10.

128 12 7
                                    

Panik erfasste Kaylin, sie wollte nicht mit diesen Männern auf die Pearl, immerhin kannte sie praktisch keine von ihnen, wenn doch, dann wären es solche, die sie vor einem Jahr entführt hatten. Warum konnte sie nicht auch zu ihren Freunden gesperrt werden? Das war aber noch nicht einmal das Schlimmste, auf einmal zischte Will, sie sollen sich nicht mehr bewegen, Kaylin sah rasch weshalb. Ein Dorfbewohner überquerte die Brücke in der Nähe, er sollte nichts von ihrem Fluchtversuch mitbekommen. Kaum hatten alle Männer aufgehört zu klettern, erregte einer durch ein Zischen die Aufmerksamkeit. Es war jener, der mit seiner Aussage, das Wettrennen ins Leben rief. Er deutete mit dem Zeigefinger nach oben und die Männer begannen weiterzuklettern.

"Stopp", knurrte Kaylin, sie wollte auf keinen Fall entdeckt werden, sie stemmte die Beine gegen die Wand und hielt sich mit aller Kraft an der Liane fest, in der Hoffnung, das würde die anderen behindern. Auch die Piraten im anderen Käfig protestierten, doch die Mitgefangen der jungen Frau lachten nur leise. Dann ging alles sehr schnell, jemand hielt plötzlich eine Schlange in den Händen, mehrere schrien auf und alle liessen die Lianen los, der Käfig stürzte in die Tiefe, weil das Seil oben riss. Jedoch hatte Kaylin sich, ohne dass sie es bemerkt hatte, weiterhin an die Ranken geklammert und war gerade heilfroh, dass sie das Kleid nicht mehr trug, denn irgendwie war der Käfig über ihren Körper gerutscht, ohne sie mit nach unten zu reissen. So hing sie noch immer an der steilen Felswand und konnte nicht genau realisieren, was geschehen war und dass sie noch lebte. Verwirrt sah sie um sich, die Leute im anderen Käfig kletterten nach oben und der Junge auf der Brücke war verschwunden. Kaylin beschloss, erst einmal von hier wegzukommen, denn wenn sie die Kraft verliesse,  stürzte auch sie. Jetzt, da sie auf sich alleine gestellt war, bekam sie ein wenig Panik, versuchte aber an etwas anderes zu denken, stemmte die Füsse gegen die Wand und begann Zentimeter um Zentimeter zu klettern.

Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte Kaylin das obere Ende erreicht, zog sich über den Rand und blieb dann entkräftet auf dem Gras liegen. Auf eine Art konnte sie nicht fassen, dass sie noch am Leben war, anderseits ahnte sie, was für Glück sie gehabt hatte. Sobald sie sich wieder erholt fühlte, stand sie auf und begutachtete den Schaden, den die Kletterei hinterliess, die Arme, Hände und Beine waren stellenweise aufgeschrammt, aber das war nichts im Gegensatz dazu, dass mehr als die Hälfte ihres Unterrockes fehlte. Wahrscheinlich geschah das, weil ein Zipfel der Kleidung am Käfig eingeklemmt wurde oder so. Sie hatte jedenfalls nicht gehört, wie der Stoff riss. Im Moment kümmerte sie das aber wenig, sie musste erst einmal dafür sorgen dass sie zur Pearl kam ehe die anderen losfuhren. Sie überlegte nicht weiter und rannte aufs Geratewohl in die Richtung von wo man sie hergebracht hatte. Da fragte sie sich, ob es nicht eine dumme Idee war, wieder in das Dorf der Menschenfresser zurück zu rennen. Es war aber auch schon zu spät, das Dorf hatte sie bereits erreicht, doch zum Glück war es leer. Dies allerdings schien ihr ein wenig komisch, dennoch kümmerte sie sich nicht weiter darum und suchte nach dem Weg, auf welchem sie hingebracht wurde.

Als sie glaubte, vor Müdigkeit beinahe umzufallen, hatte sie endlich das Ufer erreicht, jetzt musste sie nur noch die Pearl finden. Zum ersten Mal fragte sie sich, ob die Gefangenen des anderen Käfigs es überhaupt geschafft hatten, denn offenbar waren sie von Einwohnern verfolgt worden. Wie aufs Stichwort hörte sie Geschrei hinter sich und merkte, dass ihr Jack Sparrow nachrannte, verfolgt von Dutzenden Bewohnern der Insel. Diese Ansicht brachte neue Energie in Kaylins Beine, doch der Pirat hatte sie recht bald eingeholt. Er sah zu ihr herüber und hatte kurz Zeit sie zu mustern.

"Heisser Tag heute, aye?", meinte er dann.

"Wie-wieso?", fragte Kaylin zurück, sah dann kurz an sich runter und es wurde ihr klar, an ihre Blösse hatte sie gar nicht mehr gedacht. Zu ihrer Erleichterung erblickte sie im nächsten Moment auch schon das Schiff und seufzte glücklich, als sie Leute sah, die dabei waren, auf das Schiff zu kommen. Ein letztes Mal drehte die Frau sich um, nun waren die Leute näher als zuvor und es sah so aus, als würde die Pearl bereits losfahren. Wie Jack packte sie das Netz aus Seilen, wartete allerdings nicht ab wie der Pirat, sondern kletterte rasch an Bord. Glücklicherweise musste sie sich nicht alleine über die Reling ziehen, Fíli half ihr dabei und schloss sie anschliessend in die Arme.

Descendants of the SeaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt