Der Einzige Zeuge

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Tränen standen in meinen Augen, als ich auf die Flammen blickte, die das Wirtshaus dem Erdboden gleichmachten.

Es roch nach verbranntem Holz, hauptsächlich.

Doch das linderte nicht die Übelkeit in meinem Magen.

Darian stand neben dem Pferd auf dem ich saß und hielt meine Hand, während die anderen ein wenig hinter uns standen.

Stumm holte ich Luft und versuchte nicht daran zu denken, dass Maries Familie niemals erfahren würde, was ihrer Tochter zugestoßen war.

Sie hatte so viel mehr verdient.

Ein richtiges Leben.

Eine richtige Zukunft.

Ein richtiger Abschied, von den Menschen, die sie liebten.

Oder wenigstens eine richtige Beerdigung.

Der Gedanke daran, dass ich ihr nicht hatte helfen können, schnürte mir die Luft ab und ich klammerte mich an Darians Schulter.

Meine Knöchel traten weiß hervor.

Sie war eine weitere Seele, auf meiner Reise, die ich nicht hatte retten können.

Auch wenn es nicht meine Schuld war.

Vor meinem inneren Auge lief gerade wieder der Film ab, wie Darian meine Hände von Maries schon fast kaltem Körper, gelöst hatte und mich einfach nur festhielt.

„Es tut mir leid.", flüsterte er und blickte mich an.

Ich nickte nur. Ich traute meiner Stimme nicht. Sie würde brechen, wenn ich jetzt etwas sagte.

„Du hättest nichts ändern können, das weißt du oder?", fragte Darian und beobachtete, wie das Feuer sich in meinen tränenden Augen spiegelte.

Die hellen Flammen boten einen starken Kontrast zu der dunklen Nacht um uns.

Erneut nickte ich.

„Immerhin warst du bei ihr. Als sie..." Er stoppte und sah zu mir.

„Als sie gestorben ist, meinst du.", beendete ich für ihn und holte tief Luft.

Jetzt war er es, der nickte. „Ich bin unglaublich stolz auf dich."

Verächtlich schnaubend wandte ich den Kopf ab und versuchte meine Tränen zu verbergen.

Darian schwang sich hinter mich auf unser Pferd und legte die Arme um mich.

Sanft küsste er meine Schläfe und hielt mich, während er den anderen deutete, dass wir nun weiterziehen würden.

„Ich denke nicht, dass ich in der Lage gewesen wäre, ihre Hand zu halten, bis es vorbei ist.", gestand er.

Unkommentiert lehnte ich meinen Kopf an seine Brust und schloss die Augen.

So gut es ging, versuchte ich meine Emotionen zu verdrängen. Unendlich müde, das war ich.

Alles drehte sich und ich wollte einfach nur noch schlafen.

Irgendwann gelang es mir, die Realität soweit zu verdrängen, dass ich tatsächlich einschlafen konnte.

Und am liebsten wäre es mir, ich würde erstmal nicht mehr aufwachen.

„Hey Bell.", drang Darians Stimme zu mir durch. „Wir machen eine Pause. Vielleich möchtest du ja ein Bad nehmen."

Langsam öffnete ich meine Augen.

Die Abenddämmerung brach bereits über uns hinein.

Wir waren den ganzen Tag geritten. Dementsprechend knackte mein Rücken laut, als ich mich streckte.

TeufelsherzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt