Durch all die Zeiten hatte ich gedacht dass Tatsuno wohl der einzige Normale hier ist. Doch so ist es anscheinend nicht. Wieso sieht er nur so glücklich aus? So sorgenlos und nicht grimmig? Mit... Tequila in der Hand. Hat man ihm etwas eingespritzt? Völlig überrascht von diesem Anblick merke ich nicht wie Tatsuno mich ebenso anstarrt. Mollschalch wirkt eben so verwirrt wie ich. „Tatsuno?" Das ist das Einzige das ich rausbringe.
Er stellt seinen Tequila auf einen Felsen und schwimmt rüber zu uns.
„Dolorea! Wie ich dich vermisst habe!" jubelt er schon halb. Das ist nie und nimmer Tatsuno...
„Komm näher! Ich muss dir etwas geben!" sagt er und klebt schon fast an der Scheibe.
Mit fünf Schritten stehe ich schon vor ihm und lege meine Hand auf die Glaswand.
Er schaut mich an. Schweigend, beruhigt und ... wie kann ich sagen... verliebt.
„Komm näher..." sagt er mit einer ruhigen Stimme. Als ich meine Stirn auf die Glaswand legte, gibt er mir einen Kuss. Naja, er gibt der Scheibe einen Kuss.
Wenigstens kann er sich an seine Geliebte erinnern.
Was ist denn bloss mit ihm passiert? Wer hat das ihm angetan?
Langsam kommen mir die Tränen und ich nehme meine normale Form an. War es das jetzt mit uns allen?
„Tatsuno..." flüstere ich mit zittriger Stimme und schaue auf den Boden. Das ist er nicht. Das kann nicht Tatsuno sein.
Auf einmal öffnet sich die Tür in Tatsuno's Zelle. Eine Frau kommt zum Vorschein. Jung, schlank, High-Heels, knappes Kleid, viel Make-up und graues gepflegtes Haar. Als Tatsuno sich umdreht, merke ich gleich dass seine Augen vor Freude grösser werden. Bin ich also nicht mehr die Eine für Ihn?
„Nadaira!" jubelt er und schwimmt gleich zu ihr, an den Beckenrand.
Er legt eine Hand auf Nadaira's Schulter und schaut hinüber zu mir. „Dolorea, das ist Nadaira. Wir werden morgen heiraten!"Diese Worte lassen mich kalt.
Das hat er mit solcher Leichtigkeit gesagt. Hat er denn gar keine Ahnung wie sehr dies mich verletzt?
Ich stolpere ein paar Schritte zurück. Mollschalch bleibt versteinert stehen.
All das, was wir durchgemacht haben. Die Gefahren, diese Schmerzen, diese hirngestörten Fotos. All das ist ihm egal?
Kann er sich wirklich nicht an mich erinnern?
An gar nichts? Der Kuss hat wohl nichts bedeutet?
Mir fällt eine heisse Träne über meine Wange, auf den Boden.
Als Mollschalch das sieht wurde er wütend.
So wütend, sodass man ihn gar nicht mehr erkennt. Er rennt auf das Glas zu und schlägt mit voller Wucht rein.
„Was ist denn los, Bruder?" fragt Tatsuno gelassen.
Kann er glücklich sein, ist das Glas nicht in tausend Scherben zersplittert.
„Nenn mich nicht so, du Lüstling!" brüllt Mollschalch und setzt noch einen Schlag dazu.
Nadaira nimmt alles gelassen, sowie ihr neuer Verehrer und fährt mit einer Hand verführerisch durch sein schwarzes, schönes Haar. „Du gehörst in die Hölle." faucht Mollschalch und macht ein paar Schritte zurück während er seinen stechenden Blick auf Tatsuno hält. Tatsuno sieht ihn gelangweilt an, als würde es ihn nicht mehr kümmern denn er hat ja ein „neues Leben" angefangen. Mollschalch nimmt meine Hand und sagt: „Komm, die Verstärkung wird schon bald da sein."„Verstärkung?"
Wenn man vom Teufel spricht.
Von hinten ist auf einmal ein lauter Knall zu hören und darauf die Stimme der Männer wie sie Befehle erteilen.
Mollschalch zieht mich an der Hand und schwingt sich den selben Weg rauf, von der wir gekommen sind.
Da die Soldaten das natürlich nicht können, nehmen Sie die metallene Treppe. Mein Herz rast, so auch Mollschalchs. Auf einmal macht er einen grossen Sprung und hängt sich an den einen Haken welches neben einem Dachfenster befestigt ist. „Kletter dort hoch!" befiehlt er mir und gibt mir einen kleinen Stoss. So wie er es mir gesagt hat, klettere ich mich an seinem Leibe hoch und bin in kurzer Zeit schon auf dem Dach des ganzen Gebäudes. Schnell strecke ich meine Hand durch die Luke und ziehe Mollschalch hoch. Tausend Schüsse kommen durch das offene Fenster aber keines ist fähig einen von uns zu treffen.
Wo ist Makoto?
Wo ist Stanley?
Habe ich alles vergessen?
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Dollphotographer
Misterio / SuspensoDolorea, 17, jung und ahnungslos. Yamato, ihr grosser Bruder, ist der Einzige aus der Familie, nachdem ihre Eltern auf der Reise nach Venedig wegen eines Flugzeugabsturzes umkamen. Als sie in ihrer neuen Schule sich einigermassen zurechtfand, war da...