„Hör auf.", flüsterte er monoton.
„Darian!", sagte ich eindringlich und überwand den Abstand zwischen uns. „Ich weiß, dass das nicht du bist. Ich weiß, dass diese Welt dich zu diesem Ungetüm gemacht hat."
Er schüttelte den Kopf und wich zurück. „Hör auf.", bat er mich wieder. Etwas Trauriges lag in seinen Augen. Ein trüber Schleier.
„Nein.", fuhr ich fort „Warum versteckst du dich hinter dieser Mauer aus Kälte, wenn dein Herz vor Wärme fast verbrennt? Und versuch gar nicht erst es zu leugnen. Wir wissen beide, dass ich Recht habe!"
„HÖR AUF!!", schrie er und seine Augen flackerten rot auf.
Augenblicklich verstummte ich.
„Ich will nie wieder etwas davon hören!", befahl er und seine roten Pupillen ließen mich schlucken.
Mit einem Schlag war sie wieder da: Die Angst. Die Angst vor ihm.
Verunsichert sah ihn zu ihm hoch.
Sein Blick blieb hart.
„Warum?", fragte ich leise und wusste ich war dabei eine Grenze zu überschreiten. „Nur weil du Angst hast du selber zu sein?"
Ein lautes Klatschen ertönte und erst, als mein Kopf zur Seite flog, realisierte ich was gerade passiert war.
Er hatte mir mit dem Handrücken ins Gesicht geschlagen.
Mit aufgerissenen Augen drehte ich mich zu ihm.
Seine Eckzähne lugten gefährlich über seine Lippen und das rot seiner Augen schien mir noch einen Deut intensiver zu sein, als gerade noch.
Entsetzt legte ich mir die Hand auf meine geschundene Wange.
Tränen bildeten sich in meinen Augen.
Ich hatte nicht die Kraft sie zurückzuhalten, also ließ ich zu, dass sie mir stumm über das Gesicht liefen.
„Sag das nie – NIE – wieder!", drohte er und blickte bedrohlich auf mich hinab.
„Werde ich nicht.", wisperte ich. „Warum hab ich nur gedacht du wärst anders? Warum habe ich GEHOFFT, dass du anders wärst?"
„Du solltest akzeptieren, dass ich so bin. Ich werde mich nicht ändern und du wirst es auch nicht schaffen. Keiner kann mich ändern. Verschwende dein restliches bisschen Hoffnung nicht für mich. Für mich kommt jede Hoffnung zu spät.", erwiderte er nur kalt.
„Falsch!", korrigierte ich ihn leise. „Nur die, die denken, dass für sie jegliche Hoffnung zu spät kommt haben noch die Aussicht darauf, gerettet zu werden."
Das war der Moment in dem ich mich selber für Lebensmüde erklärte. Er hatte mir gesagt, ich solle still sein und das Thema vergessen, doch für mich hieß das, dass ich ihn vergessen müsse und das könnte ich niemals. Weil ich es nicht wollte.
Er schmunzelte und schüttelte den Kopf. Das Rot seiner Augen verschwand und seine Zähne wurden wieder kleiner.
„Ich muss nicht gerettet werden.", lachte er leise.
„Jeder muss gerettet werden. Der eine vor Gefahr, der andere vor seinen Ängsten und manche Leute müssen eben vor sich selbst gerettet werden.", meinte ich nur und wusste ich hatte meinen Darian wieder.
Einige Zeit sagte er nichts mehr und starrte mich einfach nur an.
Währenddessen versuchte ich mit meinem Handrücken meine brennende Wange zu kühlen.
„Es tut mir leid.", hörte ich ihn dann leise sagen.
Überrascht sah ich ihn an. Er hob die Hand und ich fuhr unwillkürlich zusammen.
Schmerz breitete sich auf seinem Gesicht aus.
„Was hab ich getan?", fragte er und ich schlug die Augen nieder.
„Es ist halb so schlimm.", versuchte ich die Sache runterzuspielen. Ich wollte ihm nicht zeigen, wie sehr er mich getroffen hatte. Nicht körperlich. Der Schmerz an meiner Wange würde wieder vergehen. Der an meiner Seele jedoch nicht...
„Ist es nicht.", wiedersprach er und zog mich zu sich. „Lass mich mal sehen."
Ich ließ zu, dass er meine Hand von meinem Gesicht zog und das Ausmaß seiner Tat begutachtete.
Er blieb still.
Also ging ich davon aus, dass es bereits rot geschwollen war.
„Wenn ich es irgendwie ungeschehen machen könnte...", begann er und ich merkte ihm an, dass er es wirklich bereute.
„Kannst du aber nicht.", unterbrach ich ihn. „Aber es ist wahrscheinlich nicht einmal so schlimm wie es aussieht."
Das war gelogen und das wusste er.
Mit seinen großen Händen umfasste er mein Gesicht und drehte es ins Licht.
„Darian.", lenkte ich ihn ab. „Was passiert ist, ist passiert."
„Ich weiß!", schleuderte er mir entgegen und ich ging erschreckt einen Schritt zurück. „Ich weiß.", wiederholte er sanfter.
Aufmunternd lächelte ich ihn an und löste seine Hände von meinem Kopf.
„Wolltest du nicht zu einer Krisensitzung?", erinnerte ich ihn.
„Die kann warten.", überging er meinen Versuch der Ablenkung. „Es tut mir leid Glöckchen. Ich hatte mich nicht mehr unter Kontrolle."
„Schon okay.", lachte ich und verdrehte die Augen.
„Hör auf, zu sagen, dass es okay ist. Denn das ist es nicht." Er fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. Zu sehen, dass er es bereute, war mir mehr wert, als jede Entschuldigung.
„Ich höre auf, wenn du nicht mehr sagst, dass es nicht okay war. Das erinnert mich zu sehr an David.", knurrte ich abfällig und schüttelte mich bei der Erinnerung an ihn kurz.
Wie hatte ich nur jemals auf so einen Lügner hereinfallen können? Es war vielleicht nicht fair von mir meine komplette Beziehung mit ihm so negativ darzustellen, aber es ärgerte mich einfach, dass ich nicht früher eins und eins zusammengezählt hatte.
Endlich ergab es auch einen Sinn, warum er mich davon abhalten hatte wollen, nach meinem Vater zu suchen oder in meiner Vergangenheit zu graben. Wenn es doof gelaufen wäre, wäre ich ihm und meiner „Tante" auf die Schliche gekommen.
Wenn Roseann gar nicht meine Tante war, hieß das dann vielleicht, dass ich doch Familie hatte. Meine Mutter musste doch Eltern haben, oder Geschwister?
Wenn ich jemals zurück in meine Welt kommen sollte, würde ich mich auf die Suche nach meinen Wurzeln machen und eventuell würde ich auf diesem Weg meine Mutter kennenlernen.
„Einverstanden.", meinte Darian in dieser Sekunde und holte mich aus meinen Gedanken.
Er hielt mir seine Hand entgegen und ich schlug ein.
Bevor ich mich wieder lösen konnte, hatte er mein Handgelenk ergriffen und mich an sich gezogen.
Seine Arme hielten mich fest an seiner Brust und ich atmete tief ein.
„Wo bleibt ihr denn?", riss eine Stimme uns auseinander.
Ertappt schreckten wir auf und trennten uns schnell. Mein hochroter Kopf würde uns aber sicher verraten.
Nun gut, der war so oder so rot. Ob nun wegen der Ohrfeige oder meiner Gefühle war letztlich auch egal.
Lucas stand im Türrahmen und sah ungeduldig von einem zum anderen.
Belustigt blickte Darian zu mir und ich sah das Lachen in seinen Augen, auch wenn seine Lippen sich nicht bewegten.
„Wir kommen.", räusperte er sich und löste damit die komische Stille, die sich gebildet hatte.
„Na endlich.", seufzte Lucas, drehte sich um und verschwand auf der Straße. Darian folgte ihm.
Eigentlich sollte ich ihnen folgen, dessen war ich mir bewusst. Doch ich konnte es nicht. Nicht ohne nach dem Wirt zu sehen.
Schnell ging ich um den Holztresen herum und kniete mich neben den noch immer schwer atmenden Mann.
„Es tut mir ja so schrecklich leid.", entschuldigte ich mich und tupfte ihm den Schweiß von der Stirn. „Mein..." Ich stockte kurz, da das Wort mir einfach nicht über die Lippen wollte. „...Mann kann manchmal etwas aufbrausend sein."
Der Wirt lachte dunkel, zumindest sollte es wohl ein Lachen sein. Es endete jedenfalls in einem trockenen Husten und Würgen.
„Nett formuliert.", lachte er und versuchte wieder auf die Beine zu kommen.
Gemeinsam schafften wir es schließlich. Ich holte einen Stuhl und befahl sitzen zu bleiben, bis sein Kreislauf sich wieder gefestigt hatte.
„Wenn ich sonst irgendetwas tun kann um mich für das Verhalten von ihm zu entschuldigen, lassen Sie es mich bitte wissen.", bat ich an und brachte ihm ein Glas Wasser.
Er lächelte dankbar.
Gerade wollte ich mich zum Gehen wenden, als seine Hand vorschnellte und meinen Arm erwischte.
Erschreckt drehte ich mich um.
„Ich weiß, dass Sie keine von uns sind.", behauptete er und seine Augen funkelten kurz rot auf. „Sie sind ein Mensch."
Selbstsicher erwiderte ich seinen Blick. „Das ist wahr."
„Was machen Sie in solch schlechter Gesellschaft? Wissen Sie denn gar nicht wer er ist?", wollte er wissen und dämpfte automatisch seine Stimme.
„Ich bin mir dessen bewusst, glauben Sie mir.", versicherte ich ihm. Dennoch wurde mir wieder mal bewusst, wie viel Einfluss Darian auf die Leute hier hatte.
„Aber warum denn dann er? Und sagen Sie mir jetzt bitte nicht, dass Sie seine Frau sind." Er sorgte sich tatsächlich um mich. Da sollte nochmal jemand behaupten, alle ‚Vampire seinen seelenlose Monster... Dem würde ich was erzählen.
„Manchmal kann man sich nicht aussuchen, für wen man Gefühle hat.", erklärte ich und hatte damit nichts verraten. Es würde den armen Mann nicht noch zusätzlich in Gefahr bringen und es entsprach zu einem Teil sogar der Wahrheit.
„Ich habe gesehen wie er Sie ansieht. Das sah nicht nach dem Prinzen aus, wie ich ihn kennengelernt habe. Sie verändern ihn, weil Sie keine Angst vor ihm haben. Geben Sie ihn nicht auf. Auch er hat seinen Frieden verdient. Sie sind eine mutige Frau, Elizabell. Aber versuchen Sie einfach ihn nicht allzu sehr zu provozieren. Ich will nicht, dass Ihnen etwas passiert. Er verliert gerne mal zu schnell die Kontrolle.", erklärte er und ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen.
„Haben Sie vielen Dank." Ich schüttelte seine Hand und richtete mich auf.
„Ich danke Ihnen." Er lächelte mich warmherzig an.
„LIZ!", donnerte just in diesem Moment Darians Stimme durch das Zimmer und ich lief schnell hinaus.

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Teufelsherz
FantasyDies ist die Legende über eine verschwundene Prinzessin und eine längst vergessene Welt. Eine Welt, die unter der unseren existiert. Eine Welt in der Blut Macht bedeutet. Elizabell hat alles was sich eine junge Frau wünschen kann: Einen Fre...