Ich genoss das Gefühl des klaren, kalten Wassers auf meinem Körper. Peinlich genau wusch ich meine Haare und kratzte das Blut unter meinen Fingernägeln hervor. Danach fühlte ich mich besser. Mein Kreislauf hatte sich stabilisiert und in meinem Kopf drehte es sich nicht mehr so schnell.
„Deine Zeit ist rum!", rief Darian über das Rauschen des Wasserfalls zu mir herüber. Ich drehte ihm den Rücken zu und tat als hätte ich nichts gehört.
„Liz! Ich weiß, dass du mich gehört hast. Komm da raus!", befahl er. Genervt verdrehte ich die Augen und atmete tief ein.
„Elizabell!" Seine Stimme wurde drohender. „Muss ich dich etwa holen?"
Ich fuhr herum. „Das wagst du nicht.", fauchte ich und schickte ihm einen bösen Blick.
„Willst du es drauf ankommen lassen?" Um seine Lippen spielte ein verschlagenes Grinsen, dass mir Antwort genug war.
Empört schnaufte ich und schwamm zurück ans Ufer. Ohne Aufforderung drehte er sich um und deutete auf einen Stapel Kleider.
„Die sind wahrscheinlich alle zu groß, aber besser als deine Alten. Das Handtuch daneben ist unbenutzt.", erklärte er und ich bekam große Augen, während ich mich abtrocknete. Dann zog ich die Hose an.
Er hatte Recht. Sie war zu groß. Der schwarze Leinenstoff war obenrum viel zu weit. Schnell krempelte ich die Hosenbeine ein wenig nach oben.
Für den Bund müsste ich mir wohl etwas anderes überlegen.
Danach nahm ich das Hemd und zog es über. Dadurch, dass es zu groß war gewährte es ziemlich tiefe Einblicke, aber es war besser als meine alten Sachen. Ich machte mich daran die Knöpfe zu verschließen und zog danach meine eigenen Schuhe wieder an.
„Danke.", sagte ich dann und kniete mich auf den Waldboden um meine Schnürsenkel zu binden.
„Von wem sind die Sachen.", wollte ich wissen.
„Von mir.", antwortete er. Er hatte sich herum gedreht und sah zu mir hinab.
Sofort wurde ich rot, als ich merkte, dass das Hemd zu weit abstand.
„Wir sollten dir im nächsten Ort definitiv andere Sachen kaufen.", meinte er und blickte unglücklich über mein Outfit.
„So schlimm?" Ich verzog das Gesicht. Ich sah bestimmt aus wie der böse Zombie von nebenan.
Nervös trocknete ich meine Haare.
„Ganz im Gegenteil.", schmunzelte er. „Aber so etwas sollte nur ich sehen. Wir Vampire sind schließlich irgendwo auch nur Männer."
Bei seinen Worten, dachte ich im ersten Moment, ich hätte mich verhört. Aber offenbar war es sein voller Ernst. Ich schluckte und machte mich daran meine Sachen aufzusammeln.
„Lass nur.", stoppte er mich. „Lucas wird sich darum kümmern. Er wird es verbrennen. Damit es kein Ungeziefer anlockt." Was damit gemeint war, war ja wohl klar.
Also legte ich das Zeug zurück und kehrte gemeinsam mit ihm zurück auf die Lichtung. Auf dem Weg dahin, fand ich ein Stück Band mit dem ich mir den Bund der fremden Hose anpasste. Danach wollt ich mir mit dem Rest die Haare hochbinden, aber Darian hinderte mich daran.
„Vergiss es. Dein Blut pulsiert so stark. Wenn du deinen Hals freilegst, werden sämtliche Vampire das als Einladung sehen.", erklärte er und strich mir sanft einige Strähnen hinter das Ohr.
Da ich nicht als Festessen enden wollt, hörte ich auf ihn und ließ meine schulterlangen Haare wo sie waren.
Als wir auf der Lichtung ankamen, waren die anderen schon zurück.
Über dem Feuer schmorrte etwas in einem großen Topf. Es roch gut.
„Hast du Hunger?", fragte John, nachdem ich mich neben ihn gesetzt hatte.
Das Knurren meines Magens war Antwort genug.
Er lachte und nahm den Topf vom Feuer.
„Lass ihn kurz abkühlen, danach kannst du reinhauen.", meinte er und gab mir einen Löffel. Neugierig spähte ich in die eiserne Form.
„Was ist das denn?" Genüsslich roch ich daran.
„Genau kann ich das auch nicht sagen. Ein paar Wurzeln, Pilze und Lucas hat dir noch einen Hasen gefangen. Damit du bei Kräften bleibst.", zählte er auf.
Skeptisch zuckte mein Blick vom Topf zu ihm.
„Ähh. Danke?", sagte ich, auch wenn es mehr klang wie eine Frage.
„Wenn du sie jetzt irgendwie vergiftest, bring ich dich um.", lachte Darian und stieß seinem Kameraden vor die Brust.
„Das hab ich befürchtet und aus diesem Grund nur Sachen gepflückt, von denen ich mir sicher war, dass sie harmlos für den menschlichen Körper sind.", erläuterte er und grinste.
Langsam tauchte ich den Löffel in den braunen Matsch. Es gab ein widerliches Sauggeräusch und ich biss mir auf die Lippe.
Solange ich nicht probiert hatte, würde ich es nicht für ekelhaft erklären.
Tapfer führte ich den Löffel an meine Lippen und versuchte nicht das Gesicht zu verziehen.
Die anderen sahen mich gespannt an. Nur Adam nicht. Der schaute mir kalt in die Augen. Aber das tat er ja irgendwie immer.
Bedächtig kaute ich auf dem Eintopf herum und schluckte schließlich.
„Und?", fragte John.
„Ist essbar.", erklärte ich schmatzend und schob mir die nächste Ladung in den Mund.
Lucas und er begannen laut zu lachen. Adam blickte noch schlecht gelaunter und Darian schenkte mir einen liebevollen Blick, bei dem meine Wagen eine leichte Röte bekamen.
„Will jemand was abhaben?", fragte ich grinsend in die Runde.
Alle lehnten ab. Was wahrscheinlich daran lag, dass sie bereits gegessen hatten. Falls man das so nennen konnte.
„Ihr wisst nicht was ihr verpasst.", behauptete ich und haute rein.
„Das war gut!", schwärmte ich etwa eine halbe Stunde später. Schon lange war ich nicht mehr so satt.
„Ich denke, ich darf das als Kompliment auffassen.", sagte Lucas und zwinkerte mir zu.
„Oh ja...", seufzte ich und ließ mich nach hinten fallen.
Der dunkle Himmel war wunderschön klar und man konnte eine Unmenge an Sternen sehen.
„Wunderschön nicht wahr?", fragte ich Darian leise.
Er hörte auf seine Waffen zu sortieren und zu polieren und folgte meinem Blick.
„Da hast du wohl Recht.", stimmte er mir zu.
Etwas wie Sehnsucht schwang in seiner Stimme mit.
„Immer wenn ich meine Mutter vermisse, stelle ich mir vor, dass sie ein Stern ist. Dann sehe ich in den Himmel und suche nach dem Hellsten von ihnen. Und dann weiß ich, dass meine Ma immer bei mir ist.", erklärte ich leise und legte unwillkürlich die Hand auf meine Kette.
„Dasselbe denke ich über meinen Bruder.", wisperte Darian und verstaute seine Waffen wieder.
„Deinen Bruder?", hakte ich leise nach. Er nickte und als seine blauen Augen auf meine trafen, sah ich den Schmerz darin.
„Er war jünger als ich. Fast sechzig Jahre. Aber trotzdem liebte ich ihn." Seine Stimme war gedämpft.
„Wie hieß er? Natürlich nur wenn ich fragen darf?", fügte ich noch hinzu.
„Du darfst.", lächelte er. „Sein Name war Kyle. Er war mein ein und alles. Wir waren wie Tag und Nacht. Wie Feuer und Wasser. Er war der komplette Gegensatz zu mir. Zumindest vom Charakter. Während ich aufbrausend und intuitiv bin, war er ruhig und wog immer erst alle Möglichkeiten ab. Er hatte immer einen Plan. Egal für was. Ich handle spontan."
„Was ist passiert?" Ich hatte mich aufgesetzt und blickte ihn aufmerksam an.
Er holte tief Luft. „Der Krieg ist passiert."
Seine blauen Augen wurden trüb und ich sah, dass er tief in Erinnerungen steckte.
„Du musst nicht drüber reden.", beruhigte ich ihn und legte meine Hand kurz auf seine.
Sofort klärte sich sein Blick und er sah mich stattdessen überrascht an.
Dann sprang er plötzlich auf. „Warum erzähle ich dir das überhaupt?", fragte er sich selber und fuhr sich durch die Haare.
Die anderen sahen zu uns rüber und ich bemerkte, dass Adams Hand sich auf sein Schwert legte.
Ich schickte ihm einen warnenden Blick.
„Tut mir leid.", meinte Darian und setzte sich wieder. „Es ist nur einfach..." Seine Stimme brach.
„schwer drüber zu reden.", beendete ich seinen Satz. „Ich weiß."
Es war komisch über so etwas mit ihm zu reden. Er der keine Probleme damit hatte jemandem das Leben zu nehmen.
Vielleicht hatte ihn der Verlust seines Bruders zu dem Killer gemacht, der er jetzt war.
Denn ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass jemand der so sanftmütig und aufmerksam sein konnte, schon immer so kalt war.
„Ja. So kann man es wohl sagen.", seufzte er und begann etwas aus einer der Kisten zu ziehen, die die Jungs zuvor vom Karren geholt hatten.
Keine Minute später, gab er mir zwei Decken.
„Eine ist zum drauflegen und die andere zum Zudecken.", erklärte er und war wieder ganz der Alte. Verschlossen und kalt.
Fast hätte ich über seine Reaktion gelächelt. Er hatte Angst sich mir zu öffnen und versteckte sich stattdessen lieber hinter seiner Mauer.
Wortlos nahm ich seine Erklärung zu Kenntnis und breite mich aus. Mit einem Schluck Wasser spülte ich mir den Mund aus und band mir trotz Darians erneuter Warnung die Haare zusammen.
„Ich will nur schlafen und mich nicht auf einen Dorfplatz voller Vampire stellen, mit einem Schild über dem Kopf auf dem steht: „Bitte zubeißen!".", zog ich ihn auf und grinste als ich sein abfälliges Schnauben hörte.
„Außerdem, was soll mir schon groß passieren? Ich habe ja dich.", kicherte ich und legte mich zurück. Das Feuer wärmte meinen Rücken und ich drehte mich zur Seite.
„John! Du übernimmst die erste Wache. Adam, Lucas ihr macht noch einen kurzen Kontrollgang und dann legt ihr euch auch hin.", befahl Darian und alle anderen brummten zustimmend.
Ich verdrehte die Augen und zog mir die dünne Decke unters Kinn.
Wenig später wurde ich zur Seite gedrängt und ein Arm legte sich um meine Mitte.
Verwirrt drehte ich mich um, nur um feststellen zu müssen, dass Darian sich unter meine Decke gelegt hatte. Er trug nur noch ein T-Shirt und seine Hose. Sein Schwert hing dennoch an seiner Hüfte.
„Ähm, was wird das?", verlangte ich zu erfahren.
„Na was wohl?", stellte er die Gegenfrage und zog mich noch näher zu sich. „Ich werde schlafen."
„Ja aber nicht hier und nicht so!", lachte ich bitter.
„Und ob. Das sind immer hin meine Decken.", informierte er mich und lächelte.
Sofort wollte ich flüchten, aber er hatte so etwas wohl geahnt, denn sein Arm um meine Taille hinderte mich daran.
„Lass mich sofort los!", kommandierte ich, aber er lachte nur.
„Sei still und schlaf einfach.", lächelte er nur.
Ich gab einen frustrierten Laut von mir und ergab mich meinem Schicksal. Nicht, dass es mir nicht gefiel, mit der Stirn an seiner Brust einzuschlafen. Das war es definitiv nicht.
Ich wusste nur einfach, dass ich mich nicht daran gewöhnen durfte, da Darian am Ende meiner Reise mit Sicherheit nicht mehr Teil davon war.
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Teufelsherz
FantasiaDies ist die Legende über eine verschwundene Prinzessin und eine längst vergessene Welt. Eine Welt, die unter der unseren existiert. Eine Welt in der Blut Macht bedeutet. Elizabell hat alles was sich eine junge Frau wünschen kann: Einen Fre...