Kapitel 12

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Pov Stegi

Tim drückte mich, nachdem er den Kuss nicht erwidert hatte, vorsichtig von sich weg. Man konnte an seinem Blick erkennen, dass er mehr als geschockt war. Ich schaute nun auch wieder beschämt zu Boden. Ich wusste, das es nun kein Zurück mehr gab. Jetzt musste ich Tim die komplette Wahrheit sagen. Mit dieser Aktion habe ich vielleicht alles zerstört, aber es ging nicht anders. Es war wieder für eine kurze Zeit ruhig, bis Tim begann zu sprechen. "Heißt das, dass du schwul bist?" Fragte Tim immer noch etwas perplex. Ich war aus irgendeinem Grund enttäuscht und auch etwas wütend. In mir hatte ein kleiner Teil doch noch irgendwie gehofft, dass Tim es schon die ganze Zeit wusste und nur auf den richtigen Moment gewartet hat, um mir seine Liebe zu gestehen. Ich war auf einmal gar nicht mehr so ängstlich wie davor. "Ja, ja das heißt das ich schwul bin und mich in meinen besten Freund verliebt habe." Ich schaute Tim direkt in die Augen, da ich seine Reaktion sehen wollte. Diesmal war er der jenige, der den Blickkontakt abbrach und auf den Boden starrte. "Ohh..." War das sein Ernst?! "Ist das alles, was du dazu sagst? Ohh?" meine Stimme wurde etwas lauter, was allerdings nicht beabsichtigt war. Tim konnte schließlich nichts dafür, dass ich mich in ihn verliebt hatte, allerdings hatte ich mir ein bisschen mehr als ein 'Ohh' erhofft. "Stegi...Was soll ich dazu sagen? Ich kann dazu nichts sagen." "Doch, Tim. Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Entweder, du empfindest auch etwas für mich, oder eben nicht." Ich fragte mich selbst, wo mein plötzliches Selbstvertrauen sich die ganze Zeit über versteckt hatte. Tim blickte nun wieder vorsichtig in meine Augen und begann dann zu sprechen. "Und was ist, wenn es noch eine dritte Möglichkeit gibt?" Verwirrt verzog ich darauf hin meine Augenbrauen. "Hä? Was denn noch?" "Naja. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich etwas für dich empfinde, vor allem nach dem Kuss. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob das, was ich fühle, für mehr als nur Freundschaft reicht. Und ich möchte dich nicht verletzen, indem ich es nach kurzer Zeit vermassle." Er wurde zum Ende hin immer leiser. Mit dieser Antwort hätte ich definitiv nicht gerechnet. In mir herrschte ein Gefühlschaos. Einerseits war ich glücklich, dass Tim mich nicht in den Wind geschossen hatte, auf der anderen Seite hieß das auch nicht, dass zwischen uns jemals mehr als Freundschaft existieren würde. Wieder war es ruhig. Allerdings war es diesmal keine unangenehme Stille. Wir waren beide in unseren eigenen Gedanken, und versuchten diese zu ordnen, woran ich jedoch kläglich scheiterte. Wie sollte es denn nun mit uns weitergehen? Tim wusste nun, dass ich etwas für ihn empfinde, und ich? Ich wusste das da eventuell irgendetwas in ihm ist, dass sich mehr als Freundschaft zwischen uns beiden wünscht. Diese Erkenntnis brachte mich so gut wie kein Stück weiter. Tim schien es allerdings genauso zu gehen. Er raufte sich immer wieder die Haar und atmete tief ein und wieder aus. Ich wusste, mal wieder, nicht was ich jetzt sagen oder tun sollte. Aber genau das schien mir jetzt passend zu klingen. "Und was jetzt?" Sagte ich eher zum Boden gerichtet. "Wenn ich das wüsste..." Tim. "Und wie hast du vor herauszufinden, ob du mehr für mich empfindest? Oder hast du es denn überhaupt vor?" "Natürlich. Ich wäre liebend gerne mehr als nur dein bester Freund, aber wie gesagt, ich will dich nicht verletzen weil meine Gefühle am Ende doch nicht reichen oder was weiß ich. Aber wie ich das herausfinden soll? Keine Ahnung. Ich glaube, irgendwann weiß man das einfach, oder?" "Wenn ich ehrlich bin, hab ich dich nur zu mir eingeladen, weil ich herausfinden wollte, ob ich mich in dich verliebt habe. Es waren dann halt so Kleinigkeiten, durch die ich mir dann sicher war. Das Kribbeln, wenn sich unsere Hände irgendwie berührt haben, der Drang, in der deiner Nähe zu sein, das Verlangen, dir stundenlang in die Augen schauen zu können und nicht zuletzt der Wunsch dich zu küssen." Nachdem ich diesen Satz ausgesprochen hatte, kribbelte mein ganzer Körper wie verrückt. Jetzt wusste er alles. Den ganzen schnulzigen Kram. Tim begann leicht zu lächeln. Das war doch schonmal ein gutes Zeichen, denke ich. Ich begann wieder damit, meine Hände durchgehend zu kneten und sie immer wieder an meiner Hose abzuwischen, da mich diese Stille einfach wahnsinnig machte. Konnte Tim nicht endlich auch mal was dazu sagen? Ich hatte ihm gerade so ziemlich mein ganzes Herz ausgeschüttet, und er, er lächelt bloß? Das war zwar nicht zwingend schlecht, aber ein bisschen mehr Unterstützung hätte sicher nicht geschadet. "Stegi..." "Hmm?" erwartungsvoll schaute ich ihm in die Augen. "Lass uns erstmal ne' Nacht drüber schlafen. Das ging jetzt alles ziemlich schnell, und ich will hier jetzt nichts überstürzen, ok?" Ich nickte leicht mit dem Kopf. Ich hatte mir mehr von diesem Gespräch erhofft. Ich war kein Stück schlauer als vorher. Eher noch verwirrter. Aber ich hatte Hoffnung. Hoffnung, dass das mit mir und Tim doch noch was werden könnte. "Gut, wie du willst. Aber lass uns jetzt erstmal was essen. Ich verdammt Hunger." Und schon stand ich vom Sofa auf und ging in die Küche. Wie sollte ich mich denn jetzt verhalten? Sollte ich Tim eher in Ruhe lassen, etwas aufdringlicher werden oder einfach so tun, als ob dieses Gespräch eben nicht passiert wäre? Tim schien sich für die letzte Variante entschieden zu haben. Na gut. Dann halt auf diese Art. Wir aßen, mal wieder, Pizza und zockten dann noch ein bisschen. Als es immer später wurde, beschlossen wir, heute mal etwas früher als sonst pennen zu gehen. Ich ging vor Tim ins Bad und lag deswegen auch schon im Bett als besagter aus dem Badezimmer kam. Jetzt wird's unangenehm. Tim schlug seine Decke um und legte sich neben mich. Wir starrten beide zur Decke, keiner sagte etwas. "Keine Angst, ich werd dich heute Nacht schon nicht vergewaltigen. Ich versuch, mich zurück zu halten." versuchte ich die Situation aufzulockern. "Na dann bin ich mal gespannt, ob du es schaffst. Wenn ich morgen schwanger bin, gibt's Stress" Kam es lachend von Tim zurück. Ich musste kichern. Danach drehte er sich zum Nachttisch und schaltete seine Lampe aus, was ich ihm gleichtat. "Gute Nacht, Stegilein." "Nacht Timbo." Nach wenigen Minuten hörte ich ein leises Schnarchen neben mir. Tim war also schon eingeschlafen. Ich wünschte mir, dass es mir genauso erginge. Aber nein, ich lag wieder stundenlang wach und überlegte, wie ich Tim für mich gewinnen konnte.

Stexpert-Wenn aus Freundschaft Liebe wirdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt