Kapitel 11

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Pov Stegi

Stumm schloss ich die Tür zu meiner Wohnung auf und ließ Tim danach den Vortritt. Wir zogen unsere Jacken und Schuhe aus und gingen dann ins Wohnzimmer. Tim wollte erstmal duschen gehen und ich setzte mich in der Zeit aufs Sofa und schaute Fernseh. Nach dem Tim endlich mal aus dem Bad kam, setzte er sich zu mir aufs Sofa. Ich schaltete den Fernseh wieder aus und lehnte mich zurück. Ich rieb mir immer wieder die Hände an meiner Hose ab, da sie vor lauter Aufregung schon ganz schwitzig waren. Sollte ich es Tim jetzt sagen? Sollte ich ihm sagen, dass ich mich in ihn verliebt hatte? Ich wollte einfach auf mein Gefühl hören und spontan entscheiden, ob ich es ihm sage, weswegen ich mit einem anderen Thema anfing. "Wo hast du eigentlich die Nacht verbracht?" "Hannah hat ihre Freundin durchgehend angerufen, bis diese sich dann irgendwann auch mal gemeldet hat. Hannah hat sie dann gefragt, ob ich die Nacht bei ihnen bleiben könnte und ihre Freundin, ich weiß nicht mal ihren Namen, hat zugestimmt. Dann haben wir sozusagen die Rollen getauscht und ich hab bei den beiden auf der Couch geschlafen und bin dann heute Morgen irgendwann von dort abgehauen, weil es mir verdammt unangenehm war, dass ich bei Fremden einfach so in der Wohnung gepennt habe. Danach bin ich ein bisschen durch die Stadt gelaufen, hab gefrühstückt und dann mit den Jungs ne' Runde Basketball gespielt. Naja, und dann kamst du." Ich nickte. Es tat mir immer noch Leid, dass Tim das alles nur machen musste, weil ich so dumm gewesen war. Danach setzte ich gleich zur nächsten Frage an "Und wieso bist du nicht an dein Handy ran gegangen, wenn ich dich angerufen habe und hast es später ausgeschalten, wenn du doch angeblich nicht sauer auf mich bist?" "Stegi, ich bin wirklich nicht sauer auf dich. Du hast mich ja ignoriert und dich nicht gemeldet, dann hab ich meinen Ton ausgemacht, weil mein Akku fast alle war. Irgendwann vorhin war der Akku dann komplett leer und mein Handy ist ausgegangen. Sonst hätte ich mich sofort gemeldet." Ich guckte etwas beschämt auf den Boden. Klar, ich hätte ja mal daran denken können, dass ein Handyakku heutzutage nicht mehr lange hält. Gedanklich verpasste ich mir dafür selbst einen Schlag. "Und du wolltest wirklich nichts von dieser Hannah? Ich meine, schlecht sah sie ja nicht aus, und ihr hattet beide ne' Menge getrunken." "Nein. Sie...sie war halt irgendwie nicht so mein Typ. Ich hatte wohl wirklich zu viel getrunken, um das von Anfang an zu realisieren." Er lächelte wieder etwas gequält. Von meiner Seite aus waren nun alle Fragen geklärt, aber mir war klar, dass Tim auch noch ein paar Fragen zu meinem Verhalten hatte, für die ich ihm eigentlich eine Antwort schuldig war. Trotzdem versuchte ich irgendwie auf ein anderes Thema zu leiten und die Antworten auf Tims potentielle Fragen heraus zu zögern. "Okay. Und? Was haben wir dann heute noch vor? Wir könnten ja ins Kino oder so. Da ist vor ein paar Tagen ein neuer Film angelaufen, der echt gut sein soll und den ich mir gerne angucken wollte. Hast du Lust?" versuchte ich so optimistisch wie möglich heraus zubringen. Das war zwar wieder etwas geflunkert, aber im Kino müsste ich zumindest nicht weiter mit Tim reden. Dieser schien meinen Plan allerdings durchschaut zu haben, denn statt mir auf meine Frage zu antworten, schaute er mir nur lange in die Augen. Ich versuchte dem Augenkontakt Stand zu halten, scheiterte jedoch schon nach ein paar Sekunden. Man konnte Tim ansehen, dass er enttäuscht war, dass ich ihm etwas verschwieg. Uns war beiden klar, dass es etwas gab, worüber ich Tim nichts erzählen wollte. Nachdem wieder für eine kurze Zeit Stille zwischen uns entstanden war, ergriff Tim das Wort. "Stegi, wenn wir wirklich beste Freunde sind, dann kannst du mir auch sagen, was mit dir los ist. Selbst ein Außenstehender würde sehen, dass du irgendwas hast. Ich weiß, ich hatte dir gesagt, dass du es mir nicht sagen musst, wenn du nicht willst, aber langsam mach ich mir echt Sorgen um dich." Ich hatte meinen Blick immer noch auf den Boden gerichtet. Einerseits, weil ich Tim nicht ins Gesicht lügen konnte, andererseits, weil sich langsam aber sicher kleinen Tränen in meinen Augen sammelten. Ich wollte jetzt definitiv nicht anfangen zu heulen. Ich musste es ihm jetzt irgendwie sagen. Er hatte es verdient zu wissen, warum ich so komisch war. Auch, wenn das vielleicht das Ende für unsere Freundschaft bedeuten könnte. Doch ich wusste einfach nicht, wie ich es ihm sagen konnte. Ich war definitiv ein viel zu großer Schisser, um ihm einfach so ein 'Ich liebe Dich.' an den Kopf zu knallen. Ich spürte Tims Blick auf mir, was mich noch nervöser machte, als ich es eh schon war. "Ach Tim..." gab ich nur von mir. "Sag mir einfach was los ist. So schlimm kann es doch nicht sein, dass du es sogar vor mir verheimlichst." war Tims Reaktion darauf. "Pff. Wenn du wüsstest." murmelte ich leise, und eher zu mir selbst, vor mich hin. Doch Tim hatte es natürlich auch gehört. Er seufzte "Ich würde es ja wirklich gerne wissen." "Man Tim, wenn das so einfach wäre, dann hätte ich es dir doch schon längst gesagt, anstatt hier immer solche Szenen abzuziehen. Denkst du, ich find das nicht scheiße?" Mittlerweile klang ich schon ziemlich verzweifelt. "Stegilein, sag es einfach gerade raus. Danach kann es nur besser werden." Ich hielt es nicht mehr aus. Seit einer gefühlten Ewigkeit hob ich meinen Blick endlich mal von Boden und schaute in Tims Augen. Ich wusste nicht, ob das, was ich nun tat in irgendeiner Weise richtig war. Es war aber das einzige, zu dem ich noch im Stande war. Ich beugte mich blitzschnell zu Tim rüber und drückte meine Lippen auf seine. Der Kuss dauerte zwar nur ein paar Sekunden, doch mir kam es wie mehrere Stunden vor. Ich wartete auf irgendeine Reaktion von Tim, doch als diese kam, wünschte ich mir, dass ich das ganze nie getan hätte.

Stexpert-Wenn aus Freundschaft Liebe wirdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt