Nervös strich ich mein dunkelblaues Oberteil glatt und schaute mich nochmal nach Ed um. „Klingel doch schon mal.", lächelte der gequält und zog mein Gepäck die Treppe hoch. Langsam nickte ich und drückte unter dem Schild ‚Sheeran' auf den Knopf. Von drinnen hörte ich aufgeregte Stimmen und, als mein Freund endlich neben mir stand, wurde die Tür geöffnet. Ich konnte nur eine Sekunde hellrotes Haar aufblitzen sehen, bis sich jemand auf Ed warf und ihn umarmte. Lächelnd wand ich meinen Kopf und sah in das Gesicht eines Mannes, der nur sein Vater sein konnte. „Hallo.", sagte ich grinsend und hielt ihm die Hand hin. Das über lächelte er jedoch nur und umarmte mich ebenfalls. Zwar nicht so innig, wie Ed gerade in die Arme geschlossen wurde, doch ich merkte schon, wie die Geste gemeint war. ‚Mein Sohn hat dich geschwängert, du gehörst jetzt zur Familie.' Naja, nicht ganz. „John.", er reichte mir jetzt doch die Hand. „Jojo." Er nickte, drehte sich dann um und rief ins Haus: „Matthew, komm her!" Anstatt John weiter an zu starren, während er auf Matthew wartete, drehte ich mich zu Eds Mom um, die offensichtlich seit Monaten auf diesen Moment gewartet hatte. „Ich freue mich so, dich endlich kennenzulernen." „Die Freude liegt ganz...", zum zweiten Mal wurde ich von einem weiteren Sheeran-Familienmitglied förmlich zerquetscht.
Zehn Minuten später saß ich neben Imogen, Eds Mutter, am Esstisch. Wenigstens konnte Ed dann nicht meine Hand zerquetschen, wenn ich etwas peinliches sagte, er war mir nämlich gegenüber. John hatte, typischerweise, am Kopf des Tisches Platz genommen, während mich Matthew komisch von links anstarren konnte. Perfekte Ausgangssituation für ein Abendessen also. Imogen hatte Wraps vorbereitet und als ich den ersten Bissen nahm, war mir sofort klar, woher Ed sein Talent im Fajitas machen hatte. Es schmeckte so gut, dass ich seufzen musste. „So, dann erzählt uns doch mal, wie ihr euch kennengelernt habt." Ich bekam einen Hustenanfall und sabberte meinen Bissen wieder auf den Teller. Alle sahen mich angewidert an. Verdammt. „Tut mir Leid, Sodbrennen.", log ich und winkte ab. Sofort fingen alle an, verständnisvoll zu lächeln. „Also?", fing Imogen wieder an. „Ich hatte ein Konzert in Köln.", sagte Ed und dachte wohl ernsthaft, dass seine Mutter damit zufrieden sein würde. „Und du warst ein kranker Fan im Publikum?", das war Matthews erste Frage an mich, und sie war nicht sehr nett. „Nein", sagte ich gedehnt. „Ich war Sanitäterin und Ed hatte einen Zusammenbruch auf der Bühne. Als ich ihn dann versorgt habe, haben wir uns unterhalten." Etwas unsicher sah ich zu meinem Freund auf, der sich wohl gerade in diesem Moment daran erinnerte, wie er mich, gegen meinen Willen, damals geküsst hatte. Sein dreckiges Lächeln brachte mich aber kein Stück weiter. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich das nochmal jemanden erzählen musste.
„Jedenfalls bin ich dann nach London gezogen und wir haben uns zufällig wieder getroffen." Die Tatsache, dass Ed mich belagert und bedrängt hatte, ließ ich mal aus. „Ich hab sie dann auf ein Abendessen eingeladen." Seine Mom lächelte stolz, als hätte sie ihn so erzogen. Schnell stopfte ich mir weitere Bissen rein, damit mich bloß niemand ansprach. Doch da hatte ich mich wohl geirrt. Sobald ich einen Schluck Wasser genommen hatte, wurde ich auch schon direkt von John gefragt; wie es denn mit meiner Karriere aussieht. Mir war sofort klar, warum er das fragte, schließlich war unsere Geschichte schon ziemlich verdächtig. Ich versuchte zu erklären, warum ich mein Studium abgebrochen hatte, ohne dabei so zu wirken, als hätte ich null Ehrgeiz. Schließlich hatte ich mich schon längst um andere Möglichkeiten gekümmert. „Naja, du hast wenigstens einen Schulabschluss, was man von Edward ja nicht sagen kann." Todesblick von Ed an seinen Vater. Ein unterdrücktes Lachen von Matthew und mir. Imogen, die jetzt nicht mehr so glücklich aussah, kündigte den Nachtisch an. Yes, mein Heißhunger war nämlich noch nicht ganz verschwunden.
