Kapitel 55 - Er ruft

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Allyssa

Ich stand nur von der Couch auf, wenn ich etwas essen wollte, oder ins Badezimmer ging. Ansonsten vegetierte ich so vor mich hin, immer den Blick auf den Garten gerichtet. Seit Draco mich weggeschickt hatte waren zwei Wochen vergangen. Zwei Wochen in denen der Fluch in meiner Brust wieder stark pochte.

Der Zauber im Ring wurde schwächer. Voldemorts Fluch stärker.

Ich wusste, dass ich bald sterben würde. Also vielleicht war es gar nicht mal so schlecht gewesen, dass Ginger Draco den Brief gebracht hatte. Es war ein bisschen so etwas wie ein Abschiedsbrief. Vorsichtshalber hatte ich für Daphne auch einen geschrieben. Er lag oben auf meinem Schreibtisch, eingeklemmt zwischen zwei Büchern, dass ihn der Wind nicht holen konnte. Ich war mir sicher sie würde ihn finden, wenn es nötig wäre.

Meine Mum hatte nicht nachgefragt, als sie vor einer Woche heim gekommen war. Sie hatte mir etwas gekocht und sich dann stumm zu mir gesetzt, einen Arm um meine Schultern gelegt. Es tat so unendlich gut. Sie war die einzige Person, die für mich da war.

Ansonsten war ich allein. Wieder einmal...





~*~





Es war der Abend des 1. Mai. Ich saß auf dem Sofa, mein Blick auf den Garten gerichtet. Es war bereits duster und ich war gerade dabei, meine Haare zu einem Zopf zu flechten.

Eigentlich wollte ich bald schlafen. Meine Mum werkelte noch in der Küche herum.

Alles war normal. Alles war wie immer.

Bis plötzlich ein unendlich grausamer Schmerz meinen linken Arm durchzog. Ein erschrockener Schmerzensschrei entfuhr meinen Lippen, ich riss meinen Arm nach vorne, dass ich ihn sehen konnte.

Der Totenkopf und die Schlange bäumten sich auf, als würden sie aus meiner Haut springen wollen. Ein roter Rand zeichnete sich um das Tattoo herum ab, seine Farbe wurde schwärzer und schwärzer.

Ich presste meine Hand zu einer Faust zusammen, versuchte mich irgendwie von diesem furchtbaren Schmerz abzulenken. Aus Panik biss ich mir innen auf die Wange, kurze Zeit später schmeckte ich Blut.

Es dauerte... Es dauerte so unendlich lange. Aber dann klang der Schmerz langsam ab. Ich öffnete die Faust, meine Finger waren schon ganz weiß geworden, die Nägel hatte ich mir in die Handfläche gedrückt.

Ich schloss meine Augen und atmete ruhig ein und aus.

„Allyssa", hörte ich die ängstliche Stimme meiner Mum. Ruckartig drehte ich mich um.

„Was war das?!", frage ich sie geschockt, mein linkes Handgelenk fest umklammert.

„Er ruft", wisperte sie, dann verschwand sie, die Treppe hinauf.

Er ruft... Voldemort ruft?

Ich eilte meiner Mutter hinterher. „Was soll das heißen?", schrie ich sie an, sobald ich sie im Schlafzimmer entdeckt hatte.

„Lyssa, zieh dich um, wir müssen los", sagte sie eindringlich und warf mir einen warnenden Blick zu.

Völlig verwirrt lief ich in mein Zimmer, zog mir eine schwarze Hose, ein schwarzes T-Shirt und meinen schwarzen Umhang an. Weil auch meine Haare schwarz waren, leuchtete meine Haut weiß. Meine grünen Augen versprühten wieder etwas mehr Kälte. Seit Draco mich verlassen hatte, waren sie wieder so wie vor Hogwarts. Keine Gefühle in ihnen, nur Kälte.

The Slytherin Girl - Kalte AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt