jeder fantasiert anders darüber und einig ist man sich nie. Und naja: Ich möchte alle Möglichkeiten in Betracht ziehen."
„Falls du übermorgen draufgehen solltest?", ergänzte er fragend.
Ich nickte. „Ich bin gerne vorbereitet."
„Du weißt, dass das verrückt ist." In seinen Augen lag ein seltsames Funkeln. Als würde ich ihn köstlich amüsieren.
„Jep. Aber so bin ich nun mal.", grinste ich.
„Weißt du was?" Er riss ein Stück Papier von einem Block und kritzelte etwas darauf. „Ich mag dich. Meld dich einfach mal, wenn du meine Sicht vom Tod hören willst."
Auf dem Zettel in meiner Hand stand eine Nummer. Seine Handynummer.
Mein Herz sprang in die Höhe.
Nathan war echt cool. Okay, er war umwerfend. Das musste ich ja schon zugeben.
Langsam steckte ich den Schnipsel in meine Hosentasche. „Ich werde darauf zurückkommen."
„Das will ich doch schwer hoffen.", lachte er und zwinkerte mir zu.
Oh mein Gott! Flirtete ich gerade etwa mit einem heißen Bibliothekar? An David und meinen Streit konnte ich gar nicht mehr denken.
„Hast du morgen schon was vor?" Gerade als die Worte meinen Mund verlassen hatte, begriff ich was ich da gerade gefragt hatte und lief rot an.
Verdammt! Erst denken, dann reden...
Überrascht zog Nathan eine Augenbraue in die Höhe. „Bittest du mich gerade etwa um eine Verabredung?"
„Nein! Ja!", rief ich durcheinander. „Also nicht wirklich. Eine Freundin und ich gehen morgen ins 68 und du kannst gerne mitkommen.", erklärte ich schnell bevor es noch peinlicher werden konnte.
„Das ist doch dieser Club in dem Keegan arbeitet oder?" Er kannte David? Aber so wie er gerade dessen Nachnamen ausgesprochen hatte, klang es nicht so als wären die beiden die besten Freunde. Das konnte ja lustig werden.
„Ja, genau der.", bestätigte ich matt.
„Normalerweise meide ich alles was mit diesem Vollidioten in Verbindung steht." Jetzt wurde ich hellhörig. So viel Hass und Zorn hatte ich selten in einer Stimme gehört.
„Eigentlich ist David ganz okay.", verteidigte ich meinen Freund etwas.
Nathan musterte mich skeptisch. „Sag mir jetzt bitte nicht, dass du sein Mädchen bist." Entsetzen gemischt mit Unglauben lag in seinen Worten.
Mein Puls beschleunigte sich. David war ein netter Kerl, aber er und ich hatten uns ziemlich auseinander gelebt.
Seufzend drehte ich mich um, pfefferte meinen Rucksack auf den Boden und ließ mich auf der Couchgarnitur in der Mitte des Empfangsraums nieder.
„Ich weiß es ehrlich gesagt nicht.", gestand ich und schlug mir die Hände auf die Augen.
Ich hörte wie Nathan um den Tresen ging, die Eingangstüre abschloss und kurz darauf in meine Richtung kam.
Vielleicht war es naiv, nach den offiziellen Öffnungszeiten mit einem Fremden alleine hier zu bleiben. Aber es war mir so egal. Ich brauchte einfach jemanden zum Reden und Nathan schien ein guter Zuhörer zu sein.
Es hatte etwas Tröstliches mit ihm hier zu sitzen.
„Sollte man so etwas normalerweise nicht wissen?", fragte und drückte mir eine Tasse in die Hand.
„Sollte man wohl. Da gebe ich dir Recht. Aber es ist..." Ich brach ab und suchte nach den richtigen Worten, während ich an der Tasse schnüffelte. Heiße Schokolade. Genau das richtige.
„... kompliziert.", beendete Nathan meinen Satz.
„Ja, kompliziert trifft es ganz gut.", pflichtete ich ihm bei und sah auf. Er saß mir gegenüber und betrachtete mich eingehend.
„Es gab eine Zeit in der habe ich David abgöttisch geliebt, aber jetzt? Er hat nie so richtig Zeit für mich und nun sitze ich hier und kotze mich bei einem Kerl aus, denn ich seit gerade mal neuen Minuten kenne. Was mache ich hier nur?" Ich schüttelte den Kopf und nippte an meinem Getränk.
„Ich bin vielleicht nicht der beste Beziehungsratgeber, aber wenn ich du wäre, würde ich das Gespräch mit ihm suchen. Entweder geht ihr danach getrennte Wege oder es schweißt euch nur noch enger zusammen." Er sah mich aufrichtig an und lächelte.
Und da erst wurde mir bewusst, dass er Recht hatte.
Offenbar bemerkte er, was er gerade getan hatte, denn er riss die Augen auf und schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn.
„Oh Gott bin ich dumm. Ich habe glaube ich gerade meinem schlimmsten Feind einen Gefallen getan.", jammerte er.

TeufelsherzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt