Einige Tage später verkündete Jack, dass sie den Ort wo die Dutchman sein müsse gefunden haben. Der Regen hatte alle an Bord bereits durchnässt, dennoch standen sie bei der Reling. An der Stelle wo er hindeutete, erkannte Kaylin lediglich ein kleines Schiff, nicht besonders imposant. Ihrer Meinung nach müsste die Dutchman grösser sein und aufwendiger gebaut sein. Doch wenn sie ganz ehrlich war, erleichterte sie das auch ein wenig, denn so hatte sie weniger Angst. Fíli hatte ihr endlich erzählt, was Jack als Gegenleistung machen müsste, hundert Jahre in Jones' Crew arbeiten. Einmal mehr musste die Frau sich fragen, wie es möglich war, dem Tod zu entkommen und so lange zu leben. Fragen tat sie niemanden, es war ihr irgendwie auch egal. Grösser war ihre Angst, dass Davy Jones darauf bestehen würde, dass auch Fíli hundert Jahre auf dem Schiff verbringen müsste, weil er dabei war, als der Pakt geschlossen wurde.
"Kaylie?", erklang die Stimme ihres Geliebten hinter ihr, während sie über die Reling blickte. Über den Spitznamen musste sie immer wieder schmunzeln, er hatte darauf bestanden, sie so zu nennen, anstelle anderer Kosewörter. Du bist einmalig, also muss es auch dein Name sein. Darüber hinaus ist er selber erfunden, kommt also von Herzen. "Du fürchtest dich, oder?"
"Um dich. Was wenn er verlangt, dass auch du seiner Mannschaft beitrittst?"
"Damals, als sie die Vereinbarung trafen, fiel kein Wort über mich, selbst Jack sagte, ich hätte damit nichts zu tun und sei unwichtig in dieser Sache"
"Was, wenn Jones seine Meinung ändert und dich trotzdem will? Ist dir noch nie untergekommen, dass Piraten kurzerhand die Regeln ändern? Immerhin haben Will und Elizabeth das erwähnt, als sie von Barbossa erzählten."
"Wenn er das tut, versuche ich mich rauszureden, ansonsten fliehe ich von Bord und lasse mich irgendwo an Land nieder... Er kann nur alle zehn Jahre einen Tag an Land, da findet er mich nie" Wohlerwogen liess er aus, dass die Crew trotzdem allezeit an Land konnte. "Ich werde dich nicht verlassen", fügte er hinzu und schlang seine Arme um ihren Oberkörper. Will, der von Jack an Bord des anderen Schiffs geschickt wurde, erhielt letzte Anweisungen, dann kletterte er ins Beiboot und ruderte davon. In Gedanken bat die junge Frau ihn, vorsichtig zu sein.
"Löscht die Lampen", befahl jemand und bald darauf war es noch dunkler auf dem Schiff. Ab und zu sah Sparrow durch ein Fernglas um nachzusehen, was Will machte. Fíli hingegen fiel auf einmal etwas ein, womit er seinen Freund augenblicklich konfrontierte.
"Weshalb hast du ihm nicht gesagt, dass das nicht die Dutchman ist?"
"Das wird er doch selber bald herausfinden, aye?", gab der Angesprochene zurück.
"Aber wenn das nicht das gesuchte Schiff ist, wo ist die Flying Dutchman dann?", erkundigte Kaylin sich.
"Die taucht bald auf" Nur widerwillig gab die Frau sich damit zufrieden und rechnete nicht damit, dass diese Worte wirklich wörtlich gemeint waren, so dass sie einen heftigen Schock bekam, als ein Schiff plötzlich an der Wasseroberfläche emporschoss.
"Oh mein Gott. Wi-wie... was?", stammelte sie verdutzt.
"Ich sagte doch, sie wird auftauchen, Schätzchen" Im Gegensatz zu 'Kaylie' konnte sie diesen Übernamen überhaupt nicht leiden, wenn wenigstens Fíli es wäre, der sie sie so nannte. Kaylin indessen fragte sich, was Will nun tun würde, ob er es überhaupt schaffen konnte, an Bord der Flying Dutchman zu kommen. Leider konnte sie nichts erkennen und Jack wollte niemandem sagen, was er durch das Fernrohr sah. Doch auf einmal zuckte er kurz zusammen und im nächsten Moment stand jemand auf dem Schiff, anstelle eines Menschenkopfes, war derjenige eines Tintenfisches mit Tentakeln. Kaylin kreischte, einerseits aus Überraschung darüber, dass der Mann plötzlich hier war, anderseits aus Schock über sein Aussehen. Hätte niemand sie warnen können? Panisch machte sie einen Schritt nach hinten, wobei sie in jemanden stiess, offenbar ein Untergebener des Neuankömmlings, sein Kopf war der einer Muräne. Bereits als Kind hatte Kaylin Angst vor diesen Tieren gehabt, jetzt verständlicherweise noch einmal mehr. Im nächsten Moment bedrohte sie der Matrose auch schon mit einer Klinge und hielt sie fest. Dem Gespräch zwischen dem Tintenfischkopf, der ihrer Meinung nach Davy Jones war, und Jack Sparrow konnte sie aufgrund ihrer Panik nicht folgen. Stattdessen sah sie sich um und sah, dass auch andere Crewmitglieder der Black Pearl bedroht wurden. Auch diese Wesen glichen mehr Meerestieren als Menschen. "Wie viele Seelen soll meine deiner Meinung nach wert sein?", war das erste das sie von der Konversation mitbekam, doch ohne den Zusammenhang, hatte sie natürlich keine Ahnung, was das zu bedeuten hatte. Davy Jones nannte die Zahl hundert, Sparrow wollte, dass Will zurückkam und dann würde er anfangen. Mit der nächsten Aussage seines Gesprächspartners, ahnte Kaylin um was es gehen könnte. Egoistisch wie Jack war, wollte er andere Leute auf die Dutchman schicken, die seine Schuld abarbeiteten. Und dies würden wahrscheinlich hundert Leute sein. Kaylin konnte es nicht fassen, dass Jack darauf einging, so viel Ehre hätte sie ihm noch zugetraut. Nun verstand sie auch, weshalb Jack nach dem Herzen von Davy Jones suchte, er wollte ihn töten. Der Piratenkapitän hatte indessen versucht, Jones davon zu überzeugen, dass Will mehr als eine Seele wert war, was die Frau noch einmal wütender machte, er plante ihren Freund auszuliefern. Seinen eigenen Freund.
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Descendants of the Sea
FanfictionJahrelang hat Kaylin einen Verehrer, interessiert ist sie jedoch nicht im Geringsten. Genau genommen kann sie ihn nicht einmal leiden. Ausgerechnet in dieser Zeit passieren Dinge, die ihr Leben für immer verändern werden. Als wäre das nicht genug...