Town Of Truth

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Ich will mich gleich auf das Licht stürzen doch Ruvis hält die Türe zu.
„Ruvis! Bitte!"
Er bückt sich zu mir runter, seine Miene wird ernster und zwischen unseren Nasenspitzen sind keine zwei Zentimeter vorhanden.
„Du musst mir aber noch eines versprechen."
Mit hochgezogener Augenbraue, hebt er seinen Zeigefinger.
Was will er denn? Ganz egal was es ist, ich will an die frische Luft.
„Auch wenn du jetzt weisst wo der Ausgang ist, bleib bitte immer bei mir."
Er starrt mich weiterhin an, als würde er darauf warten dass ich ein Zeichen gebe von wegen ich sei einverstanden.
Wie er das gesagt hat. Als wäre ich ihm so wichtig. Klar, ist er mein Verantwortlicher. Doch so etwas habe ich echt nicht erwartet.
„Ich verspreche es." antworte ich schlussendlich mit einem breiten Grinsen. Sein Gesicht leuchtet auf.
„Wirklich?" , „Ja."
Es macht mich glücklich ihn so strahlen zu sehen. Da macht Ruvis die Türe auf und ich sehe wie schön es ist auf der Welt zu leben.
Er haltet mich immernoch an der Hand und hat ständig ein Lächeln aufgesetzt.
„Ich freu mich so, mich mit dir blicken zu lassen!" sagt er und drückt noch fester.

Nach eineinhalb Stunden Laufen, gehen wir in ein Restaurant.
Wir sitzen in einer Ecke. Ein Zweiertisch mit unglaublich bequemen Stühlen und einem schönen kleinen Holztisch zwischen uns.
Die Beleuchtung ist nicht zu hell aber auch nicht zu dunkel. Gerade angenehm und romantisch mit einem warmen, komfortablen Licht.
Nachdem Ruvis für ihn und mich bestellt hat, fragt er mich: „Und? Wie gefiel es dir bis jetzt?"
„Sehr gut! Ich bin froh hast du mich mitgenommen. Die frische Lift habe ich dringend gebraucht." Ich weiss selber nicht ob ich das jetzt gelogen habe oder nicht.
Wieder malt sich auf seinem Gesicht ein Lächeln.
„Es tut mir unglaublich Leid, wie du von Tatsuno behandelt wirst. Es tut auch mir weh."
Dass in dieser Irrenanstalt eine solch warmherzige Person angestellt ist, kann ich fast nicht glauben. Rivus ist irgendwie wirklich wie mein grosser Bruder Yamato.
Wie auch immer. Diesen freien Tag soll ich geniessen. Es könnte auch mein letzter Tag in der freien Natur sein.

Das Essen war köstlich. Schon seit einer halben Ewigkeit konnte ich so etwas Gutes nicht geniessen. Als wir durch alle Gänge gegessen haben und wir pumpenvoll sind, wollte Rivus noch ein wenig in der Wärme bleiben. Draussen war es nämlich kalt.
„Ich weiss eigentlich immernoch nicht wieso Tatsuno all das macht. Also ich meine dieses Frauen-Fotografieren-Zeugs."
Geht mir gleich.
„Aber ich hab mal gehört dass er früher gerne mit Puppen gespielt hat und auch gerne ins Puppentheater gegangen ist. Mit Marionetten und so. Doch seine Mutter hasste ihn dafür und schlug ihn. Ständig..."
Eine Stille ist zwischen uns.
„ Seine Mutter schämte sich für ihn und konnte sich draussen kaum mit ihm blicken lassen. Darum könnte es sein, dass Tatsuno Frauen hasst. Auch seine Kameradinnen im Kindergarten neckten ihn ständig. Frag mich nicht. Ich bin nicht der Experte in der Biografie von Tatsuno."
Er setzt sich ein wenig gerader hin.
„Achso..."
Das war das Einzige das ich rausgebracht hab.
„Sorry wenn ich dich mit diesen Informationen überrumple aber ich habe geglaubt dass du das brauchen könntest um ihn ein wenig besser kennenzulernen."
Ich nicke schwach. Das alles hätte ich nicht erwartet dass Tatsuno eine so düstere Vergangenheit hatte. Aber im Vergleich zu Stanley ist das nichts. Eine Person die gemobbt wird weil sie anders als andere, ist doch normal. Oder nicht?
„Von mir aus können wir weiter gehen. Oder willst du noch etwas essen?"
Rivus riss mich aus meinen Gedanken.
„Oh, äh nein. Ich bin satt danke."
Da kommt die Kellnerin und gibt mir die Quittung.
„Ich zahle." sagt Rivus mit einem Lächeln und die Frau nimmt den Zettel aus meiner Hand und überreicht es ihm.
„Das wäre dann...210 Euro"

Mit einem netten Lächeln zahlt Rivus und als sie wieder gegangen war, zieht er seine Jacke an.
Die war schwarz mit weissen Knöpfen.
Wir gehen aus dem Restaurant.
Die Läden die es hier in der Gegend gibt, sind einzigartig. Nicht wie jeder andere Kleiderladen, nein, diese hatten verrückte Klamotten. Darunter auch Gothic und sonstiges. Die Kirchen und Kathedralen waren wie vom Himmel gemacht. Innen geschmückt mit Gold und Silber und prächtigen Lampen die von der hohen Decke hängen! Alles Barockmässig!
Aber am Besten waren die Süssigkeitenläden.
Der Anblick war atemberaubend.
Ich war noch nie in so grossen, prächtigen Süssigkeitenläden. Nur in einem Kiosk aber das war mager.
Ausserdem liebe ich Süssigkeiten.
Ich konnte ein paar auslesen, so auch Rivus und er kaufte mir alle Süssigkeiten die ich mag.
Aber er liess nie meine Hand los.

Es ist schon Acht Uhr Abends. Auf einer Bank am See lachten wir und erzählten uns etwas von unserer Kindheit und Sonstiges.
Der Sonnenuntergang, von rot verlaufend zu gelb, war das Schönste das ich seit langer Zeit gesehen habe.
Ich kann mich noch erinnern als mein Bruder mich an einen See gebracht hat und mir gesagt hat: „ Sobald du den Sonnenuntergang siehst. Denk an mich und unsere Eltern. So sehr wie du den Sonnenuntergang liebst, lieben wir auch dich."
Mir kommen fast die Tränen wenn ich so dran denke. Er macht sich sicher extrem grosse Sorgen. Ich habe noch nie die Gelegenheit gehabt ihn anzurufen. Ich will seine Stimme wieder hören. Wie sie den Lärm des Alltags dämpft und meine Ohren heilt.
Eine Träne kullert meine Wange runter.
„Dolorea? Was ist los?" fragt Ruvis mit einem besorgten Gesichtsausdruck.
Er drückt mich an sich. Schweigend lege ich meinen Kopf auf seine Schulter. „Ich vermisse ihn so sehr."
Als könnte Rivus schon ahnen wer es ist, streicht er mir über die Haare.
„Das wird schon."
Auf seiner Schulter schlafe ich ein...

Dollphotographer Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt