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Cara sang geistesabwesend zu Candy Shop, während sie meine Haare machte. „I'll take you to the candy shop, dadadada." Ich dagegen betrachtete mich seufzend im Spiegel und zog meinen Lidstrich nach. Gott, ich war eine Niete, wenn es darum ging, sich sexy zu schminken. Doch irgendwie war es mir gelungen, mein Make – up so zu machen, dass ich weder aussah wie eine Goth – Braut, noch wie eine verheulte Jungfer. Meine Haare hätte ich ja offen gelassen, doch Cara hatte darauf bestanden, mir Locken zu machen. Emma hatte nicht protestiert, und so saß ich nun auf dem bequemen Sessel vor meinem Schminktisch und sah stirnrunzelnd im Spiegel, wie meine beste Freundin meine heißgeliebten Haare mit dem Glätteisen zu Locken fabrizierte.
Und das alles nur wegen einer Party.
Wegen einer Party, auf der ich verdammt noch mal jemanden abschleppen wollte, um Marcus Lee ein für alle mal zu vergessen. Niemand brauchte einen Anwalt!
Einen verdammt heißen Anwalt.
Der gut küssen kann.
Verdammt!

Vermutlich würde ich am Ende des Tages sowieso bei Brandon herumhängen, weil meine Freundinnen mit den Lippen an irgendwelchen Typen hängen würden. Ich bezweifelte, dass ich noch nüchtern nach Hause kommen würde. Das war die erste Party nach Kyle, was bedeutete, dass es auch die erste Party seit Lee war. Irgendwie musste ich die letzten eineinhalb Wochen ja überbrücken. Was half da besser als Alkohol?
Eine heiße Nacht mit Marcus Lee.
Was?

Seufzend lenkte ich meine Gedanken auf eine Fernsehshow und öffnete Whatsapp, da ich von Cara eigenhändig ermordet werden würde, wenn ich auch nur daran denken würde, aufzustehen. Ich hatte ein paar Nachrichten im Stufenchat, die mich aber nicht betrafen. Brandon sprach mich auf mein Profilbild an, das auch ihn zeigte.
‚Willst du Marcus damit eifersüchtig machen?'
Wollte ich das? Irgendwie schon.
‚Ja', tippte ich also zurück und schämte mich ein wenig dafür. War ich echt so tief gesunken?
‚Hat geklappt. Na ja, Holly war zumindest ziemlich eifersüchtig. Ziel erfüllt?'
Ich musste schmunzeln. Der ewige ‚Wer macht wen eifersüchtig' – Krieg hatte begonnen. Was Kyle anging...
Vielleicht, vielleicht sollte ich ihn eifersüchtig machen, so wie normale Menschen nach der Trennung. Mit Marcus oder jedem x – beliebigen Typen, hauptsache, Kyle würde eifersüchtig werden. Dass könnte spaßig werden.
Operation ‚Mache Kyle eifersüchtig und schlafe dabei möglichst nicht mit Lee' konnte beginnen.
Möge der bessere gewinnen, Kyle. Und ich werde nicht der Verlierer sein.

***

„Marcus?", rief Leah aus der Küche, wo sie schon seit zehn Minuten mit ihrer Cousine oder so plauderte. „Kommst du mal?" Widerwillig gehorchte ich, wohl wissend, dass ich mich aufführte wie ein kleines Kind. Wenn auch nur in meinem Inneren.
„Was denn?"
„Wärst du so lieb und gehst heute auf eine Party?" Eine Party? Damit konnte ich umgehen.
„Margaret veranstaltet eine, und du sollst gucken, dass die nicht den teuren Wein wegtrinken." Eine Jugendparty? Nicht mehr ganz so toll. Das Kind in meinem inneren machte sich wieder bemerkbar: „Muss das sein?" „Bitte. Es kommen ziemlich viele aus ihrer Stufe, wenn nicht sogar alle. Dass sie wild Sex haben ist scheinbar in Ordnung, aber den teuren Wein sollten sie wirklich nicht anfassen. Bitte, Marcus. Ich bin eh nicht zuhause, du weißt ja. Andrea will mich pünktlich um ein Uhr Ortszeit in New York wissen. Und so wie ich dich kenne, würdest du eh nur hier rumsitzen und Football gucken."
Wie wenig sie mich doch kannte. Ich würde keineswegs hierbleiben. Nicht nach den letzten anderthalb Wochen. Vielmehr würde ich Jessica suchen und endlich das tun, was ich schon seit der ersten Begegnung wollte: Sie nehmen, mich in ihr verlieren. Auch wenn ich dabei meine Frau betrog, mit diesem Gedanken konnte ich mich mittlerweile anfreunden. Schließlich hatte ich sie nie geliebt. Und ich bezweifelte, dass sie mich wirklich liebte.
Moment.Margaret ging auf die gleiche Schule wie Jessica. In die gleiche Stufe. Was bedeutete, dass Jessica mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% auch auf dieser Party auftauchen würde. So schlecht standen meine Chancen auf... wie hatte Leah es genannt? Wilden Sex. So schlecht standen meine Chancen auf wilden Sex mit Jessica also gar nicht.
„Meinetwegen. Aber wehe, einer der Teens kotzt mir auf die Schuhe!", grummelte ich gespielt missmutig, da ich meine Fassade aufrecht erhalten wollte. Nur weil ich mich nicht übermäßig schämte, meine Frau betrügen zu wollen, musste das ja nicht heißen, dass sie es sofort erfahren musste. Ich machte auf dem Absatz kehrt und ging nach oben ins Schlafzimmer, wo ich mich auf das Bett legte. Dabei musste ich krampfhaft versuchen, mir nicht Jessica nackt auf eben diesem Bett vorzustellen. Es gelang mir nur mäßig. Schlussendlich kramte ich ein Hochglanz – Automagazin heraus, das ich mir von Robert geborgt hatte. Die Dinger waren mir zu teuer, und auch wenn ich viel Geld hatte musste das nicht heißen, dass ich alles für solche Zeitschriften ausgab.
Ich war gerade auf Seite zwanzig, als Leah hereinkam. „Kannst du so um neun oder zehn rüber?", fragte sie und zog sich das lockere weiße Shirt über den Kopf. Darunter trug sie einen schlichten, unverzierten weißen BH, den sie jedoch auch öffnete. „Mach ich", murmelte ich geistesabwesend und blätterte um. Margaret wohnte neben uns, es war also kein allzu langer Weg.
Aus den Augenwinkeln beobachtete ich, wie meine Frau ihre schlichte Unterwäsche gegen Dessous eintauschte, in denen ich sie noch vor zwei Wochen liebend gerne gevögelt hätte. Nun ließ es mich beinahe vollkommen kalt.
Außerdem: Wozu zur Hölle brauchte sie Dessous auf Geschäftsreisen?
Als sie sich ein Abendkleid überstreifte verflüchtigten sich die Gedanken über mögliche Seitensprünge. Ihre vorherige Unterwäsche wäre ungefähr so viel aufgefallen wie Beyoncé, die auf einem Elefant über den Times Square reitet. Man hätte es bemerkt. Der Spitzentanga war daher vermutlich nur zum komplettieren des Sets. Leah hasste es, unterschiedliche Unterwäsche zu tragen.

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„Was, du willst echt diese Unterwäsche tragen?" Emma sah mich ungläubig an. „Ja, was spricht denn dagegen?", fragte ich und sah stirnrunzelnd an meinem fast nackten Körper herunter. Eigentlich hatte ich mich nur umziehen wollen. „Ähm, die schreit schon fast ‚Ich bin unglücklich, bitte fickt mich ja nicht!'", schaltete sich nun auch Cara ein. Na, danke.
Eigentlich mochte ich diese Unterwäsche. Höschen und BH waren mit Blümchen bedeckt. Vielleicht etwas zu süß für einen One – Night – Stand, aber bequem.
Warum hatte ich nur gedacht, dass Emma es mir durchgehen lassen würde? Blitzschnell hatten meine beiden Freundinnen eine neue Garnitur Wäsche herausgesucht: Einen nur mäßig bedeckender Spitzen – BH und das dazu passende Höschen. Meine Brüste würden später nur von den winzigen Stück Stoff unter der Spitze und meinem Top verdeckt werden, das von schwarzen Streifen durchzogen und ansonsten durchsichtig war. Ich könnte mich auch gleich auf eine Parkbank setzen.
Breitbeinig.
Mit einem ‚Hier bin ich, fickt mich' Schild, dessen Pfeil auf meinen Kopf zeigte.
Jap, damit würde ich hundertpro auffallen.
Mach dich bereit, Kyle. Ich habe mir nämlich fest vorgenommen, heute Nacht Sex zu haben. Aber nicht mit dir.

Break The RulesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt