Kapitel 27

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Zara hatte mich etwas überschätzt, denn abends landete ich immer noch an Orten, die falsch waren. Ich gab es auf, nachdem ich mich zum Esstisch teleportieren wollte und das mitten drauf mit einer Bauchlandung endete. Nova hatte mich die gesamte Zeit beim Üben beobachtet und sich dabei köstlich amüsiert.

„Wann willst du noch mal zurück?", wollte sie jetzt kichernd von mir wissen.

„Eigentlich schon morgen, direkt wenn Aino mir gesagt hat, das Astrum weg ist", murmelte ich.

Verstohlen fingen Nova und auch Anna Maria an zu lachen. Schnaubend schaufelte ich mir Essen auf meinen Teller, genau wie alle anderen. Immer wieder musterte Johannes mich von der Seite, was mir so langsam auf die Nerven ging. Ich wusste nicht, was sein verdammtes Problem war.

Er fragt sich wie er dir helfen kann. Er mag dich und er sieht genau wie ich, wie sehr du unseren Sohn liebst. Er will euch beide helfen, damit bald alles gut ist und er endlich seine sehnlich gewünschten Enkelkinder bekommt, kicherte Anna Maria in meinem Kopf.

Was haben nur alle Männer in dieser Familie mit Kindern?! , seufzte ich.

Ach sei doch nicht so! Gib es doch einfach zu. Du willst selbst Kinder. Du hast nur Angst in was für eine Welt du deine Kinder schickst. Diese Angst kenne ich nur zu gut, meinte Anna Maria.

Aber ich kann nicht den selben Weg wie du wählen. Eine ganze Spezies ausrotten nur damit man keine Gegner mehr hat. Du weißt ihr habt nicht nur einen Krieg damit beendet, sondern auch den Grundstein für den nächsten gelegt. Nicht alle Werwölfe sind tot und nicht alle wollen keine Vergeltung für ihre Freunde, Bekannten und Angehörigen!, zischte ich zurück.

Ich lasse dir diese Stimmlage dieses Mal durchgehen, weil ich weiß, dass du gestresst von deinen anderen Problemen bist, aber wag es nicht noch einmal so mit mir zu reden! Du bist Gast in meinem Haus, vergiss das nie! Ich weiß selbst was Johannes und ich getan haben und genau deswegen sollst du ja aus den Fehlern deiner Vorgänger lernen!, knurrte sie mich an.

Wutentbrannt sahen wir uns an, bis Anna Maria mit einer majestätischen Bewegung aufstand und mir auch nur einen weiteren Blick zu schenken ging. Allen war klar, mit wem Anna Maria gerade eine Diskussion gehabt hatte und sahen mich fragend an, aber ich schüttelte nur den Kopf. Stille erfüllte wieder den Raum, bis Zara sie zum Glück brach.

„Woran denkst du, wenn du teleportieren willst?", fragte sie.

„An den Ort, an den ich will?", antwortete ich fragend.

„Sicher nur an den einen Ort oder auch an Astrum?", wollte sie weiter wissen.

„Astrum ist immer in meinem Kopf, ich kann ihn nicht einfach raushalten", murmelte ich.

„Und genau da liegt dein Fehler, wenn du an nur eine winzige Kleinigkeit neben dem Teleportationsort denkst, kommst du nicht richtig an. Du solltest meditieren und deinen Kopf befreien und es dann noch mal versuchen, ansonsten wirst du morgen auf Astrums Schoß landen und nicht in der Bibliothek neben dem Buch."

„Ok. Danke!"

Nach dem Abendessen verabschiedete ich mich so schnell es ging vom Tisch und verschwand in mein Zimmer. Ich dachte aber nicht eine Sekunde ans Schlafen. Ich wollte meditieren. Ich tat es zwar jeden Morgen, aber ich versuchte dabei nie Astrum aus meinem Kopf zu bekommen. Meditieren war mittlerweile etwas sehr einfach für mich geworden. Diese bunten Nebelschwaden um mich zu haben war fast schon ein beruhigendes Gefühl und erfüllte meinen Geis mit einer unglaublichen Gelassenheit und Zufriedenheit. Daran lag aber auch dieses enorme Gefühl von Macht, das mich beim Meditieren durchströmte. Ich spürte wie viel eigentlich in mir steckte und wie viel ich damit bewirken konnte, aber auch wie viel ich damit zerstören konnte.

Ich schaltete alles aus, was ging, jeder Gedanke, jedes Gefühl, alles. Das einzige, was ich übrig ließ war reine Rationalität, um meinen Plan durchführen zu können. Ich musste mich in die Bibliothek teleportieren, das Buch finden und mich wieder zurück teleportieren. Und das natürlich alles ohne dabei in irgendeiner Weise erwischt zu werden. Natürlich würde jeder Hexer und auch die Vampire merken, dass ich da war. Ich hatte jetzt mehr Macht als vorher, durch das intensive Training, was ich hier erhielt. Sie wüssten auch ganz genau wer ich war und sofort Astrum informieren. So schnelle er nur könnte würde er zurückkommen und da er sich ebenfalls teleportieren konnte, war das sehr schnell. Ich durfte also maximal fünf Minuten für die gesamte Aktion brauchen.

Entschlossen öffnete ich meine Augen wieder nach der Meditation. Draußen wurde es bereits wieder hell. Ein paar Mal versuchte ich mich hin und her zu teleportieren. Zara hatte Recht behalten, wenn ich nichts anderes im Kopf hatte klappte es tatsächlich.

„Luna! Wo bist du?", brüllte plötzlich Nova durchs Haus. Ich musste nur an sie denken und stand sofort neben ihr.

„Was schreist du denn so?"

Sofort ließ sie einen erschrockenen Schrei aus, dass ich so plötzlich neben ihr stand, aber schnell hatte sie sich wieder beruhigt und reichte mir das Telefon, was sie fest umklammert gehalten hatte.

„Luna, ich bins Aino. Er ist jetzt weg. Hat gerade mit dem Auto das Gelände verlassen, beeil dich!", nuschelte Aino ins Telefon und legte sofort wieder auf.

„Ich muss los", war das einzige, was ich Nova sagte, bevor ich verschwand.

Sekunden später stand ich schon in der Bibliothek. Ich spürte sofort die Unruhe, die die Vampire ausstrahlten, als sie mich spürten. Mit einem Zauber verbarrikadierte ich die Türen und Fenster mit einer Schutzmauer. Schnell dachte ich an das Hexenbuch und stand sofort daneben. Es lag sicher verwahrt in einem Glaskasten, der mit einem Zauber versehen war und durch Silber und Eisenkraut vor Vampiren und Werwölfen gesichert war. Allerdings war der Zauber schwieriger zu knacken als ich gedacht hatte. Mir lief die Zeit davon. Ich hörte, wie die Vampire und Hexer von allen Seiten versuchten in die Bibliothek einzudringen. Auch Aino und meine Brüder halfen ihnen. Ich musste mich wieder auf den Zauber konzentrieren, um ihn zu brechen und mit dem Buch endlich verschwinden zu können.

Drei wirklich mächtige Hexer hatten ihn beschworen, aber ich war mächtiger. Es waren verschiedene Zauber, die kombiniert worden waren. Aber die Hexer hatten einen Fehler gemacht. Sie hatten die drei Zauber zwar ineinander verwoben und verbunden, aber sie hatten keinen vierten Zauber über die Nahtstellen gelegt, dadurch war es ein einfaches die Zauber einfach an den zusammen gebastelten Stellen auseinander zu ziehen und zu zerreißen, als wären es Papiertaschentücher. Ich musste nicht mal Magie dafür anwenden. Endlich konnte ich das Buch in meinen Händen halten. Ein elektrischer Schlag fuhr durch mich hindurch als ich es berührte. Dieses Buch sprühte nur so vor Macht und Magie. Endlich würde ich endlich meine Antworten bekommen und all meine Probleme lösen können!

Gerade als ich mich zurück teleportieren wollte, wurde mein Schutzkreis durchbrochen und die großen Flügeltüren der Bibliothek flogen auf. Vor mir stand ein schrecklich aussehender Astrum.

„Luna", flüsterte er nur völlig entkräftet.

„Es tut mir leid!", schluchzte ich unter Tränen, bevor ich mich weg teleportierte.

Die dunkle HexeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt