Kapitel 24

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Innerhalb eines Tages hatte sich mein Leben mal wieder grundlegend verändert. Gerade saß ich zwischen Zara und Devin eingequetscht in einem Flugzeug, auf dem Weg nach Italien.

Zara hatte wirklich Recht behalten. Anna Marie wollte mir sofort helfen. Astrums Vater und seine Geschwister waren schon eingeweiht und würden mich nicht verraten. Auf der einen Seite war ich sehr dankbar für ihre Unterstützung, aber auf der anderen Seite fühlte ich mich schuldig, weil ich Astrums Familie gegen ihn ausspielte. Außerdem hatte ich zwar in Italien meinen sicheren Unterschlupf gefunden, aber ob ich dort meine Probleme lösen konnte, wusste ich noch nicht. Was wenn alles nichts brachte und ich meinen Seelengefährten zum Schluss umsonst verlor!

Gedankenverloren schüttelte ich den Kopf. So negativ sollte ich nicht denken!

Astrum hatte noch nicht gemerkt, dass unsere Verbindung unterbrochen war. Aino kam kurz nachdem Zara ihren Anruf bei Anna Maria beendet hatte mit einer riesigen Tasche, mit meinen Sachen darin, zurück. Er erzählte uns, dass Titus Astrum zu einem extra Training verdonnert hatte, nachdem dieser fast einen Frischling umgebracht hätte, weil dieser mich als heiß bezeichnet hatte. Durch das zusätzliche Training hatte er noch nicht bemerkt, dass ich verschwunden war und dass unsere Verbindung für ihn nicht mehr vorhanden war.

Zara und Devin hatten sich bei Titus abgemeldet und erzählt sie müssten einen kranken Verwandten im Ausland besuchen und verpflegen und könnten deswegen nicht länger bei ihm arbeiten.

Ich merkte wie ich immer nervöser wurde. Gleich würde ich das erste Mal Astrums Eltern kennenlernen. So viele Bücher hatte ich schon über sie gelesen oder Erzählungen über sie gehörte. Anna Maria und Johannes waren wie ein Mythos. Sie die Tochter, die eigentlich nie existiert hatte und er das rücksichtslose Monster, das im Rat saß, aber für seine Familie eine ganze Spezies ausgerottet hatte.

„Wir sind gleich da", flüsterte Zara mir zu und drückte beruhigend meine Hand. Sie musste meine Aufregung ebenfalls gespürt haben.

Immer noch ein nervliches Wrack trat ich aus dem Flugzeug. Immer weiter durch die langen Gänge zu den Gepäckschaltern. Ich fühlte mich als müssten wir ewig auf das Gepäck warten. Erst nach gefühlten Stunden setzte sich das Band in Bewegung und die ersten Koffer erschienen. Als wir drei alle unsere Koffer hatten, ging es sofort zur Ankunftshalle.

Schon von weitem konnte ich Nova sehen, die mit ausgestreckten Armen hin und her fuchtelte, um auf sich aufmerksam zu machen. Lachend lief ich auf sie zu und schloss sie in eine feste Umarmung. Neben uns sprang eine quietschende Jugendliche Zara in die Arme. Das musste dann wohl Anna Maria sein. Wenn man sie das erste Mal lebendig vor sich stehen sah, war das ganze geheimnisvolle und angsteinflößende wie weggewischt. Sie sah einfach aus wie ich. Gleiches Alter, gleiche Kleidung und trotzdem war sie mehr als hundert Jahre alt, hatte vier Kinder, führte einen der mächtigsten Clane und hat fast eine ganze magische Spezies ausgerottet.

Du weißt schon, dass ich dich hören kann?!, fragte plötzliche eine zarte, liebevolle Stimme in meinem Kopf.

Erschrocken sah ich direkt in die sanften Augen von Anna Maria. Schüchtern schüttelte ich den Kopf.

Schon ok. Das vergessen die meisten, wenn sie mich zum ersten Mal treffen. Was immer wieder sehr amüsant für meinen Mann und mich ist!, kicherte sie in meinem Kopf.

„Lasst uns gehen!", sagte Nova, „Ich hab noch so viel mit Luna zu besprechen!"

Zusammen machten wir uns dann auf den Weg zu den Autos. Wir waren gerade dabei unser Gepäck einzuräumen, als ein unbeschreiblicher Schmerz über mich kam. Wir Zara es beschrieben hatte, fühlte es sich an als würde ich in Flammen stehen. Schreien fiel ich auf den Boden. Meine Arme hatte ich beschützend um mich geschlungen. Wie ein kleiner Embryo krümmte ich mich auf dem Boden. Markerschütternde Schreie kamen aus meinem Mund. Ich konnte mich nicht beruhigen, es war einfach zu unerträglich.

„Schnell bringt sie ins Auto! Schnell. Wir müssen sie nach Hause bringen!", hörte ich Zara aufgeregt rufen.

Kaum nahm ich überhaupt war, wie mich jemand hoch hob und ins Auto legte. Ich spürte nur noch Schmerzen und Einsamkeit, alles andere war wie ein Schleier. Menschen sprachen mit mir oder miteinander. Ich wurde hochgehoben, herumgetragen, abgelegt. Ich wusste ich war in einem Zimmer in Anna Marias Haus, aber das war auch schon alles was ich wirklich aufnahm. Ich wusste, dass mich jemand umzog, wusch und fütterte. Doch all das nahm ich nicht wirklich wahr. Ich wusste nicht einmal wie viel Zeit vergangen war, es könnten Minuten oder Stunden sein vielleicht aber auch Wochen.

Mit einem Schlag hörten all meine Schmerzen auf. Ich schnell schlug ich meine Augenlieder auf und setzte mich auf. Ich lag in einem breiten Bett. Alles war in weiß gehalten von Möbeln über Deko. Obwohl es sehr schön aussah, sah es fast schon kühl aus. Das Zimmer hatte keinerlei herzliche Note oder nur ein Fünkchen Liebe. Noch etwas wackelig auf den Beinen, kletterte ich aus dem Bett und schlurfte ins Bad. Nur ein Blick in den Spiegel reichte, um sofort zu beschließen, ich bräuchte dringend eine ausgiebige Dusche. Etwas besser aussehend trat ich wieder ins Zimmer. Meinen Koffer hatte ich schnell gefunden und zog mich schnell um.

Etwas orientierungslos lief ich durch das riesige Haus. Ich versuchte einfach den lautesten Geräuschen zu folgen. Irgendwann schaffte ich es dann in einem großen offenen Wohnzimmer zu landen. Es waren eine Menge Vampire anwesend. Nora saß mit Zara und Devin auf einem Sofa während Anna Maria auf einem Sessel auf einer kleinen Empore auf der anderen Seite des Raumes. Neben ihr stand Johannes. Alle sahen mich erstaunt und gleichzeitig entsetzt an.

Zara sprang entzückt auf und umarmte mich überschwänglich.

„Endlich bist du wieder bei Sinnen!", sagte sie begeistert, „Wie fühlst du dich?"

„Leer", murmelte ich emotionslos.

„Tut mir leid", murmelte Zara, „Die Antwort hätte mir eigentlich klar sein müssen. Ich weiß, dass es hart ist. Aber ich wollte eigentlich wissen ob du noch Schmerzen hast. Du warst länger weg als es normalerweise hätte dauern sollen."

„Was meinst du?", fragte ich verwirrt.

„Normalerweise solltest du nur einen, höchstens drei Tage Schmerzen haben. Aber du warst so in Schmerzen das wir dich in einen Schlaf legen mussten, damit du nicht stirbst. Es sind zwei fast drei Wochen vergangen, seitdem Astrum das Fehlen eurer Verbindung festgestellt hat."

„Wie geht es ihm?", war das einzige was ich wissen wollte.

„Er hat leichte Schmerzen sobald er an dich denkt. Außerdem sucht er dich. Momentan ist er in Mexiko und durchkämmt jedes noch so winzige Dorf und jede noch so große Stadt. Er wird nicht aufgeben bis er dich gefunden hat, so wie ich es dir gesagt habe."

Ich nickte nur und setzte mich neben Nora auf die Couch.

Was möchtest du als erstes machen?, fragte Anna Maria in meinem Kopf.

Was sollte ich den machen wollen? Mein Gefährte ist in Schmerzen wegen mir und ich habe das Gefühl ich hätte meine Luft zum Atmen verloren, antwortet ich monoton.

Du bist nicht hier zum Rumjammern! Trainiere, meditiere, versuch mit Zara deinen Kopf frei zu kriegen, aber sitz hier nicht depressiv rum!, zischte sie wütend zurück.

Die dunkle HexeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt