Kapitel 39 - Auf Nimmerwiedersehen

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Allyssa

Am dritten Schultag nach den Osterferien kam Ginger durch das Fenster meines Zimmers geflogen und setzte sich mit hängendem Kopf auf meine Schulter, einen makellosen weißen Brief am Bein.

Ich musste ihn nicht öffnen um zu wissen was drin stand. Aber Ginger pikste mich so lange in die Wange, bis ich mich endlich bewegte. Aber ich nahm den Brief nicht ab, nein, ich machte mich mit tauben Gliedern auf den Weg zum schwarzen See.

Direkt am Ufer ließ ich mich auf das Gras fallen und sah nach oben. Die Sonne ging gerade unter. Ich fand es unpassend. Irgendwie unpassend, und irgendwie auch nicht.

Nach ein paar Minuten nahm ich dann allen Mut den ich hatte zusammen und nahm den Brief mit zittrigen Händen von Ginger entgegen.

Meine Eule hüpfte auf meinen Oberschenkel und drückte sich an meinen Arm und Oberkörper.

Ich ließ sie, meine Augen starr auf den Briefumschlag gerichtet, der in meinen Händen von der untergehenden Sonne in oranges Licht getaucht wurde.

Als ich das rote Sigel durchbrach zuckte ich heftig zusammen.

Dann holte ich das Pergament heraus, faltete es auseinander und begann mit starrem Blick zu lesen.

Meine Gefühle und Gedanken bestätigten sich. Mein Vater war tot.

Mit tauben Fingern ließ ich das Blatt fallen. Der Wind nahm es auf und blies es umher, aber ich bekam das gar nicht mit.

Ich blickte auf das schwarze Wasser des Sees und kämpfte mit mir selbst.

Diesmal erschrak ich nicht, als Draco plötzlich hinter mir stand und leise meinen Namen flüsterte. Ich drehte mich um und lächelte ihn stark an.

In diesem Moment löste sich eine Träne aus meinem rechten Auge und lief nass meine Wange nach unten.

Draco sprang zu mir, ließ sich vor mir auf die Knie fallen und drückte mich an sich. Ich versteckte mein Gesicht in seinem Umhang, und schluchzte, weil ich keine Luft bekam. Mein Hals wurde mir zugeschnürt, und meine Brust schmerzte unheimlich. Aber diesmal nicht wegen Voldemorts Fluch, der immer noch in mir war, nein, diesmal schmerzte mein Herz. Es schmerzte so sehr, dass mein Blickfeld am Rand schwarz wurde, und ich mich noch mehr an Draco klammerte.

Tränen kamen keine mehr. Ich hatte seit über 5 Jahren nicht mehr geweint. So war ich nicht. Und ich wusste, dass Dad es nicht gewollt hätte, dass ich hier saß. Weinend und gebrochen.

Ich wiederholte seine letzten Worte immer und immer wieder in meinem Kopf, irgendwann flüsterte ich sie an Dracos Brust.

„Bleib stark. Bleib stark. Bleib stark."

Mein bester Freund strich mir beruhigend über den Rücken und sagte gar nichts. Und genau darum war er der Einzige, den ich in diesem Moment bei mir haben wollte.

Nach langer Zeit, als die Dunkelheit schon schwarz über uns gekommen war, hob ich meinen Kopf und starrte Draco in die leuchtenden grauen Augen.

Sein Gesichtsausdruck war kurz überrascht, ich wusste weswegen und wisperte nur, „Er hätte nicht gewollt, dass ich wegen ihm weine."

Draco nickte und schloss mich richtig in die Arme. Ich schlang meine um seinen Hals und drückte mein Gesicht in seine Halsbeuge.

Alleine hätte ich es nicht geschafft. Alleine wäre ich verzweifelt, das wusste ich.

Eine Weile lagen wir uns in den Armen, dann setzten wir uns eng nebeneinander und beobachteten das Wasser, oder starrten den Mond an.

„Ich hätte ihm viel öfter sagen müssen, dass ich ihn liebe", flüsterte ich irgendwann mit rauer Stimme.

The Slytherin Girl - Kalte AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt