Mollschalch taumelt.
„Felix!!!" ruft eine helle Stimme aus einer anderen Richtung. Ich schaue über die Schulter des breiten Häftlings.
Ein ziemlich gut gebauter Jüngling rennt in unsere Richtung und schubst den Breitling aus dem Weg.
„He, was soll das?!" ruft er aus, während der Junge uns als Stütze hinstellt. Doch der Junge sagt nichts und läuft links an ihm vorbei. „Wer war das?" fragt Mollschalch in einer geschwächten Stimme. „Ruben. Kennst du ihn nicht mehr? Da hat er dir aber richtig eine verpasst."
Ruben. Den Namen werde ich nicht so schnell vergessen. Wenn ich mir Tatsuno geholt habe, werde ich ihn schon noch umlegen. Muss auch nicht eine lange Sache sein. Kurz vorbeischauen.
Der Junge setzt uns auf eine sehr lange grau-blaue Bank, auch in der Halle, und setzt sich vor uns hin.
Ich schaue hoch zu Mollschalch der immernoch ziemlich weg ist vom Schlag. Ich sitze sozusagen auf seiner Schoss und seine langen pergament weissen Arme sind um meinen Bauch geschlungen. Wie mein Bruder es tun würde...
„Felix? Ist alles ok?" fragt der Kollege uns. Mollschalch's Blick schiesst nach oben. „Ja, alles perfekt!" antwortet er und erzwingt sich ein Lächeln auf dem Gesicht. Ich erkenne eine leichte Rötung auf seinem linken Wangenknochen, was mir eine noch grösser Wut heranwachsen lässt.
„Wie ist dein Name nochmal? Der ist mir wohl wegen dem Schlag verhängt."
Der Junge zögert und starrt uns überlegend an. „Felix... Ich weiss du wolltest schon immer meinen Namen wissen. Nenn mich nach wie vor Typhoon."
Typhoon's Lächeln vergeht und wird zu einer ernsten Miene.
„Ok. Typhoon."
Eine verdächtige Stille liegt zwischen Felix und ihm. Was die beiden wohl denken? Sie schauen sich gegenseitig ziemlich skeptisch an. Plötzlich hört man aus der lauten Menschenmenge ein klirrendes Geschirr. „Was denkst du eigentlich wer du bist, Arschloch!" „Recht verdient!"
Auf dieses Geschreie steckt es auch die anderen an. „Was ist denn dein Problem?! Er hat nichts getan!" „Ich habe Hunger und dieser Scheisser wirft mein Essen rum!" „Bei falschen Eltern, falsch erzogen!"
Und so weiter.
Irgendwann ist es auch bei Typhoon angekommen und er versucht diejenigen in seiner Nähe zu beruhigen. Doch der eine, etwa im gleichen Alter wie Felix, schlägt ihm mit dem Ellenbogen auf die Nase.
Kurz darauf blutet er in Strömen.
Wir stehen ruckartig auf und versuchen ihn wieder aufzuwecken doch es scheint als sei er bewusstlos. Toll.
...Toll! Da die Wächter mit dieser Situation beschäftigt sind, können wir uns sorgenlos auf die Suche nach Tatsuno machen!
Ich erzähle es gleich Mollschalch, der dann seine Beine in Richtung Spiralentreppe bewegt. „Müssen wir wieder rauf?" frage ich ihn während wir rennen. „Yepp, und dann links durch diese gelb-schwarz gestreifte Tür."
Mit einer Affengeschwindigkeit schwingt er sich die Treppe hoch.
Ja, er schwingt. Wie ein Affe...
Ich hätte nie gedacht dass er so flink sei! Oben angekommen, kommt uns gleich ein Wächter entgegen, mit einer Pistole auf uns gerichtet. „Bleib stehen!" befiehlt er uns, in der Hoffnung Mollschalch's Füsse würden halten. Als wir ihm noch etwa 5 Meter
entfernt sind, fängt er an zu schiessen. Doch jeder Schuss geht daneben.
Auf einmal geht Mollschalch in die Tiefe und rutscht unter den Beinen des Wächters durch. Verdammt. Der Junge ist im Topform, auch wenn der Körper geleiht worden ist. Er rennt weiter, die Tür ist nicht mehr weit entfernt. Vielleicht um die 20 Meter. Der Wächter jedoch, hört nicht auf, auf uns, beziehungsweise Felix zu schiessen.
Noch einige Meter.
12...
9...
6...
4...
2...Aufprall...
Nicht auf die Türe, sondern auf den Boden. Ein kurzes Aufstöhnen von Mollschalch folgt, doch er steht gleich wieder auf und drückt die Türklinke runter. Weitere Schüsse sind auf die metallene Tür zu hören, bis diese langsam verstummen, da Mollschalch die Tür geschlossen hat.
„Es tut mir leid Felix aber du nützt mir nichts mehr." sagt Mollschalch und ich spüre einen kalten Wind der hinter meinem Rücken vorbeistreift. Wir sind wieder einzelne Personen.
Ich schaue auf den bewusstlosen Gefangenen, der sich auf dem Boden kein bisschen rührt. Ist er tot?
„Keine Sorge, er lebt noch aber... Wieso hat es hier keine Wächter?"
Ich drehe mich um und beäuge den ganzen Block C.
„Hier ist es totenstill und ... leer.", stelle ich fest und lehne mich an das Geländer um auf die tiefere Ebene zu schauen.
„Wie kommt man hier runter?", „Ich weiss wie." sagt Mollschalch, packt mich mit einem Arm um meine Taille und schwingt sich mit einem Arm den Weg runter. Seit ich es so realisiert habe, dass Mollschalch eine art Affe ist, bemerke ich nun auch seine überaus grossen Hände und langen Finger.
Mit einer federnen Landung, erreichten wir die nächst tiefere Ebene.
Alles leer, soweit ich sehen kann.
Doch dann schaue ich rauf zu Mollschalch, der türkis angeleuchtet ist und in eine andere Richtung schaut. Ich folge seinem Blick und sehe etwas, das mich stark verwirrt.
Eine dicke Glasscheibe mit Wasser drin und ein wenig Land. Wie ein Pinguingehege in einem Zoo.
Nur hat es keine Pinguine drin. Sondern Tatsuno. Nackt. Nein, warte.
Sein Unterkörper besteht nicht aus Beinen. Sondern einer grün-schimmernden grossen Flosse. Sowas wie eine Meerjungfrau. In diesem Fall wohl ein Meerjungmann.
Ist das Tatsuno?
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Dollphotographer
Mystery / ThrillerDolorea, 17, jung und ahnungslos. Yamato, ihr grosser Bruder, ist der Einzige aus der Familie, nachdem ihre Eltern auf der Reise nach Venedig wegen eines Flugzeugabsturzes umkamen. Als sie in ihrer neuen Schule sich einigermassen zurechtfand, war da...