Dann sah ich nur noch schwarz. Ein gewaltiges schwarzes Fellbündel. Und es riss mich zu Boden.
Mein Kopf schlug auf dem Boden auf.
Mein Herz setzte aus.
Scharfe Klauen bohrten sich in meine Schultern.
Gelbe Augen blickten mir direkt in die Seele.
Der Schattenwolf knurrte.
Ich schloss die Augen und hielt den Atem an.
Ich wollte nicht erst seine langen Zähne sehen, bevor er mir damit die Kehle aufriss.
Plötzlich ein lautes Jaulen.
Danach ein schmerzgepeinigtes Brüllen.
Keine Sekunde später brach der Himmel über mich herein.
Und das in Form eines tonnenschweren Schattenwolfes. Ich schrie auf.
Sein schwerer Brustkorb drückte mir den letzten Rest Sauerstoff aus den Lungen und ich versuchte irgendwie mich zu befreien. Aber es schien unmöglich.
Ich spürte bereits seine Zähne an meinem Hals, als mir auf einmal auffiel, dass der Wolf sich nicht mehr bewegte und auch kein heißer Atem mehr mein Gesicht strich, wie er es zuvor noch getan hatte.
Was war passiert? War ich bereits tot?
Irgendetwas stimmte nicht. Um mich herum war alles dunkel. Kein Laut drang an meine Ohren und doch pulsierte mein Körper.
Die Stellen an meinen Schultern, an denen die Klauen des Wolfes ihre Spuren hinterlassen hatten, brannten fürchterlich.
Ich konnte also nicht tot sein.
„Hilfe!", rief ich. Aber meine Stimme war dumpf und drang nur leise an mein eigenes Ohr.
Panik überfiel mich. Das konnte nicht das Ende sein. Aber warum konnte ich mich dann nicht bewegen? Warum half mir denn niemand?
Tränen entflohen meinen Augen, schafften es aber nicht einmal sich ihren Weg über mein Gesicht zu suchen, weil sie vorher gestoppt wurden.
Ich wusste nicht, wie lange ich einfach dalag und mir einredete, dass ich nicht tot war.
Es konnten Stunden sein. Minuten. Oder einfach nur Sekunden.
Plötzlich hörte ich Stimmen und etwas berührte meine Hand. Es dauerte nicht lange, bis ich wieder Luft bekam und mich an das erstbeste klammerte, was mir in den Weg kam.
Die Tränen liefen nun unaufhaltsam, während mein Körper immer und immer wieder von heftigen Schluchzern geschüttelt wurde.
„Es ist alles gut.", drang eine beruhigend tiefe Stimme an mein Ohr. „Ich hab dich. Er kann dir nichts mehr tun."
Ein wohlbekannter Duft nach Wald und Moos umhüllte mich und allmählich beruhigte ich mich.
Meine Augen waren rot unterlaufen und meine Nase lief, als Darian sich schließlich von mir trennte.
Er lächelte erleichtert, als seine warmen Hände sich um mein Gesicht legten und mich dazu brachten ihn anzusehen.
„Meine kleine tapfere Prinzessin.", flüsterte er und lehnte seine Stirn gegen meine.
Ich ließ zu, dass seine Geste mir Kraft gab und schmiegte mich an ihn.
„Ich hatte solche Angst um dich.", wisperte er und schloss die Augen. „Der Wolf hat dich komplett unter sich begraben. Wenn Adam nicht geschossen hätte..."
Er ließ den Satz unvollendet in der Luft hängen und ich begriff, wie knapp ich dem Tod von der Schippe gesprungen war.
„Es tut mir so leid.", flüsterte er. „Es tut mir so leid. Es tut mir so leid." Ich konnte nicht sagen, wie oft er diesen einen Satz wiederholte, aber ich begann mich zu fragen, was ihm denn so unglaublich leid tat.
„Was?", unterbrach ich ihn. Meine Stimme war belegt. „Was tut dir leid?"
Er löste sich ein Stück von mir und sah mich intensiv an. Seine wunderschönen Augen blickten mich eingehend an. Etwas Trauriges lag in dem sonst so kalten Blau.
„Darian! Was hast du getan?", fragte ich leise.
Als könnte er nicht glauben, dass ich hier bei ihm war, zog er mich erneut an sich und hielt mich fest an seiner Brust.
Erleichtert hörte ich ihn ausatmen.
„Ich habe nichts getan.", erklärte er dann und ich sah ihn verwirrt an.
„Ich verstehe nicht ganz...", meinte ich und zog die Stirn in Falten.
Neben uns lag ein lebloses schwarzes Fellknäul. Der Schattenwolf war tot.
Seine Augen starrten leer in die Unendlichkeit.
In meinem Kopf reihte sich eins und eins zusammen und ich begann zu begreifen. Ich war nie tot gewesen.
Adam hatte auf das Monster geschossen und es war auf mir zusammengebrochen. Es hatte mich nicht zerfleischt. Stattdessen hatte es mich fast zerquetscht.
Es konnten also nur Sekunden gewesen sein, bis Darian mich unter dem Ungetüm herausgeholt hatte.
Trotzdem waren es Sekunden, in denen ich mich fühlte, als würde ich sterben.
Sekunden des Unglaubens.
Sekunden des Entsetzens.
Sekunden des Grauens.
Sekunden der Panik.
Sekunden der Angst.
„Ich habe nichts getan, verdammt!" Darian löste sich von mir und fuhr sich aufgebracht durch die Haare.
„Ich stand einfach nur da und habe zugesehen, wie der Wolf sich auf dich stürzte. Es war als hätte ich deine Angst gespürt. Ich war gelähmt. Konnte mich nicht bewegen. Geschweige denn dir helfen. Ich stand einfach nur hier und habe nichts getan. Nichts!", schrie er und trat gegen den leblosen Körper des Schattenwolfes.
Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Ich war nicht wütend. Oh Gott, nein! Wie könnte ich wütend sein?
Ganz im Gegenteil: In mir erblühte etwas. Und es war mehr als nur ein zarter Keim.
Seine Reaktion, auch wenn sie mir fast das Leben gekostet hatte, zeigte mir, dass er doch etwas für mich empfand. Er war nicht nur der kalte Soldat, der er vorgab zu sein. Da war noch mehr. Da waren Gefühle in ihm. Hoffnungen. Vielleicht sogar Träume.
Ein lauter Schrei holte mich schlussendlich aus der Starre, in die ich gefallen war.
Darian brüllte wieder und rammte dem toten Wolf sein Schwert in die Brust.
Offenbar wollte er sichergehen, dass das Monster nie wieder aufstand. Aber aufstehen würde es nach Adams Pfeil in seinem Rücken so oder so nie wieder.
Einige Minuten ließ ich es zu, dass Darian an dem toten Wesen seiner Wut freien Lauf ließ.
„So wirst du deine Tat nicht ungeschehen machen.", sagte ich leise und blickte ihm stolz entgegen.
„Das weiß ich.", zischte er und riss seine Waffe aus dem Körper.
Ich zuckte zusammen und schloss kurz reflexartig die Augen. Öffnete sie aber sofort wieder, als eine weiche Hand sich auf meine Wange legte.
Um Darians Lippen hatte sich ein zufriedener Zug gelegt.
„Ich wünschte wir wären uns unter anderen Umständen begegnet.", hauchte er und mein Herzschlag verdreifachte sich augenblicklich.
„Dann könnte ich der Mann sein, den du dir wünscht. Ich würde dich jeden Morgen mit einem Kuss auf die Lippen wecken. Dir jeden Wunsch von den Lippen ablesen. Dich vor all dem Bösen in der Welt beschützen. Ich würde dir Blumen schenken und dich zum Lachen bringen. Ich würde deine Hand halten, wenn es dir schlecht geht und dich aufbauen, wenn du am Boden bist. Ich wäre da, wenn du mich rufst und ich würde bleiben, wenn du mich wegschickst." Sein Atem kitzelte angenehm auf meinen Lippen.
„Ich könnte dich glücklich machen.", endete er und ich befürchtete, dass ich fast wieder losweinen würde.
„Du kannst dieser Mann sein.", flüsterte ich und ging vorsichtig noch einen Schritt auf ihn zu.
„Lass uns all das hier vergessen und fortgehen. Nur du und ich."
Seine Augen zeigten, dass er sich nichts sehnlichster wünschte, als das was ich ihm gerade vorgeschlagen hatte.
Aber da war noch etwas anderes. Etwas Gewaltiges: Angst.
Und das war der Moment in dem ich wusste, dass dieser gemeinsame Traum niemals in Erfüllung gehen würde.
Er war zu tief in diese Vampirgeschichte verwickelt um einfach so zu verschwinden. Dessen war ich mir bewusst.
„Sie würden uns niemals in Ruhe lassen. Ich habe Sachen gesehen und weiß Dinge, die nicht für andere Ohren oder Augen bestimmt sind. Dein Vater würde uns nicht gehen lassen. Und selbst wenn er es täte, die anderen Reiche würden morden um an die Informationen zu kommen, die hier" Er deutete auf seinen Kopf „drinnen sind. Du wärst nicht sicher. Das wärst du nie, wenn wir zusammen sind. Wir wären ständig auf der Flucht."
„Und was, wenn mir all das egal wäre?", entgegnete ich und legte mutig meine Hände auf seine Brust.
Ein, zwei Minuten sah er mich nur still an. „Mir ist es nicht egal. Ich will dich in Sicherheit wissen. Und der sicherste Platz ist an der Seite deines Vaters."
Im ersten Moment dachte ich, dass ich mich verhört hatte. Danach hoffte ich, dass ich mich verhört hatte.
Und schließlich, wusste ich, dass ich mich nicht verhört hatte.
„Das meinst du nicht ernst!", behauptete ich und konnte weder den Schmerz noch die Enttäuschung aus meiner Stimme verbannen.
„Es tut mir leid, Elizabell." Bedauern lag in seinem Blick. „Wir... Ich darf das nicht."
Entsetzt sah ich ihn an. Wieso machte er mir Hoffnungen und zerstörte sie kurz darauf direkt wieder? War das seine Art der Rache, weil ich weggelaufen war?
Dabei dachte ich, wir wären darüber hinweg.
Offenbar hatte ich mich getäuscht. Aber ich würde ihm nicht zeigen, wie sehr seine Reaktion mich verletzte.
„Nein Darian. Mir tut es leid.", entgegnete ich und straffte die Schultern. Auch wenn es höllisch wehtat. „ Mir tut es leid, dass du zu sehr in deiner eigenen Welt gefangen bist, um zu erkennen, dass es auch noch andere Universen gibt, die sich für dich offen halten."
Meine Worte hatte ich bewusst so gewählt. Ich wollte ihn treffen. Vielleicht wollte ich ihn ein wenig verletzten.
Aber vielleicht würde er dadurch seine Augen öffnen.
Auch wenn ich es nicht glaubte.
Er war viel zu sehr an diese Welt gebunden. Wäre ich wirklich seine Seelengefährtin wären wir bereits über alle Berge.
Offenbar hatten wir beide zu viel in unsere Gefühle hineininterpretiert.Hey ihr Lieben,
Tut mir leid, dass erst jetzt wieder ein neues Kapitel kommt.
Aber ich bin momentan ja in Lübeck in der Berufsschule und muss mich so durchs Leben kämpfen.
Ich hoffe ich schaffe es noch diesen Monat ein paar Kapitel hochzuladen.
LgAnna-Lena
![](https://img.wattpad.com/cover/53232390-288-k296954.jpg)
DU LIEST GERADE
Teufelsherz
FantasyDies ist die Legende über eine verschwundene Prinzessin und eine längst vergessene Welt. Eine Welt, die unter der unseren existiert. Eine Welt in der Blut Macht bedeutet. Elizabell hat alles was sich eine junge Frau wünschen kann: Einen Fre...