Mit mulmigen Gefühl folgte Fíli, bewacht von einem der Krieger, dem Prinzen.
"Ihr seid so still geworden... gibt es nichts mehr, das Ihr loswerden wollt?"
"Ich wüsste nicht, was ich mit Euch reden sollte. Ausser dass ich zu den anderen will. Solltet Ihr ihnen etwas tun, ich schwöre bei Gott, werdet Ihr das bereuen"
"Keine Angst. Eurer Familie wird nichts passieren. Ist das überhaupt Eure Familie?"
"Nein" Er war verwundert, weshalb er die Frage beantwortete. "Naja irgendwie schon"
"Wie jetzt? Habt Ihr überhaupt eine Familie?"
"Natürlich habe ich die. Wir sind auf der Suche nach ihr. Deshalb sind wir auch hier"
"Ach und Ihr glaubt, dass sie hier irgendwo aus den Büschen springen wird wie wilde Tiere?"
"Jetzt aber mal Vorsicht wie Ihr über meine Familie sprecht. Und wir sind nur hier wegen Geld."
"Vorhin habt Ihr auch die meinen beleidigt. Gebt mir einen Grund weshalb ich das nicht auch tun dürfte."
"Das ist mir mehr oder weniger rausgerutscht. Aber Ihr habt keine Ahnung von meiner Familie und was sie durchmachen musste. Und muss."
"Meiner ging es auch nicht immer so rosig."
"Eure Familie herrscht hier. Meine Familienmitglieder sind Sklaven in Südamerika. Sie schuften sich zu Tode"
"Bevor wir herkamen und von unseren Wurzeln erfuhren, waren auch wir Sklaven."
"Von Sklaven zu Königen, was?"
"Bei Euch umgekehrt"
"Wie meint Ihr das? Wir waren nie besonders wohlhabend, geschweige denn adelig"
"Euer Anhänger sieht teuer aus. Ist der aus echtem Gold?" Der junge Mann blieb stehen und wollte danach greifen, als Fíli zurückwich und die Hand wegschlug.
"Finger weg, das ist das einzige, was ich noch von meinem Vater habe."
"Ist er auch tot?"
"Ja. Weshalb auch?"
"Mein Vater wurde etwa zur selben Zeit getötet wie mein Bruder" Nach einem Nicken an den breitschultrigen Mann hinter dem Blonden setzte der Prinz den Weg wieder fort.
"Ihr habt einen Bruder?"
"Hatte"
"Stimmt. Tut mir leid."
"Und wie kommt es, dass Ihr nicht mehr bei Eurer Familie seid? An andere Meister verkauft?"
"Kann man so sagen. Dann befreit. Ich wollte mich übrigens entschuldigen. Für das was ich vorhin gesagt habe... Keine Ahnung, das ist einfach irgendwie meine Art. Meine Frau hat Recht."
"Ich weiss. Aber das reicht nicht" Die Antwort verwirrte ihn ein wenig. Den Rest des Weges gingen sie schweigend, bis sie auf einer grossen Fläche ankamen, auf der mehrere hölzerne Bögen standen. Irgendwie erinnerten diese Vorrichtungen ihn etwas an übergrosse Pfeilbögen. Auch diese Konstruktionen schienen jeweils nur aus einem dickeren Ast zu bestehen, die links und rechts in den Boden gestossen wurden, so dass es eine Wölbung gab. Bald blieb der Dunkelhaarige vor einem zufällig ausgewählten Bogen stehen, worauf Fíli von dem anderen Mann gepackt, nähergeschoben und auf die Knie gezwungen wurde. Der Prinz zog ihm das Hemd aus, ergriff seine Arme und band seine Unterarme und Handgelenke über dem Kopf am Holz fest. "Nehmt das nicht persönlich, das ist ein übliches Verfahren hier."
"Und was soll das werden wenn es fertig ist?" Der Mann trat zurück.
"Es ist bereits fertig. Das ist eine Strafe bei kleineren Vergehen. Der Gefangene wir solange der Sonne ausgesetzt, bis er seine Tat genügend bereut, der Geschädigte der Freilassung zustimmt oder wenn er auf ein Urteil wartet und es schliesslich verlautet wird. Es hört sich nicht besonders schlimm an, aber wartet einmal bis morgen Mittag, wenn die Sonne hoch an den Himmel steigt und gnadenlos auf Euch niederbrennt... Ich wünsche eine schöne Zeit und gutes Wetter. Laut dem Mediziner soll es so bleiben, Glück für uns, Pech für Euch." Mit einem Grinsen warf der Mann Fílis Hemd über dessen Beine und wandte sich zum Gehen. "Beinah hätte ich es vergessen. Nützt die Zeit lieber und denkt nach. Solltet Ihr vielleicht auch tun, ehe ihr etwas sagt" Nachdem er seinen Begleiter ansprach gingen die beiden und liessen Fíli zurück, der erst jetzt realisierte, in was für eine Situation er sich selber gebracht hatte. Als er sich mit einem Blick über die Schulter vergewissert hatte, dass die beiden nicht mehr zu sehen waren, versuchte er die Fesseln zu lösen. Leise begann er über sich und alles möglich, besonders aber den Prinzen zu fluchen.
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Descendants of the Sea
FanfictionJahrelang hat Kaylin einen Verehrer, interessiert ist sie jedoch nicht im Geringsten. Genau genommen kann sie ihn nicht einmal leiden. Ausgerechnet in dieser Zeit passieren Dinge, die ihr Leben für immer verändern werden. Als wäre das nicht genug...