Kapitel 42

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Pov Stegi


Ich widmete meine Aufmerksamkeit wieder dem Boden, da ich Felix irgendwie nicht in die Augen schauen konnte. "Also, als erstes müsstest du wissen, dass ich nicht wirklich auf Frauen stehe." Sagte ich dann leise. Ich erwartete irgendeine Reaktion, doch da kam nichts. Ich wagte also einen vorsichtigen Blick zu Felix hinüber, welcher mich aufmunternd anlächelte. "Und weiter?" Fragte er dann lachend. Ich atmete erleichtert ein. Das schlimmste war schonmal überstanden, und besser hätte es nicht laufen können. "Nun ja, da gab es einen Kumpel, Tim. Er war mein bester Freund, aber wir kannten uns nur übers Internet. Trotzdem hatte ich immer das Gefühl, dass da mehr als nur Freundschaft war, jedenfalls von meiner Seite aus. Deswegen hab ich ihn gefragt, ob er mich nicht mal besuchen will, was er dann auch tat. Irgendwann hab ich ihm dann gesagt, dass ich mich in ihn verliebt habe und letztendlich ging es ihm genauso. Wir waren dann also ein Paar. Da er in Essen wohnt, habe ich ihn am Freitag besucht und wir sind dann auf einen guten Kumpel von ihm getroffen, der auch schwul ist. Trotzdem wollte Tim ihm nicht sagen, dass er schwul ist, was mich verdammt verletzt hat. Als wir dann am Abend wieder bei ihm in der Wohnung waren, hab ich ihn dann darauf angesprochen, und der meinte, dass er nicht will, dass irgendjemand von uns weiß. Außerdem hat er auch noch eine 'Fake-Freundin' damit seine Eltern glauben, dass er hetero wäre. Mir wurde das einfach alles zu viel, weswegen ich mir einfach meine Sachen geschnappt habe, mich in den nächsten Zug gesetzt habe und dann nach Hause gestürmt bin, wobei ich dann auf euch getroffen bin. Ich weiß einfach nicht, was ich jetzt tun soll. Ich weiß ja noch nichtmal, was nun zwischen mir und  Tim ist. Niemand hat Schluss gemacht oder so, aber 'eine glückliche Beziehung' kann man das wohl auch nicht nennen. Ich habe einfach Angst, dass ich überreagiert habe und damit aller zerstört habe. Ich weiß einfach nicht mehr, was richtig oder falsch ist." Während meines Redeflusses hatte ich, wie schon so oft an diesem Tag, angefangen zu weinen. Irgendwann musste ich doch auch mal leer sein?! Felix hatte mir die ganze Zeit über aufmerksam zu gehört, ohne mir dazwischen zu reden, wofür ich ihm echt dankbar war. Jetzt sagte er jedoch immer noch nichts, was mich etwas verunsicherte. Hatte ich ihn jetzt doch irgendwie verschreckt? Bevor ich mir jedoch noch mehr Gedanken darüber machen konnte, spürte ich zwei Arme, die sich um mich schlangen. Nach ein paar Sekunden der Verwirrung erwiderte ich Felix' Umarmung dann doch. Es tat einfach gut, sich geborgen zu fühlen. "Also, ich finde, du hast genau das richtige getan. Ich hätte mir sowas auch nicht gefallen lassen, wenn ich ehrlich bin." Nuschelte Felix dann irgendwann gegen meine Schulter. Ich war etwas erleichtert, dass wenigstens eine Person meine Ansicht teilte. Als wir uns dann von einander lösten, lächelte ich Felix an, was er erwiderte. "Und was soll ich jetzt tun? Ich meine, ich liebe Tim, definitiv, aber ich will mir das auch nicht gefallen lassen, einfach so verleugnet zu werden." Fragte ich dann, immer noch verzweifelt. "Abwarten, würde ich sagen. Wenn diesem Tim wirklich etwas an dir liegt, dann wird er schon dafür sorgen, dass zwischen euch wieder alles gut wird. Immerhin ist es ja nicht schwer. Er müsste einfache nur zu dir stehen." "Das ist einfacher gesagt, als getan. Seine Eltern haben was gegen schwule." Sagte ich, zum Ende hin immer leiser werdend. Felix machte daraufhin große Augen. "Ohh..." Ich nickte bloß. "Aber meinst du nicht, dass sie ihre Meinung vielleicht ändern würden, wenn es um ihren eigenen Sohn geht?" Fragte er dann. Ich zuckte nur mit den Achseln. "Kann schon sein. Aber um das heraus zufinden, müsste Tim es erstmal probieren. Ich will ihn ja zu nichts drängen, aber wenn er nicht mal seinen Freunden davon erzählt, weiß ich ja woran ich bei ihm bin." Sagte ich leise. "Er hat wahrscheinlich einfach nur Angst. Hast du es denn deinen Eltern schon gesagt?" Fragte er dann. Ich schüttelte leicht den Kopf. "Ich wollte es eigentlich demnächst machen, aber wenn das mit mir und Tim eh nicht gut geht, kann das auch noch warten." Erklärte ihm ihm, woraufhin er nur nickte. "Ablenkung?" Fragte er dann mit leuchtenden Augen. "Bitte!" Lachte ich. Felix stand auf, machte meine Konsole an und nahm sich die zwei Controller, von denen er mir einen gab. Wir zockten mehrere Stunden, in denen ich mein Problem mit Tim auch wirklich für eine Zeit vergessen konnte. Zwischendurch bestellten wir Pizza, die wir nebenbei aßen. Als wir dann endlich mal auf die Uhr schauten, war es schon viertel vor zwölf. Wie lange hatten wir denn gezockt? Ich wies Felix auf die Uhr hin, worauf er nur erschrocken drein schaute. "Als ob wir den ganzen Tag vergeudet haben?!" Lachte er dann. Mir war jedoch nicht wirklich nach lachen zumute. Ich hatte Tim in der ganzen Zeit mit Felix fast komplett vergessen, weshalb ich jetzt schon fast ein schlechtes Gewissen bekam. Ich schüttelte meinen Kopf etwas, um den Gedanken zu verwerfen und fragte Felix dann, ob er heute Nacht hier übernachten wollte. "Klar, gerne. Also nur, wenn es dir nicht ausmacht." Antwortete er perplex. "Hätte ich sonst gefragt?" Kicherte ich darauf. Er schüttelte leicht lachend den Kopf und ließ sich zurück ins Sofa fallen. "Wenn der Tag eh schon hin ist, dann können wir jetzt auch noch weiter zocken." Er hatte sich seinen Controller schon geschnappt, als ich mich jedoch einmischte. "Dir ist aber schon bewusst, dass morgen Uni ist, ja?" Fragte ich nach. "Stegi, mal ehrlich. Du siehst aus, wie der Tod höchstpersönlich. Du kannst mir doch nicht erzählen, dass du vor hattest, so morgen in die Uni zu gehen." Lachte er. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich das wirklich nicht vor. Ich könnte mich sowieso nicht konzentrieren und müsste mir dann wahrscheinlich auch noch irgendwelche Sprüche von den anderen anhören. Nein Danke. Ich schüttelte meinen Kopf, um Felix meine Antwort auch mitzuteilen. "Na siehst du. Ich mach auch einfach blau. Man gönnt sich ja sonst nichts." Und schon war das nächste Spiel gestartet. Wir zockten noch bis 3 Uhr Nachts, bis wir dann beide auf der Couch einschliefen. Mich plagte das schlechte Gewissen Tim gegenüber jedoch immer noch.

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Endlich mal ein guter Montag!

Stexpert-Wenn aus Freundschaft Liebe wirdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt