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„Du verdammtes Arschloch!" Emma stürmte auf den Parkplatz und hämmerte auf meinen Arm ein, noch bevor ich die Tür meines Wagens schließen konnte. Sie hatte mir bereits vor unserem gestrigen Gespräch gesimst, dass ihr zwei Minuten älterer Bruder sie fahren würde. Ein Prachtexemplar, was die Gattung Junge angeht. Er saß am Tisch der Schönen und Beliebten und ging mit Holly Miller, Klischeezicke Nummer eins. Sie musste gut im Bett sein, denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass Brandon ernsthaft an einer langen Beziehung mit ihr interessiert war.
„Ich bin zu einer Pfütze geschmolzen, und als ich mich wieder erholt habe, bist du blöde Kuh einfach nicht ans Telefon gegangen! Was hast du getan? Absichtlich lange gebadet? Mit Nate Wii gespielt? Warum bist du so mies zu mir?! Also, folgende Botschaft, Miss ‚I don't give a fuck about your feelings': Du wirst sowas von mit ihm im Bett landen. Und wenn nicht, dann wirst du alleine mit Gedanken an ihn ins Bett fallen. Der Typ ist ein Gott! Eine Zehn! Ein Nick Bateman unter den Männern!"
Glücklicherweise bekamen nicht allzu viele Ems wütendes Gekreische mit. Auf dem Parkplatz vor einer Schule war es nie ruhig. Auf der einen Motorhaube saß ein Mädchen und flirtete mit Hayes, dem Mädchenschwarm der Schule. Auf der anderen lag ein knutschendes Pärchen, das aussah, als wollten sie sich vor dem Gong noch einen Quickie gönnen. Augenverdrehend löste ich meinen Blick von den beiden, bemitleidete den Rücken des Mädchens und wandte mich wieder Em zu.
„Werde ich nicht. Herrgott, Emma, der Typ ist verheiratet! Er wird seine Frau nicht betrügen und ich werde beim Einschlafen nicht an ihn denken!"
„Von Einschlafen war nie die Rede."
Einen Augenblick blieb ich stumm.
„Verdammt, Emma!"
Ich schenkte ihr einen fassungslosen, empörten Blick und schloss mein Auto ab. Mein Auto, Dads Geld.
„Ach komm schon, als ob du es nicht auch machst!" Sie eilte mir hinterher in die Schule.
„Du kannst es ja meinetwegen tun, ich aber nicht!"
„Wer tut was?"
Cara tauchte plötzlich neben uns auf.
„Jess meint, dass sie es nicht tut. Eiskalte Lügnerin", erklärte Emma der Dritten in unserem Bunde.
„Ah. Wegen Mr. Perfect, wegen dem Em mich gestern vollkommen geschmolzen angerufen hat? Du weißt aber schon, dass man fangirlende Mädchen nicht einfach auf die Mailbox leitet, sondern an das Telefon geht, oder, Jess?"
Erneut verdrehte ich die Augen.
„Ich mache es mir nicht selbst und werde nichts mit Mr. Heiß und Verheiratet haben!", stellte ich klar und öffnete meinen Spind.
„Ja, aber du hättest das schon gerne."
Ohne eine Antwort holte ich mein Englischbuch raus.
„Ihr seid scheiße."
Cara streckt den Kopf über die Tür ihres Spinds. „Du hast es nicht abgestritten. Emma, sie hat es nicht abgestritten! Wie lautet der Shippingname?"
Meine Freundinnen waren im Shippingmodus. Fuck. Ich hätte Emma niemals anrufen dürfen. Hätte Lee nie erwähnen dürfen.
Kopfschüttelnd ließ ich die beiden an ihren Spinden stehen und machte mich auf den Weg zum Raum von Mrs. Fall. Scheißname, Scheißlehrerin. Sie hasste mich. Zudem war ihr Klassenzimmer im obersten Geschoss.
Schwer atmend kam ich oben an. Dämliche Treppen. Aber natürlich hielt unsere Schulverwaltung ebenso wenig von Aufzügen wie von Klimaanlagen.
„Morgen!", begrüßte ich die paar Schüler, die höchst gelangweilt vor dem Zimmer auf dem Boden saßen. Mrs. Fall schloss stets ab.
Ich bekam ein halbherziges ‚Morgen' zurück. Es klang genauso motiviert wie ich es war. Mrs. Fall würde mich wie immer im Auge haben. Ich konnte nicht einmal Schlucken, ohne dass sie ihren Senf dazugeben musste. Im Prinzip war sie der Inbegriff einer schlechtgelaunten, verbitterten Omi, die im Bus über ‚die Jugend von heute' herzog. Mit dem Unterschied, dass sie sich auftakelte, als wäre sie zwanzig, und anzog, als wäre sie eine Anwältin. Danke, aber die Rolle des überarbeiteten Jurist übernahm bereits mein Vater. Ich brauchte nicht noch so eine. Aber Mrs. Fall schien das nicht einzusehen.
Stöhnend ließ ich mich neben Polly, einer eher stillen Cheerleaderin, fallen und kramte mein Handy aus der Hosentasche. Dreiundzwanzig neue Nachrichten. Zehn von Emma, Zehn von Cara und drei von Nate. Ich überflog den Chat mit meinen besten Freundinnen, der nur aus ‚Komm on' bestand, und öffnete meinen Verlauf mit Nate. ‚Brandon hat mir gerade gesimst. Scheinbar ist das mit Holly zu Ende, sie weiß es nur noch nicht. Oh, und die Fall hat sich gerade vor mir in einen städtischen Müllcontainer übergeben, dabei ist ihr Absatz abgebrochen. Schätze, sie kommt heute nicht zum Unterricht.' Nächste Nachricht: ‚Ich bin für mein Leben gezeichnet. Sie ist hingefallen und ihr Rock ist hochgerutscht. Die Frau trägt Panzerunterwäsche Marke Wurst. Warum ist die eigentlich verheiratet? Das ist der totale Abturner!' Danach folgte ein kotzender Smiley. Ende.
Ich tippte ein ‚WTF' zurück, fügte noch ein ‚Erzähl mir mehr von Brandon und Holly' hinzu und schloss Whatsapp.
Nate antwortete nicht. Brauchte er auch gar nicht, da Brandon im nächsten Moment um die Ecke geschlendert kam und sich mir gegenüber auf den Boden setzte.
„Hier", sagte er und warf mir ein Twix zu. Die Sonderausgabe mit Minze, die ich so liebte. Dankbar lächelte ich ihn an. Vielleicht würde ich nicht so weit gehen, um Brandon meinen besten Freund zu nennen, aber er war definitiv ein guter Freund. Außerdem sah er mich als kleine Schwester, da ich ganze drei Monate nach Emma und ihm geboren worden war. Er beschützte mich praktisch genauso sehr wie seine leibliche Schwester.
„Hab gehört, zwischen dir und Holly ist es aus?", bemerkte ich und bemühte mich um einen mitleidigen Ton. Er lachte auf. „Ich weiß genau, dass du sie nicht abkannst. Aber was soll ich sagen, das Mädchen kann Sachen mit ihrem Körper anstellen... Na ja, du kennst sie ja. Ihr Charakter ist ungefähr so gut wie ein Zombie aussieht. Und wir sind uns beide einig, dass die hässlich sind."
Lachend brach ich mir ein Stück Twix ab und steckte es in den Mund. Noch während ich kaute kam der Conrektor schnaufend angelaufen und schloss und den Raum auf.
Brandon und ich wechselten einen Blick und folgten den anderen in das Klassenzimmer.
„Also, Kinder. Mrs. Fall ist leider kurzfristig krank geworden, weswegen wir diese Stunde nicht ausfallen lassen konnten. Daher seid ihr nun alleine in diesem Raum. Ich werde allerdings ein paar Mal vorbeischauen." Damit ging er wieder.
Fast alle regten sich daraufhin über das Wort ‚Kinder' auf. Wir waren Zwölftklässler, keine Babys!
„Also, jedenfalls wollte ich mal was anderes als nur Sex." Achselzuckend ließ sich Brandon auf meinen Tisch fallen und beachtete die hereinbrechende Hölle kaum. Erst als komische Pläne entstanden, horchte er auf.
„Jo, Brandon, ich geb dir Fünfzig Mäuse, wenn du einen Stuhl aus dem Fenster wirfst", rief Bill, der Captain unseres Footballteams durch den Raum.
„Ich ebenfalls, wenn du noch einen Tisch hinterherwirfst!", schaltete sich Hayes ein.
Brandon lachte auf. „Und was soll ich sagen, wenn der plötzlich reinkommt?"
„Wie wäre es mit ‚Da ist einfach ein Tisch vorbeigeflogen, und ich dachte mir, hol ich den mal rein, bevor er sich erkältet. Es ist Februar!'?"
Noch immer lachend lehnte Brandon ab.
Kopfschüttelnd, aber lächelnd wandte ich mich wieder meinen Handy zu. Nate hatte geschrieben.
‚Ja, was weiß ich, frag ihn halt.' Und noch eine Nachricht: ‚Oh, mein Gott. Dein Vater hat Marcus gerade unsere Nummern gegeben! Er wollte sie wohl unbedingt!'
Ja, wir haben es vergessen. Sorry. Aber nur mal so als kleiner Hinweis: Wir haben bereits bis zu Kapitel 24 vorgeschrieben, derzeit hängt es bei mir (Lea) fest. Wollte ich mal angemerkt haben.
Immer schön flockig bleiben!
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Break The Rules
RomanceJess hat gerade eine schmerzhafte Trennung hinter sich und würde sich eigentlich am liebsten nur noch verkriechen, wie man das eben so macht, wenn man Liebeskummer hat. Doch ihre süße, kleine Herzschmerzwelt wird erheblich auf den Kopf gestellt, als...