s h a w n
»...and tonight, I'll fall asleep with you in my heart«
- Unbekannt
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»Ich schätze, du kommst voll doch nicht ganz so schnell nach Hause«, brach ich schließlich die Stille, die sich über mehrere Sekunden lang angehalten hatte. Eliza sprang vom Tisch auf und begann unruhig auf und ab zu gehen. »Scheiße, Scheiße, Scheiße«, murmelte sie. Fast hätte ich wieder einen Kommentar wegen ihres Wortschatzes abgegeben, aber sie sprach schon weiter bevor ich den Mund überhaupt öffnen konnte. »Wie lange dauert es bis du mich zurück fahren kannst?« Ich lachte bitter auf. »Denkst du wirklich, die räumen zuerst in irgendeiner kleinen Straße? Du kannst damit rechnen, bis morgen früh nicht hier wegzukommen.« Sie schaute mich an, als hätte ich gerade einen schlechten Witz gemacht. Schließlich zuckte sie zusammen und ließ sich langsam wieder auf dem Stuhl sinken. »Und was jetzt?«, fragte sie ungewohnt leise. Ich zuckte mit den Schultern. »Wenn du nicht gerade auf dem Fußboden schlafen willst, bleibt uns wohl nichts anderes übrig als oben in der Wohnung bei meiner Tante Ana zu schlafen.« Sie atmete langsam aus und schien erleichtert, nicht mit mir die ganze Nacht in einem Restaurant eingeschneit zu sein. »Allerdings gäbe es ein kleines Problem«, fügte ich hinzu und Elizas Gesicht verdunkelte sich wieder schlagartig. »Und das wäre?«, hörte ich sie nicht sonderlich begeistert fragen. »Da meine Tante und mein Onkel keine Kinder haben, ist die Wohnung nicht gerade groß. Es gibt kein Gästezimmer, also schätze ich es bleibt uns nichts anderes übrig als zusammen auf der Couch zu schlafe-« Sie schüttelte den Kopf. »Nie im Leben. Das kannst du dir gleich abschminken. Lieber schlaf ich auf den Boden.« Ich zuckte mit den Schultern. »Wie du willst. Ich bin nicht diejenige, die auf den kalten Fußboden schlafen muss. Aber um Gottes Willen Eliza, wir würden nur nebeneinander schlafen und nicht miteinander.« Diese Äußerung ließ ihren Kopf noch ein wenig roter werden, aber sie nuschelte irgendwas halbwegs zustimmendes vor und stand vom Stuhl auf. Sie folgte mir, wenn auch etwas hinterherhinkend, aus den Essbereich in die Küche, von dort aus durch eine weitere Tür die Treppen hoch in die Wohnung meiner Tante. Als wir die Wohnung betraten, war alles bereits dunkel. »Ich bin mir ziemlich sicher das meine Tante und mein Onkel schon schlafen«, flüsterte ich leise. »Und was jetzt? Willst du deine Tante jetzt wecken oder-«, flüsterte Eliza zynisch zurück und wurde bei jeden Wort lauter. »Psst«, machte ich. »Sie hat sicher nichts dagegen...«, fing ich an, aber plötzlich ging das Licht an und meine Tante kam mit Nachthemd, verstruppelter Frisur und irritieren Gesichtsausdruck aus dem Schlafzimmer.
»Tut mir nochmal leid für die Unannehmlichkeiten. Ich hab meiner Mutter schon per Nachricht Bescheid gegeben, dass ich festsitze und bis morgen nicht nach Hause kommen. Wenn ich mir es aussuchen würde, wäre ich schon längst zu Hause«, entschuldigte Eliza sich bei Ana, währenddessen sie uns die Couch ausklappte und zu einem etwas zu klein geratenen Doppelbett umunktionierte. Sie hatte sogar extra noch ein paar alte Decken und Kissen herausgekramt, obwohl es mittlerweile schon kurz vor zwei Uhr nachts war. »Ach kein Problem, Schätzchen. Besser als wenn ich euch heute morgen ohne etwas zu wissen zu zweit auf der Couch endeckt hätte. Ich hätte gedacht ihr hättet ganz andere Dinge getrieben«, lachte meine Tante und zwinkerte Eliza an, deren Gesicht mittlerweile einer Tomate glich. »Tut mir leid das es nur die Couch gibt und ihr mehr oder weniger gezwungen seid nebeneinander zu schlafen. Aber wie du vielleicht gemerkt hast ist die Wohnung nicht gerade die Größte.« Eliza nickte nur und spielte kurz darauf mit ein paar Haarsträhnen. Ihr war die Situation sichtlich unangenehm. Sie hoffte wohl immernoch darauf, dass die Straßen durch ein Wunder schnell genug frei wurden. Wobei es von Minute zu Minute unwahrscheinlicher wurde, da der Schneesturm gefühlt noch schlimmer wirkte als zuvor. »Ich hab dir auch im Badezimmer eins von meinen Nachthemden hingelegt. Bei deinem Figürchen werden sie dir ein wenig zu groß sein, aber ich denke es ist immernochpraktischer und um einiges bequemer, als das Outfit was du jetzt an hast. Aber keine Sorge, ich habe dir extra was hübsches rausgesucht. Und Shawn, für dich liegt da auch noch ein Schlafanzug, aber so wie du gewachsen bist, kann es sein das er ein wenig klein ist. Handtücher und Zahnbürsten sind auch noch vorhanden, je nachdem was ihr braucht«, erklärte meine Tante. »Ich geh jetzt wieder zurück ins Bett. Wundert euch nicht falls ihr morgen aufwacht und weder ich noch mein Mann hier sind, wir sind wahrscheinlich schon unten im Restaurant. Samstags und Sonntags ist der meiste Betrieb. Da stehen wir schon früh in der Küche.« Ich nickte dankbar. »Nochmal Danke, Ana. Jetzt denke ich schulde ich dir doch noch einen Gefallen.« Sie zwinkerte und lachte, bevor sie zurück durch die Tür in ihr Schlafzimmer ging und die Tür leise hinter sich schloss. Kaum hatte sie das Wohnzimmer verlassen, gab es erneut eine kurze peinliche Stille. »Oh mein Gott, das ist so surreal. Und einfach nur verrückt«, hörte ich sie vor sich hin murmeln. Ich lachte leise. »Vielleicht. Aber Hey, weißt du wie viele Mädchen gerade mit der tauschen wollen würden?« Sie verdrehte die Augen. »Ich bin aber nicht irgendein Fangirl.« Ich grinste. »Stimmt, du bist das sagenhafte New Zealand Girl. Aber jetzt husch, ab ins Bad. Schließlich heißt es immernoch Ladies First.« Ohne noch irgendwas zu erwidern, ging sie zielstrebig zum Bad und schloss die Tür hinter sich. Ich wartete nicht lange bis sie fertig war, denn keine gefühlte zehn Minuten später kam sie aus der Tür heraus. »Und ich dachte das „Ich habe dir extra was hübsches rausgesucht" war nur ein Witz von deiner Tante gewesen. Hätte ich nicht auch einfach was von deinem Onkel bekommen können? Bitte schau einfach nicht hin«, murmelte sie vor sich hin und man hörte in ihrer Stimme das sie sich schämte. Aber es war zu spät und mein Blick war automatisch zu ihr hingewandert. Eliza trug wie gedacht eins von den unzähligen Nachthemden meiner Tante. Es war hellblau mit Trägern und ich glaubte kleine Gänseblümchen darauf erkennen zu können. An sich nicht Verwerfliches, aber es war ihr wohl ein paar Konfektionsgrößen zu groß und so hing es obenrum ein wenig zu tief. So konnte ich mir das Starren nicht verkneifen. Sie bemerkte meinen Blick und wurde lief schon wieder rot im Gesicht an. Ich war mir nicht ganz sicher ob es Scham oder doch ein wenig Wut war. »Habe ich nicht gesagt du sollst nicht hinschauen?«, brummte sie verlegen. »Ich komme mir vor wie jemand in diesen billig produzierten Liebeskomödien«, fügte sie schließlich wenige Sekunde hinzu und brachte mich damit erneut zum Lachen. »Wie du meinst, Pretty Woman. Ich geh jedenfalls jetzt erstmal ins Bad.« Ihr schien dieser Vergleich nicht sonderlich zu passen und ich hätte schwören können, eine schlimmere Beleidigung als Idiot aus ihren Mund gehört zu haben, kurz bevor ich die Tür des Badezimmers hinter mir schloss. Als ich einige Minuten später angezogen mit einen der Schlafanzüge von Onkel Sam zurück ins Wohnzimmer kam, hatte Eliza, statt sich auf die ausgeklappte Couch zu legen, sie mit angezogenen Beinen auf den Sessel daneben. »Ich weiß das ich mich aufführe wie ein kleines Kind, aber ich kann das einfach nicht. Mal abgesehen davon, dass Mum wenn sie mich jetzt mit dir in einen Bett sehen würde, sie wahrscheinlich total ausflippen würde. Vor allem nach der Sache mit Tori«, sagte sie ohne mich anzuschauen. »Nicht nur dir kommt die Situation merkwürdig vor. Schließlich war es alles anderes als geplant gewesen, dass wir die Nacht hier verbringen«, meinte ich und setzte mich auf das provisorische Bett. »Wenn du willst, können wir auch einfach wachbleiben. Wir können ja mit dem Fragenspiel weiter machen«, schlug ich vor und Eliza nickte nur. »Du hast eben etwas von einer Tori erzählt, wer ist das?« Sie atmete kurz laut aus, bevor sie antwortete. »Tori ist Victoria, meine knapp zwei Jahre ältere Schwester. Sie ist so ziemlich alles, was ich nicht bin. Ausgenommen unserer Sturköpfigkeit. Jedenfalls war sie schon immer irgendwi das schwarze Schaf unserer Familie. Sie hat alles klischeehaften Jugendsünden durch: Drogen, wilde Partys, Rauchen und mehr als nur eine Bekanntschaft zu einen Jungen. In Prinzip war ich für alle außerhalb meines Freundeskreises auf der Highschool nur ihre langweilige, kleine Schwester. Es ist eigentlich ein Wunder, dass sie mit Sach und Krach ihren Abschluss geschafft hat. Kurz darauf hat sie es in unserem kleinen Kaff' nicht mehr ausgehalten und hat sich ihren Traum erfüllt und ist nach New York gegangen. Mal hören wir mehr, mal weniger von ihr, aber ich glaube sie ist momentan ganz glücklich in ihrer Situation. Selbst wenn sie in eine überteuerten Einzimmerwohnung lebt und ihre Miete von ihren Nebenjob bei Starbucks bezahlen muss«, lachte sie und die Stimmung lockerte sich wieder ein wenig. Wir stellten uns wieder Fragen ohne Ende, so unwichtig und fragwürdig sie teilweise auch klingen. Irgendwann im Laufe des Gesprächs stand Eliza auch von der Couch auf und setzte sich neben mich aufs Bett. Irgendwann, wer weiß wieviel Zeit später, als wir uns leise kichernd von einer Frage meinerseits erholt hatten und eigentlich Eliza wieder dran war, wurde es plötzlich still und sie wirkte nachdenklich. »Ich weiß das passt nicht so wirklich, aber es gibt eine Frage, die wollte ich eigentlich schon den ganzen Abend stellen.« An der Art und Weise wie sie es sagte, wusste ich das sie es ernst meinte. Ich nickte nur. »Schieß los.« - »Also, wie kann es sein das jemand, der vorgibt noch nie in einer Liebesbeziehung gewesen zu sein, es schafft so viele Liebeslieder zu schreiben?«, fragte sie schließlich zögerlich. Sie traf mit der Frage total ins Schwarze. Und brachte mich damit so zum Straucheln, das ich zuerst nicht antwortete. Schließlich beschloss ich, ihr einfach die Wahrheit zu sagen. »Um ehrlich zu sein, hatte ich eine Beziehung mit einem Mädchen. Ihr Name war Lauren und sie war ein Jahr älter als ich. Ich war 14 oder 15. Kurz bevor es mit Vine richtig bergauf ging, haben wir Schluss gemacht. Nichts Besonderes. Nur die typische erste Liebe. Du weißt ja wie das ist«, erklärte ich schnell und versuchte damit vom Thema schnell wie möglich anzukommen. Eigentlich war diese Version der Geschichte zwar richtig, aber nicht wirklich detailliert. Eliza schien zwar zu bemerken das ich nicht ganz die Wahrheit sagte, aber sie bohrte überraschender Weise nicht nach, sondern überraschte mich mit einer ganz anderen Aussage. »Ehrlich gesagt liegen meine Erfahrungen im Gegensatz zu meiner Schwester gegen null. Ich war noch nie in einer Beziehung. Klar habe ich auch für den ein oder anderen hübschen Jungen geschwärmt, aber viel mehr war da auch nicht. Ich glaube die meisten Typen stehen eher auf diese typischen blonden Cheerleader«, sagte Eliza überraschend offen. Irgendwie konnte ich nicht wirklich glauben das ihr noch nie irgendein Junge hinterhergelaufen war. »Okay, ich bin todmüde. Hättest du ein Problem damit wenn ich unsere Abmachung breche und mich doch schlafen lege?«, sagte sie und gähnte. Versuchte sie gerade auch etwa vom Thema wegzukommen? Aber ich nickte. »Natürlich nicht. Wenn du willst, kann ich versuchen auch im Sessel zu schlafen.« Eliza schüttelte den Kopf. »Nein ist schon okay. Das wäre nicht fair.« Ehe ich mich es versah, krabbelte sie unter die Decke. Anscheinend schien sie entweder ein sanfteres Gemüt zu haben wenn sie müde war oder sie schien wirklich anzufangen mich zu mögen. Nachdem ich aufgestanden war um das Licht auszuschalten, krabbelte ich vorsichtig neben sie. Wir beide hielten soviel Abstand voneinander wie möglich. So wünschten wir uns noch gegenseitig eine gute Nacht, bevor wir uns auf verschiedene Seiten drehten. »Weißt du Eliza, selbst wenn du nicht mit mir aufs Date gegangen wärst, hätte ich dich nicht auffliegen lassen. Nur damit du es weißt«, sagte ich mehr leise zu mir selbst als zu ihr. Von ihrer Seite kam keine Antwort und ich schätze das sie bereits eingeschlafen war. Kurze Zeit später schloss ich auch die Augen und versank in einen traumlosen Schlaf.
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New Zealand Girl [Shawn Mendes Fanfiction]
Fanfiction»Manchmal ist es merkwürdig, wie scheinbar kleine Begegnungen dein Leben komplett verändern können. Vor allem wenn du eigentlich nicht die Art von Mädchen bist, die Popstars in Musikläden kennenlernen.« Eliza fällt aus allen Wolken, als ihre Mutter...