Nach dem Essen bedankte ich mich bei Imogen für's Kochen und verschwand erstmal im Bad, um zu Duschen. Das Haus war nicht besonders groß, also würde ich auf einer Matratze in Eds Zimmer pennen, während er auf seinem Bett schlafen würde. Sein Vater versicherte mir, dass der Boden bequemer sein würde. Das war mir aber auch relativ egal, da ich eh schon die Rückenschmerzen des Todes hatte. Nach dem Duschen wollte ich mir meinen Pyjama anziehen, denn normalerweise pennte ich einfach in einem riesigen T-Shirt, doch ich wollte keinen falschen Eindruck hinterlassen. Die Hose passte auch noch, doch das Oberteil ging gar nicht. Ich hatte das Gefühl, dass ich gleich platzen würde. In meiner Not wickelte ich mir mein Handtuch um und rannte über den Flur zu Eds Zimmer, um mir irgendwas anderes zu holen. Doch ich hörte Stimmen dadrin und, hinterlistig wie ich war, drückte ich mein Ohr an die weiße Holztür.
„Bildest du dir wirklich ein, dass Mom und Dad es toll finden, dass du nach mehr als einem Jahr hier auftauchst, mit einer schwangeren Freundin?" „Was redest du da?" Matthew. Ed klang ziemlich verwirrt. Genauso wie ich. „Sie will doch offensichtlich nur was von deinem Geld." „Ist dir klar, dass die letzte Freundin, die ich nach Hause gebracht habe, 16 war? Seit ich Musik mache, hatte ich nie wieder das Bedürfnis dazu. Mich interessiert eure Meinung darüber nicht. Sie trägt mein Baby aus.", Eds Stimme wurde immer lauter. „Wir lieben uns und das wird auch so bleiben, verstanden? Mischt euch da bloß nicht ein." Ich schlug mir die Hand vor den Mund. Warum redete er so mit seinem Bruder über mich? Warum verteidigte er mich so? Offensichtlich war die Diskussion beendet und Matthew verließ wütend das Zimmer. Zum Glück bemerkte er mich nicht. Ich wartete die fünf Sekunden, bis er verschwunden war und öffnete dann langsam die Tür. Eigentlich wollte ich ihn jetzt umarmen und trösten, weil er heulend auf dem Boden sitzen würde, aber der Typ machte mir natürlich einen Strich durch die Rechnung. Er saß ganz ruhig auf dem Bett und scrollte durch Instagram. Augenverdrehend beschloss ich, die Sache einfach zu vergessen. „Kannst du mir ein T-Shirt leihen?", fragte ich deshalb einfach. Er schaute auf und der Blick, den er mir zuwarf, sagte mir, dass ich heute Nacht kein Shirt brauchen würde.
Am nächsten Morgen, wachte ich ziemlich unsanft auf. Nebenan krähte ein Hahn. Ich stöhnte und richtete mich unwillig auf. Ed lag nicht mehr neben mir auf der Matratze. Wahllos wühlte ich in meinem Koffer nach einem Outfit. Wir würden direkt nach dem Frühstück wieder fahren, weil Ed einen wichtigen Termin in London hatte. Also hieß es: Aufstehen und Kohlenhydrate zu sich nehmen. Eine Streicheleinheit für Fötus und ab geht's.
„Was möchtest du trinken, Honey?" Ed rief von der Küche aus, während seine Eltern am Esstisch saßen. „Kaffee, bitte.", sagte ich, noch immer verschlafen und grüßte John und Imogen freundlich. „Aber, aber. Du kannst doch kein Koffein zu dir nehmen!" Oh. Na klar, sie wollte nicht, dass ihr Enkelkind ADHS bekam. „Stimmt, tut mir leid, hab's kurz vergessen. Ich nehme Tee." Vielleicht konnte ich mit meiner einzigen britischen Eigenschaft punkten. Vermutlich jedoch nicht. Ich räusperte mich und begann, die Stille zu brechen: „Wo ist Matthew?" „Er musste zu einem Treffen mit dem Orchester." Stimmt ja, er macht klassische Musik. Ich nickte und nippte an meinem Tee, den Ed mir Sekunden vorher hingestellt hatte. „Wir müssen uns ein bisschen beeilen, der Fahrer kommt in zehn Minuten." Innerlich atmete ich auf, wenigstens musste ich nicht schon wieder diese tödliche Treppe am Bahnhof runter stolpern. Allerdings bedeutete das auch, dass ich jetzt innerhalb von wenigen Minuten das Rührei mit Toast runterschlingen und meine Koffer aus Eds Zimmer entfernen musste.
Irgendwie schafften wir es dann doch so, dass der Fahrer nicht sofort ausrastete und eine Gehaltserhöhung verlangte. Zum Glück. Wir verabschiedeten uns noch von Eds Eltern und stiegen in das schwarze Auto, das uns wieder zurück nach London bringen würde. Nach Hause.
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Where we land || Ed Sheeran
FanfictionRote Haare und blaue Augen, die mich komplett verzaubert hatten.✚ Niemals hätte ich gedacht, so starke Gefühle, in so kurzer Zeit, für eine Person zu entwickeln. Verdammt nochmal.✚ Ich musste gerade, die vermutlich wichtigsten, Entscheidungen in me...