fünf. [shawn]

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s h a w n 

»Pretty brown eyes and a mind full of thoughts.«

- Unbekannt

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Nachdenklich blickte ich auf das Klavier vor mir. Es waren jetzt schon über einundhalb Wochen vergangen, seitdem ich sie getroffen habe und sie blieb immernoch wie vom Erdboden verschluckt. Manchmal fragte ich mich ob ich vielleicht nur halluziniert hatte, aber immer wenn ich darüber nachdachte hatte ich das Ereignis klar vor  Augen.

 Denn eigentlich vermeidete ich es schon länger, alleine irgendwo in die Öffentlichkeit zu gehen. Zu groß war die Angst erkannt zu werden, denn so sehr ich alle meine Fans mochte, manchmal wünschte ich mir einfach mehr Privatsphäre. Das sollte nicht heißen das mich niemand um ein Autogramm oder Foto fragen dürfte, aber ich glaube niemand würde gerne in die Situation kommen von über einen Dutzend kreischender Mädchen umzingelt zu sein. 

Aber nachdem ich über so einen langer Zeit mal wieder in meiner Heimatstadt bei meiner Familie war, kam mir der Gedanke nochmal zu all den Orten zu gehen, die ich oft schon jahrelang nicht gesehen hatte. Angefangen bei meiner alten Grundschule bis zuletzt jenen Musikgeschäft, wo ich meine erste Gitarre gekauft hatte. Meistens konnte ich an keinem Ort lange bleiben, aus Angst erkannt zu werden. Anscheinend reichen Sonnenbrillen und schwarze Kapuzenpullover nicht immer um neugierigen Blick zu entgehen. Oder sie hatten sich einfach gefragt, warum ein Typ im tiefsten Winter mit Sonnenbrille rumläuft.

 Jedenfalls war ich schließlich froh,  als ich den letzten Punkt meiner mentalen Liste ereichte, denn der Laden war anscheinend so gut wie leer war. Bis auf den grummeligen Verkäufer, bei dem ich das Gefühl hatte, er war immernoch der Selbe und nicht gealtert. 

Erst auf den zweiten Blick fiel mir ein Mädchen bei den CD-Regalen auf, das den Rücken zu mir gedreht hatte. Sie hatte bereits mehrere  Alben in der Hand und ihre Musikgeschmack sah ziemlich...extravagant aus. Eigentlich sah es mehr so aus als hätte sie sich irgendwelche willkürlichen Alben aus den Regalen rausgefischt. Und die Eminem EP die sie anscheinend auch noch kaufen wollte, machte es nicht gerade besser. Eigentlich wollte ich nicht noch mehr auffallen als sowieso schon, aber ich konnte mir den Kommentar nicht verkneifen.

»Du siehst nicht so aus wie jemand, der Eminem hört«, sprach ich sie ohne lange nachzudenken an. Sie zuckte sichtlich zusammen und drehte sich dann langsam zu mir um. Ich konnte es mir noch gerade zu verkneifen ein leises Wow auszustoßen. Sie war zwar nicht das was man als die „klassische" Schönheit bezeichnen würde. Sie hatte weder blonde lange Haare, noch babyblaue Augen oder extrem viele Kurven. Dennoch war sie auf ihre Art und Weise einfach wunderschön. Sie hatte etwas Einzigartiges mit den braunen lockigen Haaren, die ihr vielleicht gerade so zur Schulter gingen und zwei Strähnen die ihr leicht herzförmiges Gesicht einrammten. Ihre Wangen hatten einen leichten rosa Ton und ihre Nase war übersät mit Sommersprossen. Aber was mich wirklich hypnotisierte waren ihre Augen, die zwar von einer großen Brille verdeckt waren und irgendwo zwischen grün und einem dunklen Blauton hingen. Ich hatte noch nie jemanden mit solchen Augen gesehen. Sie brachte mich aber ziemlich schnell wieder in die Wirklichkeit zurück. »Natürlich. Wie konnte ich das vergessen. Große verwegene Jungen mit Sonnenbrillen haben nur das Recht dazu. Tut mir leid«, antwortete sie sarkastisch und drehte sich wieder um. Eigentlich hatte ich noch nie an Liebe auf den ersten Blick geglaubt, aber selbst ihre Stimme klang einfach nur schön. Dennoch ging der Punkt zwar an sie, aber ich würde nicht so leicht aufgeben. Also lachte ich und versuchte danach das Gespräch aufrecht zu erhalten. Es war mehr als erfrischend von jemanden angesprochen zu werden als wäre man irgendwer völlig Normales. »Versteh mich nicht falsch, aber es ist merkwürdig jemanden mit einem Honeymoon Album von Lana Del Rey zusehen und gleichzeitig mit einer uralten Eminem LP von 2013«, versuchte ich wieder ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. Und tatsächlich drehte sie sich wieder um. »Ich höre eben was mir gefällt«, meinte sie trotzig. »Du musst wissen das ich schon lange daran festhalte das es für jede Gefühlslage den richtigen Song gibt.«, schob sie hinterher. Diese Aussage machte sie plötzlich noch viel interessanter. Aber mir fiel noch etwas Anderes auf. »Du kommst ganz sicher nicht aus Toronto. Dein Akzent verrät dich. Aber keine Sorge, er ist echt niedlich. Australien?«, lenkte ich flirtend vom Thema ab. Allerdings schien das sie nur wenig zu interessieren, denn sie schnaubte. »Und ich glaube du kommst aus dem Land wo man wildfremde Leute in einem Musikladen anspricht. Und im Winter die dicksten Sonnenbrillen an hat. Aber du warst leider etwas daneben, Neusseeland.« Ich musste zwanghaft ein Lachen unterdrücken. In Sachen Sarkasmus musste sie wirklich nicht mehr üben. »Und was macht ein Mädchen aus Neuseeland im wie viele hundert Kilometer entfernten Toronto in einem x-beliebigen Musikladen?«, versuchte ich es weiter. »Sag mal, sprichst du eigentlich immer Mädchen mit lockigen braunen Bobs und Nerdbrillen an? Ist das so eine Art Tick?« Es war echt niedlich, wie sie versuchte badass zu wirken und mich dabei eher an ein Küken erinnerte. »Du beantwortest meine Fragen nur mit Gegenfragen. Aber um deine wenigstens zu beantworten: Nur wenn sie hübsch sind wie du, unglaublich blau-grüne Augen haben und eine der wenigen Menschen sind die mit dicker Kamera nicht aussehen wie ein Tourist«,  grinste ich. Tatsächlich fiel mir letzteres auch erst genau in diesem Moment auf. »Hör mal, ich kenne noch nichtmal deinen Namen, ich bin dir keine Antwort schuldig«, wich sie mir weiter aus. Oh Gott, und ich konnte ihr noch nicht mal böse sein. Schließlich wurde sie gerade von irgendeinem fremden Typen in einem Musikladen angeredet. Ihre Frage brachte mich kurz aus der Fassung. »Ich bin Sh- ähm..Ich meine...Peter. Mein Name ist Peter, genau«, stammelte ich und versuchte mich zu retten. Aber sie schien mich sofort zu durchschauen. Warum war ich so ein schlechter Lügner? »Sag mal Peter«, sie zog das Wort absichtlich in die Länge. »Ist es Zufall das du genauso heißt wie der Kassierer dort trüben?« Fast hätte ich ein paar Schimpfwörter vor mich hingemurmelt. Aber sie hatte Recht, als ich das kleine Schild am Hemd beobachtete konnte ich wirklich ein 'Peter. D' erkennen. Merkwürdger Zufall, eigentlich hatte ich den Namen nicht daher genommen. Ich biss mir aus die Lippe. »Tut mir leid, ich muss jetzt wirklich bezahlen«, meinte sie und drängelte sich an mir vorbei zur Kasse. Schnell ging ich ihr nach und ließ sie immernoch nicht in Ruhe. »Du hast mir garnicht deinen Namen gesagt«, sprach ich weiter auf sie ein, während sie bezahlte. »Oder dein Alter. Oder was ein mysteriöses New Zealand Girl wie du hier machst.«Sie schnaubte.  »Zum zehnten Mal: Wieso sollte ich dir so etwas erzählen, wenn ich durch deine bescheurte Sonnenbrille nicht mal weiß wie du aussiehst und du mir selber nicht mal deinen Namen verraten willst.« Ich fuhr mir durch die Haare und suchte nach einer passenden Antwort. »Komm schon.  War nicht komplett gelogen, mein Zweitname ist Peter. Ich konnte ja nicht ahnen, das du hübsch, sarkastisch und dann auch noch intelligent bist.« Der Verkäufer reichte ihr die Tüte. »Ich finde es fast schon merkwürdig, wie du mir hinterherhängst. Schließlich kenne ich dich gar nicht. Oder warte.. Du kommst mir irgendwie bekannt vor.« Ich erstarrte und es dauerte einen Moment bis ich mich fing. »Okay, vielleicht gibt es nur wenige Typen die im Winter mit Sonnenbrille rumrennen«, antwortete ich gespielt gelassen. »Du kannst mich mal. Wieso gebe ich mir überhaupt die Mühe«, murmelte sie und verließ mit eiligen Schritten den kleinen Laden. In diesem Moment wurde mir klar, das ich mich wie ein kompletter Idiot benommen hatte. Was zum Teufel war in mich gefahren? Ich ging noch etwas nach und rief ihr noch hinterher, aber es war zu spät, sie war bereits in den Menge der Menschen verschwunden. 

Leider war das mit der Talkshow etwas nach hinten los gegangen. Hätte ich nur meinen Mund gehalten. Ich konnte wetten,  das sie sich ganz bewusst nicht gemeldet hatte. Oder hatte sie von der ganzen Sache nichts mitbekommen? 

»Shawn, du solltest dir nicht um irgendein fremdes Mädchen soviele Gedanken machen«, riss mich die Stimme meiner Schwester aus den Gedanken. »Wer sagt den das ich über sie nachdenke? Vielleicht bin ich auch einfach nur verzweifelt, weil ich keine weitere Inspiration finde?«, grinste ich. »Ist klar. Bist du dir sicher, dass  sie unter den ganzen Bildern nicht dabei ist? Vielleicht hast du was übersehen...«, fing Aaliyah wieder an, aber ich schüttelte den Kopf. »Es ist egal. Das Ganze war eh eine total bescheuerte Idee. Das einzig Gute der ganzen Sache ist, das sie mich wenigstens zu einem neuen Song inspiert hat. Und jetzt ist mein Kopf so leer wie noch nie.«  Meine Schwester wirkte plötzlich nachdenklich. Manchmal erschien sie mir viel reifer als 13. 

»Vielleicht solltest du mal eine Runde spazieren gehen, den Kopf auffrischen und so. Ich weiß du willst nicht erkannt werden, aber es ist kalt und ein Montagnachmittag, die wenigsten Menschen gehen da freiwillig auf die Straße«, meinte sie schließlich. Ich nickte stumm.

 Was hatte ich schon zu verlieren?

New Zealand Girl [Shawn Mendes Fanfiction]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt