Kapitel 45

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Wir hielten, nach einer gefühlten Ewigkeit, am nächsten Krankenhaus. Ich gab dem Taxifahrer 30 Pfund Trinkgeld, weil mir das mit dem Blasensprung unglaublich Leid tat, obwohl ich gar nichts dafür konnte. Direkt nachdem wir das Gebäude betreten hatten, kümmerten sich alle sofort um uns. Es war Dienstagabend und offensichtlich gab es keinen Autounfall oder ähnliches. Gefühlte zehn Sekunden nach Ankunft lag ich in einem Einzelzimmer und hatte eine Oberärztin zur Seite gestellt bekommen. „So, Mrs. Sheeran, ich bin Dr. Madison Bird und..." „Es tut mir Leid, ich heiße nicht..." „Pscht.", zischte Pia. Jetzt verstand ich. Sie hatte die Aufnahme übernommen und mir somit einen VIP-Status verpasst. Naja, das Zimmer war ganz schön und auch die Tatsache, dass ich jemand Kompetenten an meiner Seite hatte, machte die ganze Sache, doch etwas angenehmer. „Okay, sie sagten, sie hätten Ihren Blasensprung schon gehabt?" Ich nickte nur verbissen. „Ich muss mir Ihren Muttermund anschauen." Das hieß, ich durfte mir jetzt ein stylisches Nachthemd mit safrangelben Punkten anziehen. 


„Sie haben Glück, es war vermutlich ein Frühzeitiger. Das heißt, wir haben noch etwa vier Stunden Zeit, bis die Austreibungsphase beginnt." Igitt, was waren das bitte für Bezeichnungen? Ich wollte hier doch niemanden austreiben. „Vielen Dank.", lächelte ich, doch dieses Lächeln fiel ab, als sie den Raum verließ. „Ich weiß nicht, ob ich schon bereit dafür bin.", murmelte ich und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. „Hey, wenn dein Körper bereit ist, dann bist du es auch.", Pia streichelte mir den Rücken. „Wir rufen gleich erstmal Ed an und dann..." „Du meinst wohl, ich rufe Stuart an, weil Ed gerade ein Interview führt und garantiert keine Zeit für mich hat.", meinte ich verbittert. Sie zuckte nur mit den Schultern und reichte mir mein Handy. 


„Hallo?" „Ja, Jojo hier. Wie lange dauert das bei Ed noch?" „Keine Ahnung, aber sie haben schon angefangen. Länger als zwei bis drei Stunden sicher nicht." „Wie lange braucht ihr denn von da ungefähr?" „Höchstens 30 Minuten." „Okay, danke. Ich rufe ihn einfach dann auf seinem Handy an." „Alle in Ordnung? Du klingst so aufgewühlt." Süß, er machte sich wirklich Sorgen um mich. „Ich..." Unsicher schaute ich zu Pia. ‚Soll ich es ihm sagen?', formte ich lautlos mit meinen Lippen. Sie nickte. „Ich bin im Krankenhaus, The Wellington." „Oh shit, was ist los?" „Frühzeitiger Blasensprung. Ich hab noch mindestens vier Stunden, kein Stress." „Bist du dir sicher?" Ich überlegte nochmal gründlich. Ed würde mich wahrscheinlich umbringen, wenn er jetzt nicht Bescheid gesagt bekam. Wir hatten oft darüber gesprochen, ob es sinnvoll sei, wenn er überhaupt dabei war. Doch er wollte unbedingt meine Hand halten, wie er gesagt hatte. „Okay, scheiß drauf. Sag ihm, er soll jetzt sofort hier hin kommen." „Oh, okay." „Bye." Ich legte schnell auf, denn in diesem Moment bekam ich eine so heftige Wehe, dass mein ganzer Körper bebte und ich kurz die Augen schließen musste. Ich hatte das Gefühl, innerlich zu zerreissen. 


Als ich sie wieder öffnen konnte, wuselten plötzlich alle möglichen Leute um mich herum. „Was ist los?" „Die haben sich deine Akte angeguckt und dich als Risikoschwangerschaft eingestuft.", Pia war jetzt auf einmal nicht mehr so ruhig. „Und?" „Wir werden einen Kaiserschnitt machen.", rief mir die Ärztin zu und war schon dabei, mir einen Zugang zu legen. „Halt, warten Sie!", ich hielt meinen Arm trotz der Aufregung still, damit sie mir die Nadel reinstecken konnte. „Denken Sie, dass das die beste Möglichkeit ist?", fragte ich ganz langsam und sah ihr in die Augen. Sie blickte zurück und sagte: „Ja, aufgrund Ihrer Vorgeschichte und der Tatsache, dass sie starke vaginale Blutungen haben..." „Ich hab was?" „Wir haben es gerade erst bemerkt und haben außerdem noch mit den Ärzten aus Köln und Ihrem Gynäkologen gesprochen." Stimmt, bei meinem letzten Termin hatte er gesagt, dass meine Schwangerschaft nicht die einfachste sei und einen Kaiserschnitt angesprochen. Mir war nicht klar gewesen, dass das wirklich passieren konnte. Ich dachte, der musste sowas sagen. Mein Handy klingelte. „Kann ich noch rangehen?" „Wir müssen noch einen Blasenkatheter legen. Sie haben zwei Minuten." Na toll. 


„Honey, ich bin auf dem Weg. Geht es dir gut?" So aufgeregt hat Eds Stimme noch nie geklungen. „Ja...also nein." Wenn er der Fahrerende gewesen wäre, hätte ich ihm das Folgende nicht gesagt: „Hör zu: Es gibt Komplikationen." Schweres Atmen auf der anderen Seite. „Die machen einen Kaiserschnitt." „Was? WAS?" „Hey. Stop, ganz ruhig. Alles wird gut, das ist eine absolute Routine-OP. Ich bekomm nicht mal eine Vollnarkose. Ich..." Die Ärztin gab mir zu verstehen, dass ich jetzt aufhören musste. Auf einmal wirkten alle noch nervöser. Ich hörte etwas von ‚Sinustachykardie'. „Okay, es geht los." „Nein! Ich bin in fünfzehn Minuten da." „Ich hab keine fünfzehn Minuten.", flüsterte ich noch, bis ich auf einmal das Handy fallen ließ. Dunkelheit umhüllte mich. Schon wieder.


Where we land || Ed SheeranWo Geschichten leben. Entdecke jetzt