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Jessicas POV

„Na, wie war dein Wochenende bis jetzt?", fragte ich Cara, das Handy zwischen Schulter und Kopf gepresst, damit ich ohne großartige Schwierigkeiten die Milchpackung aufschrauben konnte. Einhändig füllte ich die weiße Porzellantasse und wartete auf die Antwort meiner besten Freundin.
„Na, sicherlich nicht so sexreich wie deines. Schließlich sind manche von uns nicht mit einem heißen Anwalt irgendwo in der Pampa eingesperrt."
„Du mich auch."
„Aber...", setzte sie an.
„Ja?"
„Eventuell habe ich ziemliche Scheiße gebaut", gab Cara zerknirscht zu. Irgendwo im Hintergrund schlug eine Tür zu, was das gedämpfte Knallen aus dem Hörer erklärte.
„Du baust immer irgendwie Mist, Liebes, das ist man von dir nicht anders gewohnt", erklärte ich achselzuckend und setzte die Tasse an meine Lippen, um einen Schluck zu trinken.
„Ja, aber bisher habe ich noch nicht mit Brandon geschlafen."
Ich verschluckte mich prompt, hustete erst einmal laut los. Nicht gerade die Reaktion, die man sich von seiner Freundin wünschte, wenn man eine derartige Neuigkeit verbreitete, aber ich konnte nichts dagegen machen.
„Was?", krächzte ich atemlos, nachdem jegliche Flüssigkeit aus meinen Atemwegen verschwunden war. „Wie das denn?"
„Ja, keine Ahnung", rief Cara aufgebracht, besann sich dann aber eines Besseren.
„Holly Miller hat eine Party geschmissen und Brandon eingeladen, um ihn mit ihrem Neuen eifersüchtig zu machen. Sagte ich schon, dass sie jetzt was mit einem vom College hat? Ist so ein übertrieben aufgeblasener Möchtegern – Prolet, sieht aber ganz nett aus. Die beiden sind das perfekte Pa..."
„Komm zum Punkt, Mensch!", zischte ich in den Hörer, warf einen kritischen Blick auf die Uhr. Vor etwa fünfzehn Minuten war ich leise aus dem Bett geklettert, um Marcus nicht zu wecken. Ich hoffte inständig, dass mir noch weitere dreißig blieben, damit ich in Ruhe das Beziehungschaos meiner besten Freundin zu ordnen.
Brandon und Cara. Na, das konnte ja was werden...
Ich hoffte nur, dass die beiden wenigstens den Anstand gehabt hatten und nicht bei ihm gelandet waren.
„Ich war betrunken, er war betrunken, letztendlich waren wir beide betrunken in meinem Bett."
Seufzend schüttelte ich den Kopf.
„Du bist so dermaßen dumm", warf ich ein, suchte einhändig nach irgendetwas Essbarem.
„Also, wie war er?"
„Du meinst es", berichtigte Cara verwirrt, und ich konnte vor meinem inneren Auge sehen, wie sie die Augenbrauen zusammen zog.
„Nein, ich meinte er. Ganz sicher." Ich fischte eine Packung Schokomüsli hervor, stellte sie jedoch gleich wieder zurück. Auf Schokomüsli hatte ich nun wirklich keine Lust.
Am anderen Ende der Leitung atmete Cara tief ein.
„Verdammt gut. Hätte ich schon früher machen sollen."
„Und, wird das jetzt was Ernstes?", fragte ich neugierig, öffnete den Kühlschrank.
„Spinnst du? Emma würde mich umbringen!"
„Wieso? Du schwärmst doch schon seit Ewigkeiten für Brandon."
Vorsichtig nahm ich Joghurt heraus und stellte den Behälter auf die Arbeitsplatte.
Cara verneinte energisch, was mich in meinem Verdacht nur noch bestärkte.
Seufzend legte ich mein Handy neben mich. Es hatte ziemlich lange gebraucht, um aus meiner besten Freundin die Wahrheit zu kitzeln. Sie war bereits seit der fünften Klasse in Emmas Bruder verschossen – was mich jetzt nicht sonderlich überraschte, schließlich kannte ich beide schon lange und konnte Caras Blicke einwandfrei als verliebt identifizieren, wann immer sie ihn ansah – und hatte nun die Gelegenheit ergriffen, wenigstens einen einzigen intimen Moment mit ihm zu verbringen, wobei ihr aufgefallen war, dass er verdammt gut war... in allem, was er tat. Soweit hatte ich ihr gegen Ende doch recht sinnloses Gebrabbel verstanden. Was mir allerdings nicht klar war, war ihre Flucht am nächsten Morgen.
Nicht, dass ich das nicht auch gemacht hätte...Jedenfalls hatte Cara nun panische Angst davor, dass Brandon es Emma sagte – was ich für unlogisch befand. Unsere liebreizende Freundin würde nämlich beide, Brandon und Cara einen Kopf kürzer machen, wenn sie von dem letzten Abend erfuhr. Zurecht, wie ich fand, schließlich müsste sie im Falle einer Trennung kompliziert planen, damit sich die beiden ja nie über den Weg liefen.
Und nun würde auch ich dran glauben müssen, weil Cara es mir gesagt hatte, und ich wiederrum nicht sofort zu Emma gerannt war, um ihr von der Neuigkeit zu erzählen.
Ich sollte noch ein Weilchen hierbleiben. Einfach nur solange, bis sich der Wirbel gelegt hat.
Zu dumm, dass am Dienstag wieder Schule war. Montag fiel aufgrund einer Fortbildung unserer Lehrkörper aus, somit konnte ich mich noch zwei Tage vor dem Horror drücken.
Denn dass Emma es herausfand war unabweichlich.
Tief in Gedanken füllte ich Joghurt in zwei Schüsseln und garnierte ihn mit Früchten und Schokotröpfchen, die ich aus einem der Schränke gegraben hatte. Ein Glück, dass sie noch nicht abgelaufen waren, denn ich hatte nicht das Gefühl, dass Marcus von ihnen wusste.
Beinahe mechanisch suchte ich Löffel und schmiss die Kaffeemaschine an, die mit einem brummenden Geräusch zum Leben erwachte. Während der Kaffee in eine kleine Kanne floss, stellte ich zwei Tassen zu den Schüsseln, hielt nach einem Tablett Ausschau – vergebens.
Dann halt ohne.
Der Kaffee war durchgelaufen, und ich trottete seufzend zur Maschine, um sie auszumachen, damit das nervige Geräusch, das mit dem fertigen Prozess verbunden war, endlich endete.
Und dann waren da auch einmal Hände um meinem Bauch.
Vor Schreck fuhr ich herum, war kurz davor, der Person eine zu scheuern, als ich Marcus entdeckte.
„Heilige... Mach das nie wieder!", fuhr ich ihn wütend und mit flatterndem Herzen an.
„Ich hab mindestens drei Mal deinen Namen gesagt, aber du hast nie reagiert." Marcus lachte, zog mich an sich, sodass mein Kopf knapp unterhalb seiner Schulter lag. Aufgewühlt schloss ich die Augen, versuchte, mich zu beruhigen. Sein Duft, der mir bei jedem Atemzug in die Nase stieg, trug viel dazu bei, dass sich mein Puls wieder auf Normalgeschwindigkeit senkte.
„Ich habe Frühstück gemacht", fiel mir plötzlich wieder ein, und ich löste mich aus der liebevollen Umarmung meines Freundes, um auf das Essen zu deuten. Wie auf die Sekunde genau begann mein Magen zu knurren.
„Können wir essen?" Mit großen Augen sah ich zu Marcus auf, der sich wiederum zu mir runterbeugte, damit er mir eine Haarsträhne hinter die Ohren schieben konnte.
„Natürlich", antwortete er lächelnd.
Dann stutzte er, sah an mir herunter. Ich trug eines seiner Hemden – ein wenig Teenie – Film Action durfte selbstverständlich in einer derartigen Situation nicht fehlen – und eine Stoffshort, die offensichtlich Leah gehörte. Ich hatte sie in dem Schrank neben dem Bett gefunden und beschlossen, dass sie mir passte. Was sie auch tat, nur wurde sie zu neunzig Prozent von Marcus' Hemd bedeckt.
„Ist das mein Hemd?"
„Nein, das ist selbstverständlich Kyles. Ich schleppe es immer mit mir herum", gab ich zuckersüß zurück, genoss den Stich der Eifersucht, der in Marcus' Augen auftauchte, ehe er den Sarkasmus in meinem Satz bemerkte. Es tat gut zu wissen, dass ich nicht das einzige eifersüchtige Wesen im Raum war.
„Ich mag Kyle nicht", gab mein Freund zu bedenken, als ich bereits auf der Anrichte saß, eine Schüssel in meiner Hand.
„Du kennst ihn doch gar nicht."
„Ist mir egal. Ich mag ihn nicht", brummte er und nahm sich ebenfalls eine Schüssel, inspizierte allerdings genaustens den Inhalt.
„Joghurt mit Früchten?"
„Ganz genau. Einhundert Gummipunkte für den Kandidaten!"
Marcus runzelte die Stirn und wollte offenbar gerade fragen, was denn Gummipunkte seien – wusste ich auch nicht - , als mein Handy klingelte.
Brandon.

Break The RulesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt