Langsam, mit schmerzendem Kopf, wache ich vom vielen Klimpern auf. Meine Augen nehmen schwach wahr, dass da etwas weisses in meinem Zimmer lauert und das Schmuckkästchen durchsucht.
„Oh, du bist ja schon wach!" sagt diese Menschenähnliche Kreatur.
Es läuft auf mich zu und streicht mir dann über die Haare. Es musste sich zu mir runterknien da ich auf dem Boden geschlafen habe. Ich weiss noch ganz genau was gestern passiert ist. Das könnte ich Rivus niemals verzeihen.
Die Berührung der Kreatur gibt mir so ein sicheres Gefühl und beruhigt mich auf so vielen Ebenen.
„Du siehst ja schlimm aus! Komm wir gehen zum Badezimmer."
Es hebt mich auf und hievt mich auf seine breite gutgebaute Schulter. Doch irgendwas drückt sich gegen meinen Rücken. Ich schaue zurück zu der Stelle und sehe dass das ein riesiges, schlankes, weiss-rotes Horn das aus seinem Kopf ragt und wie das Horn eines Widders geformt ist, das sich an meinen Rücken drückt. Und wenn ich so überlege, kann ich mich noch ganz gut erinnern wie ich diesen, jetzt zu Mann gewordenen, Jungen schon einmal getroffen habe. Im Garten meines Vaters. Er kam auf mich zu und sagte mir dass er eine Orchidee sucht und die ist in unserem Garten angepflanzt gewesen.
Ich gab ihm diese und wir freundeten uns irgendwie an. Und Jahre später kam er wieder zu uns, da war ich noch 7 Jahre alt, und bettelte uns mit weinendem Gesicht und niedergeschlagender Stimmung kniend um eine Unterkunft bei uns.
Er habe seine Familie nicht mehr und darum dieses ganze Drama damals.
Mein Vater, der immer so gutmütig zu den Jüngeren war, liess ihn dann zu uns ziehen und das für 6 Jahre.
Nach 6 Jahren, verschwand er. Niemand wusste wohin und auch wusste niemand wieso. Von dem einen Tag zum anderen war er einfach weg.
Spurlos verschwunden.
Was macht er jetzt? Nun kommt er, als wäre nichts gewesen.
„Wie heisst du?" frage ich ihn.
Er seufzt und macht die Badezimmertür auf, die eigentlich nur die Angestellten benutzen dürften. „Jetzt hast du mich aber wirklich enttäuscht, Dolorea."
Der Mann mit den Widder-ähnlichen Hörner setzt mich ins Bad und schaut mich an.
„Badest du mit Kleider?"Verwirrt schüttle ich den Kopf worauf er schon nach meinem Rock greift. Schnell halte ich sein Handgelenk fest. "Was machst du da?" rufe ich aus. Er kichert und nimmt seine Hand wieder zurück. "Dich ausziehen damit du baden kannst!"
Der hat doch nicht alle Tassen im Schrank! Auch wenn er schon lange mit mir befreundet ist, finde ich das nicht korrekt.
„Das kann ich auch selbst!" rufe ich halb und reisse meinen Rock aus seinen Händen.
Er steht mit einem Lächeln auf und wuschelt meine Haare durch. „Wie gross und erwachsen du nur geworden bist! Hätte ich nie gedacht!"
Der Mann dreht seinen Rücken gegen mich und wartet anscheinend auf etwas.
„Zieh dich aus. Ich werde dich nicht stören." gibt er zur Information und verschränkt seine Arme.
Langsam ziehe ich mich aus aber halte meinen Blick immer auf ihn. Wehe dieser schneeweisse Mann dreht sich um und hätte meinen entblössten Körper zu sehen.
Ich steige ins Bad mit dem Rücken gegen ihn.
„Ist jetzt gut?" fragt er nach zur Sicherheit und ich rufe: „Ja."
Schon spüre ich zwei warme aber zugleich auch irgendwie kalte Hände auf meinen Schultern. Er dreht den Wasserhahn auf und lässt lauwarmes Wasser ein.
„Wie heisst du jetzt eigentlich schon wieder?"
Er seufzt und legt seinen Kopf auf meine Schulter. „Kommt es dir wirklich nicht mehr in den Sinn oder tust du nur so?"
Hoffentlich schaut er jetzt nicht irgendwo unangebrachtes hin. Mit einem prüfendem Blick schaue ich auf meine rechte Seite. Wie es sein sollte, schaut er geradeaus auf die Wand. Manieren hat er. Erleichtert drehe ich mich wieder nach vorne.
„Nein... Mir fällt es nicht mehr ein."
„Es fängt mit M an."
Er schaut mir ins Gesicht und zieht dabei mit zwei Fingern leicht an meiner linken Wange.
„Hör auf!" befehle ich und blicke ihm ernst ins Gesicht.
Der weiss-rote Mann mit Hörnern aber, lacht und legt seine Hand wieder auf meine Schulter. Wie ich es ihm
befohlen habe. Mit M...
Makoto kann es nicht sein. Aber Makoto kann sich ja ebenso verwandeln! Ist das vielleicht seine zweite Version? „Makoto?" sage ich ganz vorsichtig.
Erschrocken schaut er mich an und dreht den Hahnen zu. „Wer ist denn das?" fragt er völlig verwirrt. Ok dann ist es nicht Makoto...
Wer fängt denn noch mit dem Buchstaben M an?
Er summt ein Lied. Was... Wieso?
Als er aufhört schaut er mich erwartungsvoll an. „Weisst du es jetzt?" fragt er.
Ich schüttle den Kopf. Ein Lied und der Buchstabe M...
Melody? Nein, das ist ein Mädchenname.
Wieder fängt er an zu summen. Diesmal aber eine traurige Melodie. Eine schwere und belastende.
Wieder hört er auf und fragt mich erneut: „Weisst du es jetzt?"
Das Lied war in Moll. Das wusste ich. Nach dem klang es auch. Aber ich wollte keine peinliche Antwort geben also schüttle ich den Kopf. Er seufzt völlig enttäuscht und legt seinen sein Gesicht in meinen Hals.
„Mollsc..." murmelt er. Den Rest konnte ich nicht verstehen.
„Ich komme nicht ganz mit... Was hast du gesagt?" frage ich ihn. Er hebt seinen Kopf ein wenig und wiederholt: „Mollschalch."Mollschalch.
Aber ja!
Mollschalch!!!
„Der Junge, der jetzt bei mir ist, heisst Mollschalch?"
Sein Gesicht leuchtet auf. „Der Orchideen-Junge!" ruft er freudig und fängt an meinen Rücken zu waschen.
„Du musst mir noch erzählen weshalb du hier bist."
Ihm das zu erzählen macht ihn bestimmt traurig. Soll ich es wagen? Und überhaupt... Wieso ist er hier?
„Was hat dich denn hierher geführt?" frage ich ihn und schaue zu ihm nach hinten. Er aber ignoriert meinen Blick und wäscht weiter.
„Nichts. Mein Herz braucht keinen Kompass."
Er fängt an meine Haare zu waschen.
„Weisst du, wenn eine Person verliebt ist oder starke Liebe für jemanden empfindet den er sehr mag, findet man den Weg auch ohne auf eine Karte zu schauen." gab er weise von sich und lächelt mich an.
Diese Worte werden mir wohl lange in Erinnerung bleiben...„Aber... Mollschalch..."
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Dollphotographer
Mystery / ThrillerDolorea, 17, jung und ahnungslos. Yamato, ihr grosser Bruder, ist der Einzige aus der Familie, nachdem ihre Eltern auf der Reise nach Venedig wegen eines Flugzeugabsturzes umkamen. Als sie in ihrer neuen Schule sich einigermassen zurechtfand, war da...