Schwarze Wand

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Es war still.
Kein Laut war zu hören.
Selbst mein eigener Herzschlag, schien in meinen Ohren viel zu laut.
Mit leerem Blick stand David mir gegenüber und versuchte zu begreifen, dass er das eben laut ausgesprochen hatte.
Die Leere in seinen Augen, spiegelte meine Gefühle in diesem Moment.
"Und jetzt?" Meine Frage zerriss die Stille die sich gebildet hatte.
Fragend begegnete er meinem Blick.
"Liebst du mich immer noch?" Aufmerksam beobachtete ich seine Reaktion. Vielleicht wäre durch seine Überlegungen sogar so weit abgelenkt, dass sich mir ein Weg zur Flucht auftun würde, auch wenn ich eher nicht daran glaubte. Aber die Hoffnung starb ja bekanntlich zuletzt.
Davids Blick kletterte an mir hinab. Dann seufzte er und fuhr sich müde übers Gesicht.
"Das ist nicht von Bedeutung.", nuschelte er.
"Das ist nicht von Bedeutung?", echote ich und zog meine Augenbrauen in die Stirn. "Es ist also nicht von Bedeutung, dass du mich noch lieben könntest?" Bitter lachte ich und schüttelte den Kopf.
"Es ist kompliziert...", begann er.
"Nein!", unterbrach ich ihn. "Ist es nicht! Und ich werde jetzt nicht weiter mit dir über eine Beziehung diskutieren, die auf Lügen gebaut wurde und zum Scheitern verurteilt war."
"Liz!" Er sprach meinen Namen so sanft. Voller Gefühle.
"Bitte geh!" Meine Stimme nicht mehr als ein dünnes Flehen.
"Du weißt, dass ich das nicht kann." Er ging einige Schritte auf mich zu.
Ich zwang mich stehenzubleiben. Nicht vor ihm zurückzuweichen. Auch wenn ich einfach nur weg wollte.
Er stand vielleicht noch ein, zwei Meter von mir entfernt. Aber diese Distanz reichte um mein Herz zum Rasen zu bringen.
"Ich will es nicht.", hauchte er und streckte seinen Arm aus. Seine Hand berührte meine Wange und ich schloss die Augen.
Die Finger waren kalt, als sie zärtlich über meine Haut strichen. Das war schließlich der Moment in dem mir bewusst wurde, dass das hier nicht MEIN David war. Das hier war nicht einfach nur ein harmloser Streit, bei dem wir gemeinsam analysierten warum unsere Beziehung in die Brüche gegangen war. Schön wärs!
"David!", wisperte ich. "Bitte!"
Mit einem einzigen großen Schritt überwand die letzten Meter Leere, die uns noch trennten und schob seine Hand in meinen Nacken.
Erschreckt versucht ich nach hinten auszuweichen, aber sein Griff war zu stark. Fest klammerten sich seine Finger in meinen Hals.
Was einst eine liebevolle Geste zwischen uns gewesen war, schien nun eine tödliche Falle geworden zu sein.
"Nur dieses eine Mal.", sagte er leise. "Nur noch dieses letzte Mal."
Schmerz stand in seinen Augen als unsere Blicke sich begegneten.
"Hör auf!" Angst stand in meinem Gesicht, als er mich näher zu sich zog. "David!" Mit jedem Wort wurde ich lauter. "Lass mich los! LASS MICH LOS!!"
Unkontrolliert schlug ich auf seine Brust und ließ nichts unversucht um aus seinem Griff zu entkommen.
"Wenn du dich nicht aufführen würdest wie eine Wahnsinnige, wäre es schon lange vorbei.", fuhr er mich an und die Entschlossenheit in seinem blieb, erschreckte mich.
Mit großen Augen sah ich ihn an und ließ meine Arme sinken.
Diesen Augenblick nutzte er aus und drückte seine Lippen auf meine.
Geschockt riss ich meine Augen auf. Starr vor Schreck, schaffte ich es nicht zu reagieren
Ich fühlte nichts dabei. Zumindest nichts positives. Da waren Nur Ekel und Angst.
Fast panisch umklammerte er meinen Nacken.
Ich trommelte mit meinen Fäusten gegen seine Brust. Versuchte ihn wegzudrücken.
„Hör auf!", nuschelte ich gegen seinen Mund, aber seine Lippen erstickten meine Hilfeschreie.
Er hatte die Augen geschlossen und konzentrierte sich offenbar ganz auf die Gefühle, die dieser erzwungene Kuss in ihm hervorrief.
Als er mir auch noch sanft über die Wange strich, explodierte etwas in mir.
Schnell riss ich mein Knie hoch und stieß ihn im gleichen Moment nach hinten. Überrascht keuchte er und hielt sich sein bestes Stück.
Während er versuchte sich auf den Beinen zu halten, spuckte ich auf den Boden und wischte mir über den Mund.
„Ich bring dich um!" Meine Stimme war ein dünnes Wimmern und nur halb so stark, wie ich sie mir gewünscht hatte.
Mit großen Augen blickte David zu mir.
Dann färbten seine Augen sich plötzlich rot.
Ein kleines „Oh verdammt!" glitt mir über die Lippen. Sofort fuhr ich herum und rannte los.
Quer durch das Unterholz.
Äste zerkratzten mir die nackte Haut.
Steine bohrten sich in meine Fußsohlen.
„Du kannst mir nicht entkommen!", hallte Davids dunkle Stimme durch den Wald.
Aber ich hielt nicht an.
Auch wenn jeder Schritt schmerzte und ich am liebsten einfach nur tot umfallen wollte.
Schwer atmend verlangsamte ich nach einiger Zeit meine Schritte und sah mich um. Alles war still. Meine Brust hob und senkte sich ungleichmäßig.
Um mich herum war nur schwarz.
Schwarze Bäume, die wie Wände in den Himmel ragten.
Schwarze Schatten, die jedes noch so kleine Licht verschluckten.
Und zwischen all dieser Dunkelheit stand ich und versuchte zu begreifen, was ich hier gerade eigentlich tat.
Ein Knacken hinter mir schreckte mich schließlich hoch und ich suchte hinter dem nächsten großen Baum Schutz.
Eng presste ich mich an das kalte Holz und hielt die Luft an.
Das Herz schlug mir bis zum Hals und wenn ich es schon so laut schlagen hören konnte, dann wäre es für einen erfahrenen Vampir ein leichtes mich zu finden.
„Liz!", tönte just in dieser Sekunde mein Name durch die Nacht. „Ich weiß, dass du hier bist."
Fest biss ich mir auf die Lippe und schloss die Augen.
Angst durchflutete meinen Körper, als Schritte sich näherten.
Automatisch drückte ich mich noch fester an den Baum und betete im Stillen, dass er einfach umdrehen und gehen würde.
Natürlich wusste ich, dass dies nicht der Fall sein würde.
„Lizabell.", lockte er und mein Herz machte einen Satz. „Komm raus. Du machst es und beiden leichter."
„Vergiss es.", murmelte ich tonlos und lehnte den Kopf an das Holz.
Dann war es plötzlich still.
Keine Schritte mehr.
Kein David, der irgendetwas rief.
Nichts.
Erleichtert wollte ich aufatmen, als etwas auf mich herab fiel und von den Füßen riss.
Ich schrie und fiel nach hinten.
Mir wurde sämtliche Luft aus den Lungen gepresst und schwarze Flecken begann sich auf meinem Sichtfeld zu verbreiten.
Panisch schnappte ich nach Sauerstoff und versuchte die Person von mir zu heben.
Ein grollendes Lachen ließ meinen Körper erzittern und wenig später wurde ich auf die Füße zurückgezogen.
„Eins zu Null für mich, Prinzessin.", flüsterte David mir ins Ohr, ehe er seine Hand in meinen Haaren vergrub und mich daran hinter sich herzog.
„Lass mich los!", fauchte ich und versuchte ihn zu treten. Doch ihn schien es nicht zu interessieren.
„DAVID!", schrie ich und stolperte hinter ihm her.
„WAS?", brüllte er und drehte sich zu mir herum.
Mit Tränen in den Augen sah ich ihn an. „Bitte!", flehte ich matt.
„Was bitte?", fuhr er mich an und riss meinen Kopf in den Nacken. Es knackte laut.
„Lass mich gehen." Lautlos glitten die Tränen über meine Wangen. „Bitte!"
Er sah mich ein, zwei Minuten nur still an. Dann legte sich ein kleines Lächeln auf seine Züge. „Nein." Er legte sich über die Lippen. „Weißt du, mir gefällt das so. Ich meine, dass du mir so schutzlos ausgeliefert bist." Seine Hand wanderte von meinem Kopf zu meinem Hals und er umrundete mich einmal. Tapfer blickte ich geradeaus und versuchte mir nicht anmerken zu lassen, wie viel Angst ich tatsächlich vor ihm hatte.
Seine Hand glitt tiefer und sein Zeigefinger malte schmale Linien auf mein Dekolleté.
Ich schluckte und versuchte die Tränen zu vergessen. „Du bist ein Monster."
Sein Lächeln wurde größer. „Früh erkannt."
„Du wirst dafür bezahlen.", drohte ich ihm und versuchte den Zorn aus meiner Stimme zu verbannen.
„Ach wirklich?", fragte er herausfordernd. „Und wer will mich bestrafen? Dein Vater? Du? Oder dein geliebter Darian?"
Langsam kam er näher und ich wich nach hinten aus, bis ich gegen einen Baum stieß. David lächelte und lehnte sich rechts und links mit seinen Armen neben meinem Kopf gegen den Stamm.
Fest biss ich die Zähne aufeinander. „Du wirst schon sehen, was du davon hast."
Er schmunzelte nur. „Ich habe keine Angst vor deinem Vater. Oder vor Darian. Und vor dir? Du kannst ja nicht mal eine Spinne platt treten." Sein Gesicht war meinem ziemlich nah. Uns trennten vielleicht drei Zentimeter.
Mit jedem seiner Worte wuchs der Zorn in mir. „Du Bastard." sagte ich wütend und spuckte ihm ins Gesicht.
Er zuckte nicht einmal mit der Wimper. Stattdessen zog er lediglich eine Augenbraue ein wenig in die Höhe, ehe er seine Hand hob.
Noch bevor ich begreifen konnte, was er vorhatte, klatschte es bereits laut und mein Kopf flog zur Seite.
Er hatte mir mit dem Handrücken ins Gesicht geschlagen. Ein schmerzhaftes Brennen durchzog meine Wange.
„Ich hasse dich!", flüsterte ich und blickte ihn mit großen, entsetzten Augen an. „Ich hasse dich so sehr."
Ein Muskel unter seinem rechten Auge zuckte kurz. „Ich weiß."
„Mehr fällt dir dazu nicht ein?" Ich schnaubte ungläubig, während ich versuchte den Schmerz in meinem Gesicht zu vergessen. „Du sagst nicht mehr, als ein dämliches „Ich weiß"?!" Mit jedem Wort wurde ich lauter.
„Du bist so ein Arschloch. Ich wünschte wirklich wir wären uns niemals begegnet! Ich kann nicht glauben, dass ich dich mal geliebt habe." Die Wut wandelte sich und hinterließ etwas viel schlimmeres: Enttäuschung.
Seine Augen wurden ein wenig dunkler. Ausdrucksloser.
„Ich bereue keinen unserer gemeinsamen Momente.", hauchte er und sah mich an.
„Du widersprichst dir selber!", feuerte ich zurück. „ Erst sagst du, dass du es leid bist, deine Zeit an mich und mein Selbstmitleid verschwendet zu haben und jetzt behauptest du, dass du keinen Moment bereust? Ist dein Ernst?"
„Denkst du etwa mir hat es Spaß gemacht, dir all die Jahre etwas vorzumachen und dich zu belügen?", stellte er die Gegenfrage und fuhr sich aufgebracht durch die Haare.
„Lustig, eben hast du noch gesagt, wie naiv ich doch bin und wie leicht es dir gefallen ist, mir so lange etwas vorzumachen.", stellte ich fest und verzog gespielt nachdenklich das Gesicht. Nur um diese Bewegung keine Sekunde später zu bereuen. Mein ganzer Kopf schmerzte. Morgen würde meine Wange bestimmt grün und blau leuchten.
„Es reicht jetzt!", drohte David, doch nun war ich die Person die bitter lachte.
„Es reicht noch lange nicht.", lachte ich und schüttelte den Kopf. „Denn dein größtes Problem bist du selber. Du stehst dir selber im Weg."
„Wag es nicht...", fauchte er leise. Aber ich dachte gar nicht daran aufzuhören.
„Du bist auf der einen Seite noch so blind vor Liebe zu mir und auf der anderen gehörst du ganz deinem König. Du tust was er sagt, auch wenn es dir eigentlich nicht passt..."
„Sei still!", drohte er und ich wusste ich, dass ich gerade dabei war eine gefährliche Grenze zu überschreiten.
„Und genau das ist der Punkt: Du hast Angst vor deinem König und deswegen stellst du deine Bedürfnisse lieber zurück und tust was man von dir verlangt. Ich verurteile dich nicht dafür. Du nimmst halt lieber den leichten Weg im Leben..."
„STOP!", brüllte er und seine Hände ballten sich zu Fäusten.
„Ich hab gerade erst angefangen!" Charmant lächelte ich und da brannten bei ihm alle Sicherungen durch. Er schlug mit der Faust gegen den Baum. Genau neben meinem Ohr.
Dann schubste er mich zur Seite.
„Sei still!", befahl er und kam auf mich zu.
„Vergiss es!", spuckte ich ihm entgegen.
Erneut stieß er mir gegen die Brust.
Tja und dieses Mal traf er gut.
Ich verlor das Gleichgewicht und fiel nach hinten. Ein stechender Schmerz zuckte durch meinen Kopf und plötzlich wurde alles schwarz.

TeufelsherzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt