Kapitel 42 - Ein neuer Feind.

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Draco

Samstag. Der Tag, an dem sich so vieles änderte. Der Tag, an dem uns eine große Hoffnung verließ. Der Tag, an dem alles doppelt so schlimm wurde wie gedacht.

Ich saß auf einem der grünen Sofas im Gemeinschaftsraum und starrte in die Leere. Lyssa hatte ich seit heute morgen nicht mehr zu Gesicht bekommen. Aber als ich sie das letzte Mal sah, war sie leichenblass gewesen. Ihre Augenringe waren um einiges schlimmer als meine, seit dem Tod ihres Vaters schlief sie nur selten und wenn, dann nicht sehr lange.

Ich spürte wie sich die Couch neben mir senkte und drehte mich panisch zur Seite, aber es war nur Daphne. Ihr ging es auch nicht gerade blendend, sie bekam den ganzen Unsinn ja mit.

Langsam streckte sie ihre Arme aus und nahm mein Gesicht in ihre Hände. Sanft strich sie mit ihren Daumen über meine Augenringe.

„Wie viel hast du die letzten Tage geschlafen?" wisperte sie und sah mir sorgenvoll in die trüben Augen.

„Ich weiß nicht", flüsterte ich zurück, „vielleicht 5, 6 Stunden." Ich senkte meinen Kopf, weil ich nicht wollte, dass Daphne die Tränen sah, die mir plötzlich in die Augen gestiegen waren. Aber sie kannte mich. Sie drückte mich sanft an ihre Brust und streichelte leicht durch meine Haare. So wie es Lyssa auch schon getan hatte. Leider konnte ich mich daran nicht erinnern, ich wusste es nur aus Erzählungen ihrer Eltern.

„Weißt du wo Lyssa ist?", unterbrach Daphnes dünne Stimme die minutenlange Stille.

Ich schüttelte leicht den Kopf. „Hab sie heut morgen das letzte Mal gesehen."

Daphne schnaufte kurz hörbar, dann stand sie auf. „Ich werd sie suchen", stellte sie mit entschlossener Miene fest.

„Nein, Daphne lass sie, ich glaub sie will allein sein!", rief ich ihr hinterher und sprang vom Sofa auf, aber da war sie schon mit wehenden Haaren aus dem Gemeinschaftsraum verschwunden.

Eine Gruppe Mädchen starrte mich entgeistert an, ich verdrehte nur die Augen und folgte nach kurzen Überlegungen Daphne nach draußen.

Ziellos lief ich durch die langen Korridore, hin und wieder begegnete ich Schülern die mich erschrocken angafften.

Ich fand weder Lyssa noch Daphne und ein Blick auf die große Uhr neben den Punktegläsern verriet mir, dass es nur noch zwei Stunden waren.

Mein Magen drehte sich um und mir wurde speiübel. Ich stützte mich nach vorne auf meine Knie und versuchte mich zu beruhigen und zu Atem zu kommen.

Ich schloss meine Augen und presste sie fest zusammen, als könnte ich an einen anderen, weniger grausamen Ort apparieren und dort für immer bleiben.

Ich war so damit beschäftigt mich zu sammeln, dass ich schrecklich zusammenzuckte, als sich eine Hand sanft auf meinen Rücken legte. Ich schnellte nach oben und sah in die tiefgrünen Augen meiner besten Freundin.

„Lyssa", hauchte ich erstickend, dann viel ich ihr um den Hals und drückte sie fest an mich.

Ich spürte ihren Atem an meinem Hals und eine Gänsehaut breitete sich auf meinem ganzen Körper aus. Sie zitterte unheimlich, und es tat mir in der Seele weh, sie nicht vor dem Auftrag bewahren zu können.

Als wir uns voneinander lösten, nahm Lyssa meine Hand in ihre, verflocht unsere Finger miteinander. Mein Herz fing an, wie wild zu pochen und mein flaues Gefühl im Magen wurde nochmal stärker. Es war komisch zwei so starke Gefühle in sich zu spüren. Zum einen Angst, furchtbare Angst, zum anderen so starke Freundschaft.

Es war doch Freundschaft, oder?

Schweigend gingen wir zum schwarzen See und ließen uns ins Gras sinken. Lyssa ließ meine Hand nicht los, und ich war froh darum, denn sie war wie ein Anker für mich, dass ich nicht komplett verrückt wurde heute.

The Slytherin Girl - Kalte AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt