Kapitel 1
Stille füllte den Raum.
Vereinzelt hörte man jemanden leise Fluchen oder angestrengt ausatmen.
Stifte kratzten über Papier.
Alle waren so konzentriert, dass ich beinahe die Köpfe meiner Klassenkameraden rauchen sehen konnte.
Mein Blick wanderte schräg durch den Raum und blieb schließlich bei Kate, einer guten Freundin, hängen.
Als hätte sie gemerkt, dass ich sie ansah, hob sie den Kopf und blickte mich an.
Sie schüttelte den Kopf, verdrehte die Augen und atmete laut aus.
In ihrer typischen Ich-Habe-Keine-Ahnung-Was-Ich-Hinschreiben-Soll-Manier blickte sie mich hilfesuchend an und ich konnte mir ein kleines Lachen nicht verkneifen.
Bevor ich jedoch erkennen konnte, wie sie reagierte, räusperte sich jemand laut und ertappt fuhr ich nach vorne.
"Kate! Elizabell!", ermahnte uns Mister Brown "Würden Sie bitte Ihre Köpfe nach vorne richten und sich ruhig verhalten. Falls sie weiterhin das Bedürfnis haben miteinander zu kommunizieren, muss ich Sie bitten, Ihre Aufgaben abzugeben und den Raum zu verlassen."
Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, dass Kate sich sofort verteidigen wollte. Aber die Konsequenz daraus wäre mit Sicherheit, der Verweis aus dem Klassenzimmer.
Das Problem dabei war nur, dass alle wussten, dass Kate jede gute Note brauchte, die sie kriegen konnte.
"Tut uns leid.", sagte ich also mit gedämpfter Stimme, bevor meine Freundin ihren Test riskieren konnte. "Es wird bestimmt nicht noch einmal vorkommen."
Mir war bewusst, dass ich die gesamte Aufmerksamkeit der Klasse hatte. In den Augen einiger Mitschüler konnte ich sehen, dass sie sich eine Auseinandersetzung mit mir und Mister Brown wünschten, nur um dem grauenhaften Test für einige Minuten zu entkommen.
"Da bin ich mir sicher.", fuhr unser Lehrer ungerührt fort, doch bevor er sich in Rage reden konnte, stand ich auf, packte meine Sachen in die Tasche, nahm meinen bearbeiteten Test und ging damit zu seinem Pult.
"Ich weiß, dass es nicht nochmal vorkommt. Ich bin fertig und wollte eh gerade abgeben.", erklärte ich und zwinkerte ihm kurz zu.
Sein Mund stand offen, als ich ihm den Rücken zuwandte und das Klassenzimmer verließ.
Es war ein komisches Gefühl, nach noch nicht mal der Hälfte, der eigentlichen Zeit, den Prüfungsraum zu verlassen. Aber gleichzeitig fühlte es sich gut an.
Ein kleines Lächeln schlich sich auf meine Lippen, als ich durch die Tür schlüpfte und realisierte, was ich gerade getan hatte.
Wenn Mister Brown mir einen reindrücken wollte, musste er meinen Test jetzt nur schlecht bewerten...
Egal. Kate brauchte die Note dringender als ich.
"Du bist schon fertig?", hörte ich plötzlich eine bekannte Stimme neben mir.
David saß auf dem Boden schräg gegenüber von meiner Klassenzimmertür. Er hatte den Rücken gegen die Wand gelehnt und die langen Beine ausgestreckt.
Die kurzen blonden Haare waren so wie immer nach oben gestylt und er beobachtete mich aufmerksam aus seinen braunen Augen.
"Hast du etwa hier auf mich gewartet?", stellte ich die Gegenfrage und vergas schon fast wieder, dass ich eigentlich wütend auf ihn sein wollte.
Wütend, weil er mich schon wieder versetzt hatte. Das tat er in der letzten Zeit nämlich häufiger... Und allmählich fand ich das alles andere als komisch.
"Ja...", gestand er und kam geschmeidig wieder auf die Füße. "Ich wollte mich entschuldigen."
Ich verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn mit ernster Miene an. "Aha.", machte ich nur.
So wie die letzten 100 Male auch.
"Liz, es tut mir leid. Ich musste ins 68.", versuchte er es zu erklären. Das 68 war der beliebteste Club in unserer Stadt und David arbeitete dort als Personalchef und manchmal auch als Barkeeper. Je nach dem, was man halt gerade brauchte.
"Erinnerst du dich noch an das, was du mir damals gesagt hast?", wollte ich von ihm wissen und ignorierte seinen gequälten Gesichtsausdruck.
Er schien zu überlegen, aber das reichte mir nicht.
"Jede Sekunde ohne dich...", begann er schließlich und ich war echt erleichtert, dass er sich zumindest noch daran erinnerte, wie er mir seine Liebe gestanden hatte.
Das Ganze war vor knapp 2 Jahren. Bei Tante Roseann und mir war eingebrochen worden und seltsamerweise wurde nichts entwendet bis auf eine meiner Ketten.
Die Kette mit dem Bild meiner Mutter darin. Die Kette, die meine einzige Erinnerung an sie war. Meine Mutter war knapp ein Jahr nach meiner Geburt bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen. Und mein Vater? Er war angeblich ein totaler Idiot, der meine Mutter durch seine Abhängigkeit in den Ruin getrieben hatte. Auf ihn konnte ich also verzichten.
Was eine Kette nun letztlich mit David und meiner Beziehung zu tun hatte? Wir hatten damals eine Verabredung und waren in der Stadt spazieren, als wir vor einem Juwelier zu stehen kamen.
Ich hatte meine Kette in der Auslage gesehen und war total ausgerastet. Bevor ich den Laden jedoch zerlegen konnte, ist David rein und hat dem Mann hinter dem Tresen gedroht, er würde ihn anzeigen, weil er mit geklautem Schmuck handelte, wenn er ihm das Medaillon aus dem Schaufenster nicht gab.
Der Verkäufer hatte eigentlich keine andere Wahl und so kam eins und eins zusammen:
David war mein Held und zum Dank hatte ich ihn geküsst.
Kaum zu glauben, dass wir jetzt schon fast zwei Jahre ein Paar waren.
"...ist eine zu viel!", sagten wir dann beide gleichzeitig und ich seufzte.
Jede Sekunde ohne dich ist eine zu viel... Tja das sah momentan leider anders aus.
"Wie könnte ich das jemals vergessen?" David lächelte ein wenig und ich merkte, wie mein Zorn langsam verrauchte.
"Auch wenn es momentan ein wenig kompliziert ist: Du bist immer an erster Stelle!", versprach er und kam auf mich zu.
Er nahm meine Hände in seine und deutete darauf. "Es ist nur eine Phase. Ich schwöre dir, dass das alles nicht meine Schuld ist."
Ich schloss die Augen und atmete tief durch. "Das weiß ich doch. Es ist nur... Ach ich weiß auch nicht. Lass uns einfach nach Hause."
Erleichtert nickte er, nahm mir meine Tasche von der Schulter, hängte sie sich selber über, griff nach meiner Hand und gemeinsam gingen wir zum Parkplatz.
Fröstelnd zog ich meine Jacke enger um meine Brust, als ich vor David aus dem beheizten Schulgebäude trat.
Es regnete schon seit Tagen ohne Pause und machte auch nicht den Anschein so schnell wieder aufzuhören...
"Warte am besten kurz hier. Ich hole das Auto, dann wirst du nicht all zu nass.", schlug David vor, zog sich seine Kapuze über den Kopf und war wenig später zwischen den Schatten der anderen Fahrzeuge verschwunden.
Schwarze Wolken verdeckten den sonst so blauen Himmel und verursachten mir Unbehagen.
Es war früher Nachmittag, doch es sah aus, als wäre es kurz vor Mitternacht.
Ich konnte nicht sagen, dass ich ein Freund der Dunkelheit war. Ganz im Gegenteil: Ich hasste die Nacht.
Du konntest nichts um dich herum einschätzen und alles sah irgendwie gleich aus.
Woher diese Angst kam, konnte ich mir nur ausmalen. Vielleicht lag es daran, dass ich einer solchen Nacht meine Mutter verloren hatte. Oder es lag an den Träumen, die mich schon mein ganzes Leben begleiteten und in denen die Nacht immer ein Botschafter des Bösen war.
Aber das waren alles nur Vermutungen.
Ein lautes Hupen riss mich schließlich aus meinen Gedanken.
Schnell schnappte ich meine Tasche und rannte die wenigen Stufen runter zu Davids Wagen.
Eine angenehme Wärme empfing mich und ich entspannte mich sofort.
Das Radio spielte fröhlich die neuesten Lieder und ich blickte aus dem Fenster, als mein Freund vom Parkplatz auf die Straße bog.
Meine Gedanken schweiften ab, während ich so die vorbeiziehende Umgebung beobachtete.
Einige Zeit später piepte mein Handy in der Hosentasche und ich zuckte erschreckt ein wenig zusammen.
David sah mich komisch an und murmelte etwas, das klag wie „viel zu schreckhaft".
Ich schüttelte nur den Kopf und blickte auf den Bildschirm. Eine neue Nachricht von Kate.
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Teufelsherz
FantasíaDies ist die Legende über eine verschwundene Prinzessin und eine längst vergessene Welt. Eine Welt, die unter der unseren existiert. Eine Welt in der Blut Macht bedeutet. Elizabell hat alles was sich eine junge Frau wünschen kann: Einen Fre...