Kapitel 33 | Gedanken

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Amelie starrte durch die dicke Glasscheibe auf ihre Freundin. Die Fische knabberten ununterbrochen an ihr herum, obwohl kein Fleisch mehr vorhanden war. Nur Kristins Skelett schwamm im roten Wasser. Was für Schmerzen hatte sie nur erleiden müssen, nur weil sie sich gegen Frank wehrte. Wäre es nicht besser das zu tun was Frank ihr gesagt hatte? Keine Gefühle aufbauen. Würde sie es schaffen? Amelie blickte herab auf den blutverkrusteten Boden. Sie wusste es nicht. Wenn sie es nicht schaffen würde, was überlegt sich Frank dann? Bricht er ihr dann jeden Finger? Amelie wurde ganz flau im Magen. Inzwischen traute sie ihm alles zu, wirklich alles.

Die Fische knabberten immer noch an Kristin. Konnten die sie nicht endlich mal in ruhe lassen? Warum mussten sie Kristin immer weiter zerstören? Die Wut kochte in ihr auf. Sie rannte zum Glaszylinder und boxte dagegen. Sie trat gegen das Glas und schrie, dass sie endlich ihre Freundin in ruhe lassen sollten. Immer wieder schrie sie ihre Bitte, immer und immer und immer wieder. Aber die Fische machten einfach weiter, es störte sie nicht mal, dass Amelie gegen die Scheibe klopfte.

Sie rutschte mit dem Rücken an der Glaswand herunter und verbarg ihr Gesicht in den Händen. Das alles war doch nur ein schlechter Traum. Sie war gefangen in einem Albtraum, aus dem sie nicht mehr aufwachte. Nie mehr, da war sie sich sicher. Frank würde sie wohl auch früher oder später töten. Ihre Leben war einfach eine Katastrophe und das war noch zu harmlos ausgedrückt.

Sie stand auf und ging ohne sich umzudrehen aus dem Zimmer der Schreie. Erschöpft lief sie die Treppen hoch. Wie würde sie Frank gleich begegnen? Traurig, wütend oder doch verständnisvoll? Sie würde sich am liebsten nie mehr für etwas entscheiden müssen, denn immer entschied sie sich für das Falsche. Die Folgen waren immer gravierend und jedes mal musste sie sich vor Augen führen, dass sie daran Schuld war, sie.

Leise öffnete und schloss sie die Tür und schlich sich an der Küche vorbei, wo Frank Zeitung las. Sie wollte ihn nicht sehen, seine Stimme nicht hören und nicht von seinen mörderischen Händen gestreichelt werden. Nie wieder.

"Ah, Amelie da bist du ja. Ich muss dir was erzählen. Komm setze dich doch zu mir.", seine Stimme war zwar warm, aber ihr lief trotzdem ein Schauer über den Rücken. Da war sie seine Stimme. Sie war immer so ruhig gewesen vor dem Sturm.

Sie hörte wie er auf den Stuhl neben sich klopfte. Sie drehte sich um und schaute ihn an.

"Ich will jetzt nicht, lass mich in Ruhe.", brachte sie hervor und wollte weitergehen. Ja sie tat das was sie wollte. Sie war nicht seine Marionette und schon gar nicht seine Nachfolgerin.

"Und ob du willst.", sagte er gelassen und stand auf, packte sie unter den Armen und trug sie zum Stuhl.

Sie verschränkte ihre Arme vor ihrer Brust und setzte einen angewiderten Gesichtszug auf. Würde der morgige Tag genauso schlimm werden oder vielleicht noch schlimmer? Amelie wünschte sich einmal einen schönen Tag, so einen wie sie im Heim immer hatte. Hatte sie es nicht verdient, sie einmal von den ganzen schrecklichen Dingen und den Strapazen erlöst zu werden? Vor allem morgen wollte sie davon erlöst werden. Es war ihr Geburtstag.

"Amelie, ich rede mit dir. Hallo?", Franks Hand schnipste vor ihrem Gesicht herum. Reflexartige schlug sie diese weg. Verblüfft schaute er sie an, dann kniff er die Augen zusammen, tat ihr aber nichts.

"Hier in der Zeitung wird von mir, nein von uns berichtet. Ist das nicht toll? Wir beide sind berühmt. Das lustige ist ja, dass sie so viel herum spekulieren was das Brandzeichen 'FS' bedeutet. Sie schreiben hier davon, dass es vielleicht 'Fleshy Skin' heißen könnte. Also übersetzt 'Fleischige Haut'. Ist das nicht lustig, Amelie? So viele dumme Polizisten sind hier in der Umgebung. Sie kommen nicht einmal ansatzweise auf 'Fratzensammler'.", Frank redete und redete, aber Amelie interessierte das kein Stück. Sie interessierte sich nicht für das was in der Zeitung stand und was Franks Meinung dazu war. Sie wollte nur noch hier raus, aber was für einen Preis musste sie Zahlen? Ihr Leben oder das von anderen Menschen?

Ohne etwas zu sagen stand sie auf und ging in ihr Zimmer. Frank rief ihr noch etwas hinterher, was sie nicht verstand. Heulend warf sie sich auf ihr Bett und schaute aus dem vergitterten Fenster raus. Und da war ihr klar, dass sie sich rächen wollte. An Frank. Dann wenn sie alt genug war und er alt und schwach. Sie wurde ihn so zurichten wie es noch keiner gesehen hat. Er wird so laut schreien und um Hilfe winseln wie es noch keiner getan hat. Er wird so sterben wie es sich noch keiner gewünscht hat. Ja Frank, irgendwann bist du auch mal dran. Irgendwann Frank, irgendwann.

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Was haltet ihr von Amelies Idee? Wie würdet ihr Handeln?

Mein Fuß ist grad eingschlafen beim schreiben und jetzt kribbelt der so kacke :D Oh wie ich das hasse ey :D

Danke das viele von euch immer so fleißig voten und kommentieren :) Das bedeutet mir echt viel :) Danke ♥♥

Der FratzensammlerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt